Leitartikel
Bei aller Empörung über die Abgas-Tricks: Der Verbrennungsmotor wird weiter gebraucht. Verantwortliche Politik muss das Ganze im Auge behalten
die zentrale Bedeutung dieser Schlüsselindustrie im Auge zu behalten. 800000 Arbeitsplätze und viele mittelständische Zulieferbetriebe hängen daran; Autos „made in Germany“sind global begehrte Exportschlager. Ein Niedergang dieser Branche, die maßgeblich zum ökonomischen Aufstieg Deutschlands beigetragen hat, würde zu eminenten wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen führen.
Das bedeutet keinen Freifahrtschein für Manipulationen, auch wenn es ausländische Mitbewerber und deren Staaten mit Abgasgrenzwerten nicht so genau nehmen sollten wie die korrekten Deutschen – in Madrid oder Mailand stehen die Messstationen angeblich weit genug entfernt, um „passende“Ergebnisse zu erzielen. Aber es ist schon seltsam, mit welchem Eifer in Deutschland der sparsame, eben noch als unverzichtbares Instrument gegen den Klimawandel gepriesene Diesel schlecht- und totgeredet wird. Es ist, als ob es vielen – darunter der Bundesumweltministerin Hendricks – gar nicht schnell genug gehen könnte mit Fahrverboten in Innenstädten und dem Ausrangieren von Dieselfahrzeugen, deren Wert bereits rapide sinkt. Die von Toyota gesponserte „Deutsche Umwelthilfe“, ein aufs Abmahnen spezialisierter kleiner Verein, gibt bei diesem Feldzug den Takt vor, während Experten von MaxPlanck-Instituten mit ihren Einwänden und Vorschlägen kaum noch Gehör finden. Der StickoxidAusstoß, der am Arbeitsplatz komischerweise um ein Vielfaches höher ausfallen darf als im Verkehr, wird plötzlich zum alles andere, auch den Klimawandel überragenden Umweltproblem. Dass die Grünen diese Steilvorlage im Wahlkampf nutzen und ein Verbot der Produktion von Verbrennungsmotoren bereits für 2030 fordern, ist verständlich. Dass die Kanzlerin auf diesen Zug vorübergehend aufsprang und von einem „grundsätzlich richtigen Ansatz“sprach, lässt die Gefahr einer weiteren überhasteten Entscheidung im Stil der „Energiewende“erahnen.
Der Abgas-Skandal spielt den Propheten eines elektrogetriebenen, die individuelle Mobilität drastisch einschränkenden Verkehrs in die Karten. Und der „abgasfreie Verkehr“ist ja eine schöne Vision – trotz der vielen ungelösten Probleme, trotz des hierfür nötigen gewaltigen Energie- und Strombedarfs. Verantwortliche Politik jedoch wägt sorgfältig ab, ehe sie den auf viele Jahre hinaus noch notwendigen Verbrennungsmotor zum Abschuss freigibt. Sie vertraut auf die Kreativität der Ingenieure, stellt auch mal Grenzwerte im Lichte gelungener Emissionsreduzierung (Feinstaub!) in Frage und setzt auf einen Mix von Antriebsarten, solange keine davon den ökologischen und wirtschaftlichen Königsweg garantiert. Sie spielt nicht mit der Zukunft. Und sie hat, so wichtig die Minimierung von Zivilisationsrisiken (Schadstoffe gehören dazu) ist, auch die Sicherung des Automobilstandorts Deutschland im Blick. Zu „Das Geschachere um Air Berlin“(Wirtschaft) vom 31. August: Ich finde es äußerst bedenklich, mit welcher Vehemenz Stefan Stahl immer wieder der Privatisierung auf allen Gebieten das Wort redet, erst beim Dieselskandal und dem Einfluss Niedersachsens bei VW und jetzt bei der Abwicklung von Air Berlin, wo er Krokodilstränen für die fragwürdigen Interessen von Ryan Air vergießt. Dabei ist es von existenzieller Notwendigkeit, dass die Politik, nach bestem Wissen, die grundlegenden Entscheidungen zum Wohle der Menschen trifft. Das heißt auch Regulierung im vernünftigen Maße. Geiz ist geil – das ist keine Lösung, sondern ein Symptom des Übels, dass zu viele Menschen immer ärmer und zum Kauf von billigem Schund gezwungen werden, wenn sie sich auch was „leisten“wollen.
Lauingen Zu „Immer mehr Deutsche haben einen Zweitjob“(Seite 1) vom 30. August: Sie bezeichnen es zu Recht als Missstand, dass eine stetig steigende Zahl von Menschen mit einem festen Monatseinkommen ihre Lebenskosten nicht mehr bezahlen kann. Die zunehmende Verarmung ist leider schon ein Dauerzustand. Aber wer geht dem Übel, das die Demokratie unterhöhlt, an die Wurzel? Seit vielen Jahren haben wir ein ständig steigendes Volkseinkommen bzw. Bruttosozialprodukt und ebenso ständig sinkende Löhne. Eine kontinuierliche Umverteilung der erwirtschafteten Vermögen von unten nach oben. Es ist der Kapitalextremismus, der überall auf der Welt mit seiner Renditegier die Volkswirtschaften plündert. Das System gewordene gewissenlose Gewinnstreben wird von der Politik geschützt und mit dem Dogma vom wirtschaftlichen Wachstum ideologisch verbrämt. Dabei zerstört es immer rasanter die gesellschaftlichen und planetarischen Lebensgrundlagen.
Augsburg Zu „Große, bunte Kartoffelwelt“(Bayern) vom 26. August: Richtigstellung zur Kartoffel: Sie enthält zwar Vitamin C, aber sie ist dennoch ein Dickmacher. Denn die große Menge an Stärke lässt den Blutzucker stark ansteigen. Dies führt zur erhöhten Diabetes-Gefahr. Die folgende erhöhte Insulinausschüttung lässt die Fettzellen auffüllen. Die Kalorienmenge spielt dabei eine geringere Rolle. Dieselbe Menge an Kohl hätte wesentlich mehr Vitamin C, noch weniger Kalorien, keine Auswirkung auf den Blutzucker und führt eher zur Gewichtsreduktion durch Aufbau eines guten Darmmilieus.
Donauwörth Zu „Wie christliche Kirchen in der Türkei bedroht sind“(Politik) vom 24. August: „Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei“– als Bundespräsident Christian Wulff im Oktober 2010 in Ankara vor dem türkischen Parlament diesen Satz sagte, fand er bei den Abgeordneten wenig Begeisterung. Fakt ist, dass sich an vielen Orten der heutigen Türkei im 1. Jahrhundert die ersten christlichen Gemeinden bildeten, die dieses Land kulturell mitprägten. Heute sind leider die Christen immer wieder Diskriminierungen ausgesetzt. Vor einigen Jahren war die Situation noch entspannter und motivierte aramäische Christen kehrten nach vielen Jahren in Europa zurück. Doch dann gab es Streitigkeiten um den Besitz von Grundeigentum der Klöster und Kirchen, weil die türkische Regierung die Besitzurkunden nicht mehr anerkennen wollte. Wenn die rechtlichen Fragen nicht zugunsten der Christen gelöst werden, droht dem Christentum das Ende seiner zweitausendjährigen Geschichte mit ihrer Kultur. Wo bleibt der Aufschrei der westlichen Kirchen?
Illertissen