Begeisterung und Hoffnung auf den Boom
Woran der Weißenhorner Trainer Klaus Wagner die deutschen Erfolge bei der EM festmacht
Sie trainieren die Männer- und die Frauenmannschaft des TSV Weißenhorn. Wie beurteilen Sie als Fachmann die Auftritte der deutschen VolleyballNationalmannschaft bei der Europameisterschaft in Polen, Herr Wagner?
Ich habe mir natürlich am Sonntag bis kurz vor Mitternacht das Endspiel gegen Russland im Live-Stream angeschaut und es hat mich vor Begeisterung aus dem Sessel gerissen. Dabei habe ich in meinem Leben im Volleyball wirklich schon viel gesehen.
Letztlich hat es nicht ganz gereicht zur Sensation, aber Deutschland hat die Russen fünf Sätze lang geärgert. Wie war dieser Kraftakt möglich?
Das war tatsächlich eine unglaubliche Leistung im Finale. Schließlich hatten die Russen bis dahin im ganzen Turnier keinen einzigen Satz verloren und sie sind Rekord-Europameister. Deutschland hat mit viel Selbstvertrauen und mit taktischem Geschick gespielt und ich habe mehr als einmal beobachtet, dass der russische Trainer Sergej Schliapnikow ungläubig den Kopf geschüttelt hat.
Letztlich hat Deutschland Silber geholt und damit die erste EM-Medaille überhaupt im Männer-Volleyball. Woran machen Sie diesen Aufschwung fest? Das hat sicher viel mit dem neuen Bundestrainer Andrea Giani zu tun, der ja schon als Spieler fünfmal italienischer Meister war und zweimal die Champions-League gewonnen hat. Er strahlt viel Selbstvertrauen und Geduld aus, das überträgt sich natürlich auf die Mannschaft. Man hat das unter anderem im Halbfinale gegen die Serben gesehen, als Deutschland einen 0:2-Satzrückstand noch zu einem 3:2 gedreht hat. Zudem hat sich die gründliche Vorbereitung und die Nominierung von vielen jungen Spielern bezahlt gemacht. Georg Grozer hat zwar im Endspiel eine gigantische Leistung abgerufen, aber er musste in diesem Turnier nicht alles alleine erledigen. Welche neuen Erkenntnisse gewinnt man als Trainer bei so einem Turnier?
Ich habe viele Spiele gesehen und es fallen einem immer ein paar Kleinigkeiten auf. Gut gefallen haben mir etwa die deutschen Pipes im Endspiel gegen die körperlich überlegenen Russen. Pipes sind Angriffe über die Mitte aus dem Hinterfeld. Das machen wir auch in Weißenhorn gern. Ich habe die Spieler dazu und wenn es funktioniert, dann ist das spektakulär und erfolgreich.
Rechnen Sie nach dem EM-Silber von Krakau mit einem Volleyball-Boom in Deutschland?
Ich hoffe darauf und es wäre höchste Zeit. Ich habe mich in den vergangenen Tagen mit vielen Leuten unterhalten, die mit Volleyball eigentlich gar nicht so viel am Hut haben. Auch die waren von den deutschen Auftritten in Polen begeistert. Interview: Pit Meier