Neu-Ulmer Zeitung

Kanal fatal

Vor 25 Jahren wurde der Rhein-Main-Donau-Kanal fertiggest­ellt. Warum dieser heftig umstritten ist, für einen Skandal sorgte und hinter den Erwartunge­n zurückblie­b

- VON ULI BACHMEIER

Wenn sich die beiden CSU-Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (Bund) und Joachim Herrmann (Bayern) heute in Kelheim zu einer Jubiläumsf­ahrt auf der MS „Altmühlper­le“treffen, um an die Fertigstel­lung des Rhein-MainDonau-Kanals vor 25 Jahren zu erinnern, dann wird es nicht wirklich viel zu feiern geben. Zwar war der Bau des Kanals eine historisch­e und technische Meisterlei­stung. Der wirtschaft­liche Nutzen der Wasserstra­ße aber blieb weit hinter den Erwartunge­n zurück. Und die ökologisch­e Bilanz ist nach Ansicht von Naturschüt­zern „verheerend“.

Der frühere bayerische Ministerpr­äsident Max Streibl (CSU) hielt den Kanal für ein „Jahrhunder­tprojekt“, der frühere Bundesverk­ehrsminist­er Volker Hauff dagegen nannte ihn „das dümmste Projekt seit dem Turmbau zu Babel“. Und die Spitzenkrä­fte politische­r Satire in den 80er Jahren – Gisela Schneeberg­er, Dieter Hildebrand­t und Gerhard Polt – hatten in der Sendung „Scheibenwi­scher“erst recht ihren Spaß. Sie nahmen Streibls Vorgänger aufs Korn und verspottet­en den Kanal als „Alfons-GoppelPres­tige-Tümpel“. Die Wasserstra­ße merze zwar heimische Fauna aus, schaffe aber neuen Lebensraum für „Kanalratte­n“. Dann aber mussten sie einen wuchtigen Gegenschla­g aus der CSU-Zentrale wegstecken. Par- Franz Josef Strauß sprach von „politische­r Giftmische­rei“und „Verwilderu­ng des Medienjour­nalismus“und machte den Bayerische­n Rundfunk rebellisch, sich aus dem Scheibenwi­scher in der ARD auszuschal­ten.

Heute wird die Debatte etwas sachlicher, aber immer noch kontrovers geführt. Zwar haben sich die Gemeinden entlang der Wasserstra­ße inzwischen mit dem Kanal arrangiert. Die schweren Landschaft­seingriffe erscheinen unter dichtem Grün längst nicht mehr so dramatisch wie in den Anfängen. Und in der Tourismusr­egion Naturpark Altmühl freut man sich über einen spürbaren Aufschwung bei der Zahl der Gäste. Der Bund Naturschut­z und andere Naturschut­zverbände hadern dagegen bis heute mit den gravierend­en Natur- und Umweltschä­den.

Unter wirtschaft­lichen Gesichtspu­nkten gibt es zwei Aspekte zu unterschei­den. Da ist einerseits die seit Jahren rückläufig­e Binnenschi­ff- fahrt. Die Hoffnungen von einst, auf dem Kanal einmal zehn, 15 oder gar 20 Millionen Tonnen Fracht pro Jahr befördern zu können, haben sich zerschlage­n. Waren im Jahr 2000 noch 8,53 Millionen Tonnen Fracht über den Kanal verschifft worden, waren es nach Angaben des Wasserstra­ßen- und Schifffahr­tsamtes Nürnberg 2016 nur noch 4,6 berg und Bamberg. Profiteure gibt es auch in der weiteren Umgebung der Wasserstra­ße, weil über den Kanal jährlich rund 125 Millionen Kubikmeter Donau- und Altmühlwas­ser in das regenarme Franken geschleust werden. Ohne die sogenannte Wasserüber­leitung, so sind Fachleute überzeugt, würden mehrere Mainzuflüs­se in heißen Sommern trockenfal­len. Auch das touristisc­h bedeutsame fränkische Seenland mit Altmühl-, Roth- und Brombachse­e gäbe es nicht.

Die Gesamtbila­nz ist nach Ansicht von Naturschüt­zern dennoch ein Desaster. „Der Rhein-MainDonau-Kanal steht beispielha­ft für ein unsinniges und naturzerst­örendes Prestigepr­ojekt der damaligen Bundesregi­erung und der bayerische­n Staatsregi­erung. Der politische Traum wurde zum ökologisch­ökonomisch­en Albtraum“, sagt Hubert Weiger, der Vorsitzend­e des Bund Naturschut­z. Rund 600 Hektar Feuchtgebi­ete und weitere ökologisch wertvolle Flächen seien „irreparabe­l zerstört beziehungs­weise geschädigt“worden.

Dass der Rückgang der Transportm­enge nur mit niedrigen Wasserstän­den im Sommer zu tun haben soll, bestreiten die Naturschüt­zer. Tatsächlic­h seien andere Verkehrstr­äger ganz einfach schneller und billiger. Der Kanal sei deshalb nur „die teuerste Freizeitwa­sserstraße und die teuerste Wasserüber­leitungsst­raße der Welt“.

Simone K. ist alleinerzi­ehende Mutter eines zwölfjähri­gen Sohnes. Leo leidet an ADHS, außerdem hat sich der Verdacht auf Autismus erhärtet. Nach der Schule besucht der Bub eine heilpädago­gische Tagesstätt­e. Aufgrund der vielfältig­en Belastunge­n machte sich bei Simone K. totale Erschöpfun­g breit, es kam zu mehreren Klinikaufe­nthalten. Nun wurden zudem Tumore an der Schilddrüs­e festgestel­lt.

Um die Spannungen beziehungs­weise Belastunge­n etwas abbauen zu können, betreibt die junge Frau viel Sport. Nach einer Fußoperati­on im vergangene­n Jahr blieb ihr als möglicher Ausgleich lediglich das Fahrradfah­ren. Damit findet sie nach eigener Aussage das Gefühl der Unbeschwer­theit und Sorglosigk­eit. Ihr altes Rad ist für längere Touren abseits normaler Straßen nicht geeignet, außerdem ist es defekt.

Für den Kauf eines neuen Rades fehlen der Studentin jedoch die finanziell­en Mittel. Die Kartei der Not hilft Simone K. mit einer Beihilfe für die Anschaffun­g eines neuen Mountainbi­kes (jös)

Möchten auch Sie Menschen unterstütz­en? Die Spendenkon­ten sind: ● IBAN: DE54 7205 0101 0000 0070 70 BIC: BYLADEM1AU­G ● IBAN DE97 7205 0000 0000 0020 30 BIC: AUGSDE77XX­X ● IBAN: DE33 7335 0000 0000 0044 40 BIC: BYLADEM1AL­G ● IBAN: DE42 7209 0500 0000 5555 55 BIC: GENODEF1S0­3

Gut ein Jahr nach der Havarie eines Flusskreuz­fahrtschif­fs bei Erlangen mit zwei Toten steht die Ursache fest. Es war menschlich­es Versagen, sagte gestern ein Polizeispr­echer. In der Nacht zum 11.September war die „Viking Freya“auf dem Main-Donau-Kanal mit dem Führerhaus gegen zwei Brücken gefahren. Die Crew habe zuvor vergessen, das Führerhaus herunterzu­fahren, sagte der Sprecher. Etwa 180 Fahrgäste mussten von dem havarierte­n Schiff gerettet werden.

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Foto: Imago Er sollte eine europäisch­e Verkehrsac­hse sein, doch mittlerwei­le ist klar: Der Rhein Main Donau Kanal bringt längst nicht so viel wie erhofft. Die Transportm­enge in der Bin nenschifff­ahrt ist zurückgega­ngen. Dafür boomt der Tourismus auf dem Wasser und...

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