Zweite Wahl spielt mutig
Die deutsche Nationalmannschaft versucht, sich und den Basketball bei der EM in den Fokus zu rücken. Die Ära Dirk Nowitzki ist Geschichte, mit Dennis Schröder dribbelt sich ein neues Gesicht in den Mittelpunkt. Er ist auf dem besten Weg, ein Star zu werden, eine Führungsfigur, die dieser Sport in Deutschland braucht.
Sowohl Schröder als auch Nowitzki sind herausragende Spieler ihrer Generationen. Wenn auch komplett unterschiedlich: hier der bescheidene Nowitzki. Dort der aufstrebende und am Rande der Arroganz wandelnde Schröder. Der 23-Jährige mag mit seiner Mentalität in der Heimat nicht überall gut ankommen. Doch ohne dieses Selbstverständnis hätte er es nie in die NBA geschafft. Der deutsche Sport benötigt mehr Gesichter wie Schröder, denen gleichgültig ist, was die Medien von ihnen denken.
Nicht, dass Nowitzkis Führungsstil schlechter war. Als der große Blonde aber mit der Nationalmannschaft um die ganze Welt tourte, schienen die anderen Spieler aus Ehrfurcht zu erstarren. „Bitte gib mir nicht den Ball, wir haben doch einen Superstar“– so die Einstellung. Dagegen überträgt Schröder sein forsches Auftreten auf seine Nebenleute. Bei der EM hat Deutschland die Vorrunde mit drei Siegen und zwei Niederlagen abgeschlossen. Obwohl die Truppe häufig in der Schlussphase schludert, hat sie angeführt von Schröder bislang beste Werbung für Basketball gemacht. Deutschland stellt das jüngste Team der EM – und es spielt mutig auf. Dabei waren die Jungs gar nicht erste Wahl. Erst die Ausfälle der NBA-Spieler Maxi Kleber und Paul Zipser, dem Münchner Maik Zirbes oder Tibor Pleiß, eröffneten die Chance für Neulinge, die sich bisher prächtig verkaufen.
Ein neues Geschäftsmodell, das den flauen Box-Betrieb ankurbeln soll, hat Marco Huck den wahrscheinlich letzten großen Zahltag beschert. Im ersten Kampf der World-Boxing-Super-Series (WBSS), die die Muhammad-AliTrophy auslobt, kämpft der ExWeltmeister gegen den Titelträger im WBO-Cruisergewicht, Alexander Usyk (23 Uhr/Sat.1). Der 32 Jahre alte Huck, der zuletzt sangund klanglos gegen den Letten Mairis Briedis untergegangen war, ist gegen den Ukrainer haushoher Außenseiter.
Trotzdem gibt der Berliner mit bosnischen Wurzeln vor dem Viertelfinalkampf des Turniers am Samstag in der Berliner MaxSchmeling-Halle den unerschrockenen Streetfighter: „Ob Fans oder Experten an mich glauben, interessiert mich nicht. Usyk ist zwar Olympiasieger und mit zwölf Kämpfen bereits Profi-Weltmeister, aber er ist noch ein Amateur.“Bei der ersten Pressekonferenz hatte Huck sogar ein kleines Gerangel mit dem Ukrainer angezettelt und dem Gegner an Ort und Stelle Prügel angedroht. Usyk reagierte eher gelassen.
Haudegen Marco Huck hat sich á la Sylvester Stallone in den RockyFilmen in einer Spandauer Fleischfabrik fit gemacht und erinnert an eine ähnliche Ausgangslage vor fünf Jahren. „Gegen SchwergewichtsWeltmeister Powetkin, der wie Usyk als Amateur alles gewonnen hatte, trat ich als Außenseiter an. Das Ende vom Lied war, dass ich den damaligen Titelträger auseinandergeschraubt habe und nur durch ein Fehlurteil verloren habe“, sagte Marco Huck, der am Samstag zumindest die garantierten 400000 Euro Antrittsgage, die laut WBSS alle Teilnehmer des Turniers der weltbesten Cruiser- und Supermittelgewichtler einstreichen dürfen, kassiert.