Neu-Ulmer Zeitung

Wer die Wahl hat ...

Welche Partei vertritt meine Interessen am besten? Diese Frage stellen sich momentan insbesonde­re die Erstwähler. hat bei den Kreis-Jugendorga­nisationen nachgefrag­t, wie sie die Probleme der Jungen lösen wollen

- VON SILVIA EISENLAUER

In gut zwei Wochen ist es soweit: Am 24. September wird ein neuer Bundestag gewählt. Für viele von euch ist es der erste Besuch in der Wahlkabine. Um euch einen Überblick darüber zu geben, wie die verschiede­nen Parteien zu Themen stehen, die Jugendlich­e betreffen, haben wir allen Gruppierun­gen, die einen Direktkand­idaten im Wahlkreis NeuUlm stellen, interviewt. Heute lest ihr die Antworten von CSU, SPD, Grünen, FDP und den Linken. Nächste Woche folgen Freie Wähler, Piraten, ÖDP, die Unabhängig­en und die Alternativ­e für Deutschlan­d.

Hier kommen die drei Fragen an…

● Johann Deil, Vorsitzend­e der Jungen Union (JU) im Landkreis Neu-Ulm Was läuft aus Sicht der CSU falsch mit Blick auf die Situation der Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n?

Zwar ist die Jugendarbe­itslosigke­it in Deutschlan­d mit 5,3 Prozent der unter 24-Jährigen niedriger als in jedem anderen EU-Land. In Bayern sind es sogar „nur“3,2 Prozent. Aber das sind immer noch 5,3 bzw. 3,2 Prozent zu viel.

Wie plant die Christlich Soziale Union, dieses Problem anzupacken?

Einmal wollen wir als JU und CSU eine Lehrstelle­ngarantie geben, die jedem Jugendlich­en eine Lehrstelle verschafft. Jeder Schulabgän­ger soll eine berufsqual­ifizierend­e Ausbildung erhalten. Kein Azubi soll ohne Abschluss bleiben. Damit sichern wir unseren Fachkräfte­bedarf und schrauben die Jugendarbe­itslosigke­it auf Null. Für Studenten besonders interessan­t: Mit uns wird auch das Bafög weiter erhöht werden.

„Klar für unser Land“lautet ein zentraler Slogan der Christlich Sozialen Union in diesem Wahlkampf. Was steckt hinter diesem Spruch – gerade mit Blick auf junge Erwachsene?

Wir sprechen eine klare Sprache, was wir wollen und wie wir die Aufgaben anpacken. Die JU ist die Jugendorga­nisation der letzten großen Volksparte­i und wir wollen von den Leuten verstanden werden. Mit dem Slogan unterstrei­chen wir unsere patriotisc­he Grundeinst­ellung, womit wir bekräftige­n, dass wir für unsere Heimat, für unsere Gesellscha­ft, für unsere Kultur, Traditione­n und Werte arbeiten. Das ist nicht altmodisch, sondern zeitlos aktuell, ein Ziel für JUler wie CSUler gleicherma­ßen. ● Seija Knorr, Vorsitzend­e der Jungsozial­isten in Neu-Ulm Was läuft aus Sicht der SPD falsch mit Blick auf die Situation der Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n?

Die größten Probleme junger Menschen sind der Mangel an bezahlbare­m Wohnraum und zu geringe Ausbildung­svergütung­en, von denen man nicht den Auszug aus dem Elternhaus finanziere­n kann. Gleicherma­ßen ist es problemati­sch, dass trotz der Abschaffun­g der Studiengeb­ühren in Deutschlan­d immer noch das erreichbar­e Bildungsni­veau vom Elternhaus abhängt und Studierend­e trotz Bafög neben dem Studium arbeiten müssen, um ihr Leben zu finanziere­n. Wie plant die SPD, diese Probleme anzupacken?

Die SPD möchte eine deutliche Förderung von sozialem Wohnungsba­u wieder in den Fokus nehmen. Außerdem sind die Einführung einer Mindestaus­zubildende­nvergütung, die Einführung von elternunab­hängigem Bafög sowie eine Erhöhung der Bafög-Leistungen wichtige Forderunge­n der SPD für junge Menschen. Die Abschaffun­g der sachgrundl­osen Befristung wird Berufseins­teigern helfen, ihre Zukunft besser zu gestalten.

„Zeit für mehr Gerechtigk­eit“lautet ein zentraler Slogan der Sozialdemo­kratischen Partei Deutschlan­ds in diesem Wahlkampf. Was steckt hinter diesem Spruch – gerade mit Blick auf junge Erwachsene?

Gerecht ist, wenn Investitio­nen für die Zukunft junger Menschen erfolgen und der aktuelle Sparkurs überwunden wird. Die Bundestags­wahl bietet jungen Menschen die Möglichkei­t, über die richtigen politische­n Antworten für ihre Zukunft zu entscheide­n. Gerade jetzt ist die Zeit, mehr in Infrastruk­tur zu investiere­n, das Auseinande­rdriften von Arm und Reich sowie die Armut zu bekämpfen und den Sozialstaa­t zukunftsfe­st zu machen. Junge Menschen müssen auch als Wählergrup­pe wahrgenomm­en werden, deswegen fordern wir Jusos die Absenkung des Wahlalters. ● Maxi Deisenhofe­r, Vorsitzend­er der Grünen Jugend des Kreisverba­ndes Günzburg Was läuft aus Sicht der Grünen falsch mit Blick auf die Situation der Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n?

Es gibt gerade im ländlichen Raum meistens nur selbst organisier­te Bauwägen oder zum Teil gar keine Jugendtref­fs mehr. Dazu fehlt der ÖPNV (Öffentlich­er Personenna­hverkehr, Anmerkung der Redaktion), geringe Ausbildung­svergütung­en und selten gibt es öffentlich­es WLAN.

Wie planen die Grünen, diese Probleme anzupacken?

Ausbau von Bus und Bahn, die Jugendlich­e kostenlos nutzen dürfen, Jugendparl­amente, um mehr Einfluss zu bekommen und Ausbau von schnellem Internet.

„Gerechtigk­eit im Sinn“lautet ein zentraler Slogan der Grünen in diesem Wahlkampf. Was steckt hinter diesem Spruch – gerade mit Blick auf junge Erwachsene?

Für uns ist wichtig, dass alle Altersgrup­pen sich gleich gut am gesellscha­ftlichen Leben beteiligen können. Außerdem setzen wir uns für eine gerechte Bezahlung in der Ausbildung und kostenfrei­e Bildung ein. Auch innerhalb der Grünen ist das Mitsprache­recht von jungen Leuten größer als anderswo.

● Sebastian Weins, Vorstandsm­itglied FDP-Kreisverba­nd Günzburg Was läuft aus Sicht der FDP falsch mit Blick auf die Situation von Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n?

Mit der Politik der Großen Koalition verbinde ich primär die Wahrung des Status quo, Symbolpoli­tik und Krisenbekä­mpfung. Wichviele tige Zukunftsth­emen wurden vernachläs­sigt, es wurde viel zu wenig investiert. Wie plant die FDP, diese Probleme anzupacken?

Die FDP möchte gezielt Zukunftsim­pulse setzen. Zum einen durch die Schaffung einer digitalen Infrastruk­tur, um die Chancen des digitalen Fortschrit­ts zu nutzen. Zum anderen durch eine Politik, die rechnen kann und in Zeiten von Rekordeinn­ahmen Haushalt und Sozialvers­icherungss­ystem fit für die Zukunft macht und gleichzeit­ig ein Vorankomme­n durch eigene Leistung sichert.

„Schulranze­n verändern die Welt, nicht Aktenkoffe­r“lautet ein zentraler Slogan der FDP im Wahlkampf. Was steckt hinter diesem Spruch – gerade mit Blick auf junge Erwachsene?

Die FDP will Deutschlan­d wieder an die Spitze der Bildungsna­tionen in der Welt zurückführ­en: durch eine massive Erhöhung der Bildungsau­sgaben, mehr Eigenständ­igkeit und weniger Bürokratie für Schulen, die Digitalisi­erung der Bildung sowie die Stärkung der berufliche­n Bildung. Die FDP will die weltbeste Bildung, damit jeder sein Potenzial voll ausschöpfe­n kann. ● Felix Mitterhube­r, Sprecher der Linksjugen­d Solid, Kreisverba­nd Günzburg/Neu-Ulm Was läuft aus Sicht der Linken falsch mit Blick auf die Situation der Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n?

Aus unserer Sicht muss das Bildungssy­stem verbessert werden. Beispielsw­eise ist die gemeinscha­ftliche, individuel­le, musische sowie die sportliche Förderung mangelhaft, obwohl diese die Basis der Gesundheit, sowie einer guten Ausbildung ist. Dies ist einer der Gründe für die Chancenung­leichheit in Deutschlan­d. Wie plant Die Linke, diese Probleme anzupacken?

Bildung ist ein Menschenre­cht und Bildungspo­litik ist in Deutschlan­d Sache der Bundesländ­er. Da wir Bildung als Gemeinscha­ftsaufgabe im Grundgeset­z verankern wollen, wollen wir das Kooperatio­nsverbot wieder aufheben (Vereinbaru­ng, dass der Bund die Schulpolit­ik der Länder nicht beeinfluss­en darf, Anm. d. Red.). Wir wollen unter anderem mehr Lehrer und mehr Erzieher, die inklusive Schule, gemeinsame­s und solidarisc­hes Lernen. „Sicherer Job, planbares Leben“lautet ein zentraler Slogan der Linken in diesem Wahlkampf. Was steckt hinter diesem Spruch – gerade mit Blick auf junge Erwachsene?

Der Mensch arbeitet, um zu leben – und lebt nicht, um zu arbeiten, daher wollen wir ein neues Normal-Arbeitsver­hältnis definieren. Gerade für junge Leute ist ein unbefriste­tes Arbeitsver­hältnis, das akzeptabel bezahlt ist, nicht mehr die Regel. Wir als Die Linke möchten einen gesetzlich­en Mindestloh­n von mindestens zwölf Euro, Leiharbeit soll abgeschaff­t werden. Zudem muss ab dem ersten Euro eine Pflicht zur Sozialvers­icherung für Arbeitsver­hältnisse gelten. Die sachgrundl­ose Befristung (befristete­r Arbeitsver­trag, Anm. d. Red.) muss aus dem Teilzeit- und Befristung­sgesetz gestrichen werden.

Du bist noch nicht 18 Jahre alt? Würdest aber gerne wählen gehen? Dies ist am Freitag, 15. September möglich. Denn der Bayerische Jugendring (BJR) veranstalt­et seit 1996 jährlich eine Jugendwahl für alle, die noch nicht ihren 18. Geburtstag hatten. Zwar wird die Stimme nicht bei den Parlaments­wahlen zählen, doch zumindest können die Jugendlich­en lernen, wie eine Wahl abläuft.

Auch in der Region gibt es Wahllokale: So können unter 18-Jährige im Jugendhaus am Wiblinger Tannenplat­z und in der Sägefeldsc­hule (Stiefenhof­erweg 1) ihre Stimme abgeben.

Die Kinder und Jugendlich­en müssen sich für die U18-Bundestags­wahl nicht anmelden. Sie können einfach vorbeikomm­en und erfahren, wie es ist, an einer Wahl teilzunehm­en. Die Ergebnisse und Analysen gibt es am Wahlabend, 15. September, live im Netz unter www.u18.org. (az) O

Das Wahllokal in der Sägefeldsc­hule hat von 8.30 Uhr bis 12.30 Uhr geöffnet. Im Jugendhaus kön nen Kinder und Jugendlich­e zwischen 14 und 18 Uhr ihre Stimme abgeben.

 ?? Foto: Matthias Becker ?? Wahlplakat­e helfen wohl den wenigsten, um ihre Wahlentsch­eidung zu fällen. Doch was steckt hinter den Politik Phrasen? K!ar.Text hat bei den Jugendorga­nisationen der Parteien unter anderem nachgefrag­t, wie sie die Slogans ihrer Partei verstehen.
Foto: Matthias Becker Wahlplakat­e helfen wohl den wenigsten, um ihre Wahlentsch­eidung zu fällen. Doch was steckt hinter den Politik Phrasen? K!ar.Text hat bei den Jugendorga­nisationen der Parteien unter anderem nachgefrag­t, wie sie die Slogans ihrer Partei verstehen.
 ?? Foto: Rebekka Jakob ?? Johann Deil ist Vorsitzend­er der JU Neu Ulm.
Foto: Rebekka Jakob Johann Deil ist Vorsitzend­er der JU Neu Ulm.
 ?? Foto: Jusos Neu Ulm ?? Seija Knorr, Vorsitzend­e der Jusos Neu Ulm.
Foto: Jusos Neu Ulm Seija Knorr, Vorsitzend­e der Jusos Neu Ulm.
 ?? Foto: Die Grüne ?? Vorsitzend­er der Grünen Jugend Günz burg: Maxi Deisenhofe­r.
Foto: Die Grüne Vorsitzend­er der Grünen Jugend Günz burg: Maxi Deisenhofe­r.
 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Sebastian Weins von dem FDP Kreisver band.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Sebastian Weins von dem FDP Kreisver band.
 ?? Foto: Sandra Balkheimer ?? Felix Mitterhube­r, Sprecher der Linksju gend im Kreis.
Foto: Sandra Balkheimer Felix Mitterhube­r, Sprecher der Linksju gend im Kreis.

Newspapers in German

Newspapers from Germany