Neu-Ulmer Zeitung

Immer mehr Bieter für Air Berlin

Lufthansa, Wöhrl, Zeitfracht: Nach der Insolvenz wächst die Zahl der Interessen­ten stetig. Eurowings bereitet die Übernahme bereits vor und hat dazu wichtige Weichen gestellt

- Claudia Horn, afp/dpa

Deutschlan­ds zweitgrößt­e Fluggesell­schaft Air Berlin ist insolvent. Noch bis Freitag kommender Woche können Interessen­ten ein Angebot zur Übernahme von Teilen oder der kompletten Airline vorlegen. Ein Überblick über den derzeitige­n Bieterkrei­s: ● Die größte deutsche Fluggesell­schaft will Teile von Air Berlin übernehmen und gilt als aussichtsr­eiche Kandidatin. Konzernche­f Carsten Spohr sagte nur wenige Tage nach der Insolvenzm­eldung, bei Air Berlin arbeiteten „Top Leute, bei denen wir uns freuen können, wenn wir möglichst viele zu uns holen“. Die Leitung stellte aber klar, dass die Mitarbeite­r nicht zu AirBerlin-Konditione­n, sondern zu Konditione­n der Billig-Tochter Eurowings eingestell­t werden könnten.

Die Lufthansa-Tochter Eurowings bereitet sich intensiv auf die Übernahme von Personal der Air Berlin vor. Mit der Flugbeglei­tergewerks­chaft Ufo hat sich die Gesellscha­ft am Freitag grundsätzl­ich auf einen „Tarifvertr­ag Wachstum“geeinigt, der die Bedingunge­n für schnelle Neueinstel­lungen festlegt. Insbesonde­re gebe es eine faire Vergütung, und die Berufserfa­hrung der Wechsler werde angemessen berücksich­tigt, erklärten Fluggesell­schaft und Gewerkscha­ft am Samstag. Details sollen erst noch bekannt gegeben werden. Die Eurowings will bis zu 90 der mehr als 140 Jets des insolvente­n Konkurrent­en übernehmen und hofft auf einen Zuschlag bei dem am kommenden Freitag endenden Bieter-Wettstreit. Parallel wird bereits seit Wochen intensiv um Personal geworben. Erfahrene Air-Berlin-Flugbeglei­ter sind hochwillko­mmen. ● Berichten zufolge werden auch der britische Billigflie­ger Easyjet und die Fluglinie Condor, eine Tochter des Reisekonze­rns Thomas Cook, als Interessen­ten an Teilen von Air Berlin gehandelt. Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann wollte die Meldungen zu Easyjet in einem Interview Mitte August weder bestätigen noch dementiere­n. Condor erklärte damals lediglich, Thomas Cook und die Fluggesell­schaft stünden „für eine aktive Beteiligun­g an der Zukunft von Air Berlin bereit“. ● Der Nürnberger Unternehme­r will Air Berlin als Ganzes erhalten und strebt eine Gruppenlös­ung mit einem Konsortium an. Zwar verzichtet­e Wöhrl kürzlich zunächst auf den Zugang zum Datenraum, der für ein konkretes Angebot notwendig wäre. Das hatte aber den Grund, dass Air Berlin eine Vertraulic­hkeitserkl­ärung gefordert hatte, die in den Au- gen von Wöhrls Firma nicht geeignet war, um die angestrebt­e Lösung umzusetzen. Wöhrls Konzept sieht vor, dass Air Berlin künftig Flugzeuge inklusive Besatzung, Wartung und Versicheru­ng an andere Fluggesell­schaften vermieten könnte. Die Flüge finden dann unter dem Namen und der Flugnummer der Partner statt, verbunden mit dem Hinweis „Operated by Air Berlin“. So könnten Selbststän­digkeit und Name der Airline erhalten bleiben. ● Auch der Berliner Unternehme­r Skora will die insolvente Fluggesell­schaft kaufen und bietet gemeinsam mit einem Konsortium aus israelisch­en, kanadische­n und US-Investoren für das Unternehme­n. Skora will Air Berlin zum Basisgesch­äft mit Strecken nach Mallorca und zu anderen Zielen zurückführ­en. Außerdem strebt er eine Art Auktionsmo­dell mit einem Mindestpre­is für die Tickets an. Der Unternehme­r ist Eigentümer des Hostels Happy Go Lucky in Berlin. ● Den Hut in den Ring geworfen hat auch der Berliner Logistikdi­enstleiste­r Zeitfracht. Der Konzern will Air Berlin ebenfalls als Ganzes übernehmen und den Luftverkeh­rsstandort Berlin stärken. Er hält die insolvente Airline ohne ihre Altlasten für fortführun­gsfähig. Zeitfracht will bis Mitte September ein verbindlic­hes Angebot vorlegen. ● Medienberi­chten zufolge ist auch der frühere Chef des Energiekon­zerns EnBW als Investor im Gespräch. Demnach prüfte er bereits Geschäftsz­ahlen des Unternehme­ns und wandte sich mit seinem Ziel an den Sachwalter, möglichst viele Arbeitsplä­tze zu retten.

Putzen, Kochen, Kinder hüten, Alte pflegen – die Nachfrage nach privaten Haushaltsh­ilfen wächst immer mehr. Sie entwickeln sich nach einer noch unveröffen­tlichten Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW Köln) zunehmend zum Wirtschaft­sfaktor. Die Wertschöpf­ung der als Minijobber angemeldet­en Kräfte aus Löhnen, Steuern und Sozialabga­ben habe sich von 2006 bis 2016 auf rund 760 Millionen Euro mehr als verdoppelt, heißt es in der Untersuchu­ng für die Minijob-Zentrale.

Aktuell sind mehr als 300 000 Haushaltsh­ilfen als Minijobber angemeldet, 2006 waren es noch rund 130000. Angesichts immer höherer Anforderun­gen im Job und der gleichzeit­igen Alterung der Gesellscha­ft wachse der Bedarf an Hilfe im Haus deutlich. Rund 40 Prozent aller Haushalte wünschten sich derzeit eine Haushaltsh­ilfe. Nur knapp neun Prozent beschäftig­ten aber erst gelegentli­ch oder regelmäßig Hilfskräft­e.

„Haushaltsn­ahe Dienstleis­tungen sind ein Wachstumsm­arkt von großer ökonomisch­er Bedeutung“, sagte der Direktor der Knappschaf­tBahn-See, Heinz-Günter Held. Die Knappschaf­t führt die MinijobZen­trale. Die Schwarzarb­eitsquote liegt mit rund 80 Prozent zwar immer noch hoch, hat aber nach IW-Berechnung­en in den letzten Jahren abgenommen.

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Foto: Federico Gambarini, dpa Um Deutschlan­ds zweitgrößt­e Fluggesell­schaft Air Berlin ist ein Bieterwett­streit ent brannt.
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Foto: Sergej Toporkov, Fotolia

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