Feier mit dem tollen Patenonkel
Vor 50 Jahren hat Weißenhorn die Patenschaft über den Heimatkreis Schluckenau übernommen. Wie sich Flüchtlinge und Stadt gegenseitig geholfen haben
Ein Jubiläum hat die Stadt beim 68. Treffen des Heimatkreises Schluckenau in der Stadthalle gefeiert: Vor genau 50 Jahren übernahm die Kommune die Patenschaft über den Heimatkreis, eine Gegend im heutigen Tschechien, aus der 1946 Tausende von Flüchtlingen in die Fuggerstadt gekommen waren. Rund 100 Sudetendeutsche und deren Nachkommen wohnten am Samstag der offiziellen Feierstunde bei.
Fugau, Rosenhain, Königswalde oder Johannesberg, so hießen die nordböhmischen Ortschaften nahe der Stadt Schluckenau, wo nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sämtliche deutsche Bewohner vertrieben wurden. Sie halten die Erinnerungen bis heute wach: Im „Heimatkreis Schluckenau“, der zur Sudetendeutschen Landsmannschaft gehört. Aus dem gleichnamigen Landkreis im Norden Böhmens wurde, wie Heimatkreisbetreuer Peter Schubert berichtet, schließlich ein großer Teil der Einwohner nach Weißenhorn transportiert. Viele leben bis heute in der Region, andere reisten über weite Strecken zum Treffen an, aus Bautzen zum Beispiel oder aus Rheinland-Pfalz.
Die Bevölkerung Weißenhorns, das rief bei der Feierstunde Bürgermeister Wolfgang Fendt in Erinnerung, wuchs durch die Ankunft der Flüchtlinge im Jahr 1946 von 2988 Einwohner auf 5144 an – eine Zunahme also von 72 Prozent. Die Integration der Vertriebenen sei „eine historische Leistung“beider Seiten gewesen, erklärte er, und die damals begründete gemeinsame Anstrengung beim Aufbau Weißenhorns präge die Stadt bis heute. Die Integration der Flüchtlinge sei in Deutschland „eindrucksvoll gelungen“, sagte auch die stellvertretende Landrätin Sabine Krätschmer, die die Grüße des Landkreises überbrachte. Die Neuankömmlinge seien nicht bei allen willkommen gewesen, doch sie hätten „angepackt und sich unermüdlich am Wiederaufbau beteiligt“. Davon habe auch der Kreis sehr profitiert.
Die Stadt Weißenhorn „war immer ein toller Patenonkel“, erklärte Peter Schubert über die Patenschaft, dank derer die regelmäßigen Treffen des Heimatkreises in Weißenhorn stattfinden können. Außerdem hat die Kommune den Landsleuten der „Heimatstube“einen Ort der Erinnerung zur Verfügung gestellt, wo Zeugnisse der Vergangenheit bewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Übernahme der Patenschaft, so Schubert, habe 1967 einen Vertrauensbeweis und Zeichen der Zugehörigkeit an die Flüchtlinge bedeutet.
Festredner und Vorsitzender der sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt, richtete den Blick vor allem auf die Zukunft. Die Zusammenarbeit mit den Tschechen und ein Eintreten für ein ge- eintes Europa seien nun der große Auftrag der Flüchtlingsverbände. „Wir müssen nach wie vor gegen Nationalisten vorgehen“, erklärte er. Denn drifte Europa auseinander, hätten einzelne Nationen kaum mehr die Chance, die europäischfreiheitlichen Werte in einer „gefährlicheren Welt“zu bewahren.
Bereits am Freitag wurde im Rathaus die Ausstellung „Angekommen“eröffnet. Sie zeigt, wie Deutschland dem Flüchtlingsstrom begegnete. Die Wanderausstellung beleuchtet die Flucht und Integratimit on von 12 bis 15 Millionen Menschen aus Osteuropa in den Nachkriegsjahren. Entstanden ist eine eindringliche Schau aus Schriftstücken, Bildern und Aussagen von Zeitzeugen, die noch bis 22. Oktober im Rathaus zu sehen ist.
Museumsleiter Matthias Kunze hat sie um ein zusätzliches Kapitel ergänzt, das die damaligen Umstände in Weißenhorn näher beleuchtet: Die Gründung der örtlichen Wohnungsbaugesellschaft mit dem Ziel, Wohnraum für die sehr beengt lebenden Flüchtlinge zu schaffen. In der Zeit von Mittwoch bis Freitag ist in der Weißenhorner Schulstraße ein geparktes Auto mutwillig beschädigt worden. Der oder die unbekannten Täter zerkratzten mit einem spitzen Gegenstand die Motorhaube sowie die Beifahrerseite des weißen Suzuki Swift. Der Sachschaden wird auf 1500 Euro geschätzt. Die Polizei bittet um Hinweise unter der Telefonnummer 07309/9655-0. (az) Weil sie auf die Gegenfahrbahn gekommen ist, hat eine 25 Jahre alte Autofahrerin einen Unfall gebaut. Nach Darstellung der Polizei war sie am Samstagabend in der Weißenhorner Daimlerstraße unterwegs, als sie auf die andere Seite geriet und dort frontal mit dem Wagen einer 43 Jahre alten Frau zusammenstieß. Beide blieben augenscheinlich unverletzt, dennoch ließen sie sich erst mal ärztlich untersuchen. Bei der Kollision wurden beide Autos so stark beschädigt, dass sie sich nicht mehr wegfahren ließen und abgeschleppt werden mussten. (az)