Amok Alarm an der List Schule in Ulm
Hunderte Schüler, Lehrer und Eltern erleben bange Stunden am Kornhausplatz, bevor die Sicherheitskräfte Entwarnung geben. Der Einsatz weckt Erinnerungen an einen ähnlichen Fall
Dutzende Polizeiautos stehen dicht gedrängt am Hafenbad entlang. Der Kornhausplatz und die Rosengasse sind mit Bändern abgesperrt. Schwer bewaffnete Spezialkräfte steigen aus ihren Fahrzeugen, mit Maschinenpistolen in der Hand, ein Polizist trägt einen Rammbock auf der Schulter. Schüler verfolgen am Rande der Absperrung gebannt das Geschehen, machen Fotos und Videos mit ihren Handys. Eltern werfen bange Blicke auf den Schulhof. Rund um den Kornhausplatz in der Ulmer Innenstadt beobachten Hunderte Menschen den Großeinsatz der Polizei. Kurz zuvor ist im Neuen Bau die Meldung eingegangen: Amok-Alarm an der FriedrichList-Schule.
Der Alarm wurde gegen 12.15 Uhr ausgelöst. Sofort eilen Beamte des Polizeireviers Ulm-Mitte zum Kornhaus. Sie bekommen Verstärkung von ihren bayerischen Kollegen, kurz darauf sind auch die Spezialisten vom Sondereinsatzkommando (SEK) aus Göppingen vor Ort. Über der Stadt knattert mehr als eine Stunde lang ein Polizeihubschrauber. Wie viele Kräfte im Einsatz sind, sagt die Polizei nicht, aber es dürften mehr als 100 sein. Die Lage ist unklar. Keiner der Schüler, die draußen stehen, weiß, ob etwas passiert ist, ob es tatsächlich eine Drohung gab oder nicht. Die Jugendlichen, die noch Unterricht hatten, sind noch im Gebäude. Sie haben sich in ihren Klassenzimmern verbarrikadiert. Einige halten sich in der Turnhalle auf. Wie viele Schüler genau im Haus sind, weiß die Polizei zu diesem Zeitpunkt nicht. Vielen Eltern, die draußen warten, ist die Anspannung anzusehen. „Da ist noch mein Sohn drin, können Sie mir sagen, was los ist?“, fragt eine Mutter einen Polizisten an der Absperrung. Sie erfährt, dass es einen Amok-Alarm gegeben habe, aber keine Hinweise darauf, dass etwas Ernstes passiert sei.
„Das ist echt kein tolles Gefühl“, sagt die Frau. „Ich erlebe das jetzt zum zweiten Mal. Damals war viel weniger Polizei im Einsatz und die Absperrung war nicht so weiträumig“, findet sie. Das macht ihr Angst. Eine ähnliche Situation hatte es an der List-Schule im Oktober 2015 gegeben. Damals wurde der Amok-Alarm durch einen technischen Defekt ausgelöst. Bauarbeiten in einem Nebengebäude hatten zu einem Kurzschluss in einem Kabel geführt. „Die Beamten sind jetzt drin und gehen Klassenzimmer für Klassenzimmer durch“, informiert Rudi Bauer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ulm, die besorgte Die Frau kann, wie alle anderen, die draußen stehen, nur abwarten und hoffen, dass nichts passiert. Immerhin ist inzwischen klar: Es wurde niemand mit einer Waffe gesehen. Es gab auch keine Drohung. Nur der Alarm wurde ausgelöst. Gegen 14 Uhr ziehen die ersten Polizisten ab. Der Hubschrauber kreist noch immer am Himmel. Um 14.15 Uhr dann Entwarnung: „Es ist nichts passiert, reiner Fehlalarm“, informiert Rudi Bauer die Wartenden vor der Schule. „Wir haben alle Räume durchsucht und nichts festgestellt.“Der AmokAlarm sei technisch ausgelöst worden. Ob mutwillig, fahrlässig oder durch technischen Defekt, ist zu- nächst unklar. Die Schüler strömen nach und nach auf den Pausenhof. Ihnen ist die Erleichterung anzusehen. Manchen steht noch der Schreck ins Gesicht geschrieben.
„Wir hatten schon Angst“, schildert Birkan Dönmez aus Neu-Ulm die Situation. Am Anfang sei nicht klar gewesen, was passiert ist. „Wir haben alles verbarrikadiert. Dann kamen bei dem einen oder anderen die Flashbacks“, sagt der 18-Jährige. Viele der Schüler haben bereits den Amok-Alarm vor zwei Jahren erlebt und müssen nun erneut eine ähnliche Erfahrung verarbeiten. „Damals ging es nicht so lang“, sagt die 16-jährige Iva, die in die zehnte Klasse geht und auch vor zwei JahMutter. ren an der List-Schule war. Deshalb hätten sie befürchtet, dass es diesmal ernst ist. Die Schüler verkrochen sich unter den Tischen. „Dann war da auch noch jemand an der Tür und hat gerüttelt. Das war schon komisch.“Die Durchsage, dass sie das Schulhaus verlassen können, war für die Schüler schließlich wie eine Erlösung. Draußen stehen Mitarbeiter des Rettungsdienstes und der Notfallseelsorge bereit, um die Jugendlichen zu betreuen. Ärztlich versorgt werden muss zum Glück niemand. I Mehr Bilder vom Einsatz unter