Siedler bauten die Villa Stein für Stein ab
vorsorglich angeordnet wurde, die Arbeiten von Archäologen begleiten zu lassen. Aus Sicht der Geschichtshüter völlig zu Recht, wie sich zeigte: So wurden die Reste des einstigen römischen Herrenhauses entdeckt. Allerdings erst nach einiger Zeit. Die Grabungen begannen im Osten des Grundstücks, die Fundstelle befindet sich im Nordwesten. Schicht für Sicht wurde der Boden abgetragen, schildert Archäologe Hopfenzitz die Vorgehensweise. „Solange bis man auf den Grund stößt, oder auf historische Befunde.“Zunächst hieß es an der Vöhlinstraße jedoch: Fehlanzeige.
Zwei Drittel des Baugeländes seien frei von historischen Spuren, so Hopfenzitz. Doch das letzte Drittel hatte es in sich: „Auf einmal ging es los“, sagt der Archäologe. Verfärbungen im Boden hätten darauf hingedeutet, dass dort einst Menschen bestattet worden sein könnten – so wie im Umfeld der heutigen Apothekerstraße, wo vor einigen Jahren jahrhundertealte Gräber entdeckt worden waren. Deshalb schauten Experten genauer hin. Sie hoben eine Grube mit einer Fläche von zehn mal zehn Metern aus und stießen dabei auf Anhaltspunkte für alte Baustrukturen – weitaus betagtere als der Bauernhof, der dort einst stand. Zum Vorschein kamen Ziegelsteine aus römischer Zeit, Tonscherben sowie Teile von Mauern und von einem Fußbodenbelag. Die geschulten Augen erkannten: Es handelte sich um eine Badeanlage aus römischer Zeit. Diese konnte durch warme Luft beheizt werden, über Hohlräume im Boden und in den Wänden (genannt: Hypokaustum). Das Ganze gehörte wohl zu einer „Villa Rustica“, einem Landgut. Solche wurden damals oft von altgedienten Soldaten der römischen Armee bewohnt und bewirtschaftet. Die Anlage könnte sich nach vorliegenden Erkenntnissen wohl einst über eine Fläche von drei bis vier Hektar erstreckt haben. Weitere Teile des Anwesens, das aus dem 2. oder 3. Jahrhundert (nach Christus) stammen soll, werden daher den Häusern in der Nachbarschaft vermutet, hieß es.
Es wurden lediglich Reste gefunden, betont Hopfenzitz, und nicht etwa komplette Strukturen. Denn nach den Römern hatten sich wohl frühmittelalterliche Siedler über die Gebäude hergemacht und sie Stein für Stein abgebaut. Mutmaßlich zugunsten eigener Vorhaben, sagt Hopfenzitz. Die Region sei arm an natürlichen Steinvorkommen.
Neben dem Badehaus wurden auch Spuren eines Brunnens gefundie den. Jener könnte die Anlage einst mit Frischwasser gespeist haben. Und die Scherben stammen möglicherweise aus dem Tafelgeschirr der Villenbewohner.
Zudem wurden neun Bestattungsstellen offengelegt. Die Knochen kommen nun in die anthropologische Sammlung des Freistaats, Beigaben wie etwa Schmuck wurden nicht gefunden. Die Gräber könnten jünger sein, als die Villa, hieß es.
Als einmalig im Landkreis bezeichnet Kreisarchäologe Richard Ambs den Fund des alten Bades: „So etwas haben wir nicht einmal in Kellmünz“, sagt er mit Blick auf den archäologischen Park Caelius Mons. Geht es nach Ambs, dann sollen die Erkenntnisse aus den Illertisser Grabungen demnächst in historischen Beiträgen veröffentlicht werden. Diese Dokumentationen werden die einzigen sichtbaren Spuren der Fundstelle bleiben. Sie wird nun mit Erde bedeckt, das dort geplante Bauprojekt dann umgesetzt.
Die Investoren müssen die Grabungen laut Gesetz bezahlen – grundsätzlich bis zu einer Summe von 15 Prozent der Baukosten, war zu erfahren. Man rechne mit einem „mittleren fünfstelligen Betrag“, sagt Ralf Kropf, einer der beiden Unternehmer. Die Ausgaben seien nicht eingeplant gewesen. „Aber ändern können wir das auch nicht.“Beim Kauf des Grundstücks habe man die Information erhalten, dass „kein Denkmalschutz“bestehe. Um den Boden war es dabei offensichtlich nicht gegangen.