Leitartikel
Der Kanzlerkandidat will sich und die SPD in eine neue Große Koalition retten. Dem demokratischen Wettstreit täte eine starke Opposition ganz gut
Wie schön, dass Martin Schulz trotz der trostlosen Umfragewerte seinen Humor offenbar noch nicht verloren hat. Wie anders ließe sich jenes Angebot erklären, das der SPDSpitzenkandidat der Kanzlerin unterbreitet hat: „Wenn Frau Merkel in mein Kabinett eintreten will, kann sie das gerne als Vizekanzlerin tun.“Diese Bemerkung kann nicht ernst gemeint gewesen sein – es sei denn, es handelte sich um einen ungewöhnlichen Fall von Realitätsverweigerung. Denn es müsste ja in den wenigen Tagen bis zur Wahl schon ein politisches Wunder geschehen, damit die SPD die nahe bei 40 Prozent liegende Union noch überholen und die Kanzlerin aus dem Sattel heben kann.
Es stimmt: Wahlkämpfe werden heutzutage auf den letzten Metern entschieden, und in Stein gemeißelt ist der große Vorsprung der CDU/ CSU nicht. Doch so, wie die Dinge zur Stunde liegen, ist das Rennen um das Kanzleramt gelaufen und das Wahlziel der SPD, stärkste Kraft zu werden, glatt verfehlt. Dass Schulz bis zur letzten Minute kämpft und rackert und seinen Anspruch auf das Kanzleramt bekräftigt, ist er sich, seiner Partei und seinen Wählern schuldig. Noch hat er ja die Chance, das Steinbrück-Ergebnis (25,7 Prozent) zu verbessern. Sein Wenn-ich-Kanzler-binMantra mag inzwischen lächerlich wirken, sein teils mit populistischen Tönen garniertes Themen-Hopping nach Verzweiflung und Ratlosigkeit klingen. Aber Schulz muss, auch wenn er Merkel nicht zu fassen kriegt, weiter auf Sieg spielen – und sei es nur, um die Stammkundschaft nicht zu entmutigen und an die Wahlurnen zu bringen.
In Wahrheit geht es für die SPD nur noch darum, sich mit einem passablen Resultat die Tür für eine neue Große Koalition offenzuhalten. Es ist die einzige realistische Regierungsoption, die man noch hat. Oder glaubt jemand im Ernst daran, dass sich eine rot-rot-grüne, regierungsfähige Mehrheit finden lässt? Schulz und Gabriel haben – im Gegensatz zu Steinbrück – nie ausgeschlossen, mit Merkel am Kabinettstisch zu sitzen. Sie würden gerne mitregieren. Deshalb heißt die eigentliche Botschaft, die im „Angebot“an Merkel steckte: Ja, wir machen im Ernstfall wieder mit. Lieber weiter Juniorpartner als Opposition. Die „roten Linien“, die Schulz als Bedingungen skizzierte, sind nicht so kräftig gemalt, als dass sie sich nicht schwarz-rot einfärben ließen. Man kennt sich und versteht sich, wie auch das TV-Duell gezeigt hat. Daraus folgt: Wenn sich Schwarz-Gelb (ein Bündnis der erfahrenen Kanzlerin mit dem zum kleinen deutschen Macron stilisierten FDP-Chef Lindner) oder Schwarz-Grün (wofür sich Merkel ebenfalls erwärmen könnte) nicht rechnen und „Jamaika“wegen der Differenzen zwischen FDP, Grünen und CSU nicht zu Stuhle kommt, spätestens dann kommt die SPD ins Spiel. Die Basis der Partei hat keine Lust mehr auf GroKo. Aber sie wird wohl, sofern Schulz ein Wahldebakel verhindert, noch einmal in den sauren Apfel beißen.
Die Große Koalition hat passabel gearbeitet; eine Neuauflage ist kein Unglück für dieses Land. Trotzdem wäre es um des demokratischen Wettstreits willen gut, wenn sich wieder eine handlungsfähige Mehrheit für eine „kleine“Koalition fände und der Regierung eine starke Opposition gegenüberstünde. Dann gibt es klarere Verantwortlichkeiten und Alternativen, was die Demokratie lebendiger und übersichtlicher macht.
Die Deutschen mögen große, auf Konsens abonnierte Regierungsmehrheiten der breiten Mitte. Warum auch nicht; das Land ist meist gut damit gefahren. Sollte den Wählern nun jedoch der Sinn nach weniger „Konsens“stehen, so können sie sich diesen Wunsch am 24. September erfüllen. Zu „Wie gerecht ist unser Steuersystem?“(Politik extra) vom 9. September: Als steuerlicher Laie kann ich nicht beurteilen, ob es sinnvoll ist, den Soli abzuschaffen oder nicht.
Als steuerlicher Laie kann ich jedoch sehr wohl beurteilen, dass um mich herum die Preise steigen, die steuerlichen Frei- bzw. Pauschbeträge aber nicht, z. B. Arbeitnehmer-Pauschbetrag unverändert seit 2011. Fahrtkosten 0,30 Euro pro Entfernungskilometer unverändert seit 2004. Freibeträge bei der Erbschaftsteuer unverändert seit 2009.
Ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit und zur Förderung des Mittelstandes – von dem wir letztendlich alle abhängen – wäre es, die steuerlichen Frei- und Pauschbeträge an die Inflationsrate anzupassen. Wir wissen alle, dass Fahrtkosten, Energie und alles, was Immobilien betrifft, sich deutlich verteuert haben. Das wird steuerlich aber nicht berücksichtigt, der Gesetzgeber schafft ein Gesetz mit einem Eurobetrag, letzterer wird aber nicht an die Preissteigerung gekoppelt. Warum? Eine Aufgabe für die neue Regierung.
Friedberg Zu „Türkei warnt vor Deutschland Reisen“(Seite 1) vom 11. September: Wann fängt Deutschland bzw. die EU – der „freie Westen“schlechthin – endlich mal an, solch dämliches Treiben der derzeitigen türkischen Regierung wie jüngst wieder mit der Reisewarnung für Deutschland völlig zu ignorieren? Sollten unsere Politiker nicht viel mehr endlich mal beginnen, „Nägel mit Köpfen zu machen“und die EU-Beitrittsverhandlungen mit Erdogan und seinen Vasallen für endgültig beendet zu erklären? Dem Tun und Treiben der derzeitigen türkischen Regierung sollte mit Nichtachtung begegnet und ihnen schon längst mal unser völlig freidemokratisches Handeln deutlich gemacht werden.
Wertingen Zu „Wie eine Region die Energiewende anpackt“(Wirtschaft) vom 8. September: Der Energiehunger unserer Industriegesellschaft hat unweigerlich Veränderungen in der Landschaft zur Folge. Biogasanlagen führen zu Monokulturen mit Mais- und Rapsanbau und hohem Flächenverbrauch. Der Umwandlungswirkungsgrad der Energiepflanzen von Sonnenenergie in chemische Energie liegt bei einigen Prozent, selbst eine Photovoltaikanlage mit mäßigen Umwandlungswirkungsgraden um die 15 Prozent könnte die gleiche Leistung auf etwa einem Zehntel der Fläche erreichen. Außerdem stehen Biogasanlagen immer in Konkurrenz mit der Nahrungsmittelerzeugung.
Windkraftanlagen verändern das Landschaftsbild, genauso wie Photovoltaikanlagen, Wasserkraftanlagen erfordern Veränderungen im Flusslauf. Trotzdem erzeugten die genannten erneuerbaren Energien im Jahr 2016 einen Anteil von 31,7 Prozent des Strombedarfs in Deutschland, und dafür war Bioenergie ein wichtiger Anteil, weil Biogasanlagen als Einzige ihre Energie gesteuert und abrufbar abgeben können. Und das wird auch weiter so bleiben, bis wir Strom kostengünstig speichern können. Zu „Die Digitalisierung des Körpers hat begonnen“(Wochenend Journal: Wissen) vom 9. September: Ein Mikrochip unter der Haut ist an sich nichts Neues. Bei Tieren ist das schon länger üblich. Nun ist dieses Verfahren allerdings bei Menschen in Prüfung.
Für Bibelkenner ist das keine Überraschung. So wird in der Offenbarung nach Johannes, Kap.13, von einem Herrscher in der Endzeit (in dieser leben wir bereits) berichtet, der die Menschen dazu bringt, dass ihnen ein „Malzeichen“an der rechten Hand oder der Stirn angebracht wird. In diesem Malzeichen bzw. Chip ist die Zahl 666 gespeichert, welche identisch mit dem Namen dieses Herrschers ist. Nur wer diese Zahl vorweisen kann, ist in der Lage, etwas zu kaufen oder zu verkaufen. Klingt utopisch, ist es aber nicht. Dieser Herrscher wird als Antichrist, also der Gegenspieler von Jesus Christus, bezeichnet. Fazit: Die Bibel hat doch recht!
Wertingen Zu „Ungarn will weiter keine Flüchtlinge aufnehmen“(Seite 1) vom 7. September: Ungarn hat mit seinem 800 Millionen Euro teuren Grenzzaun mehr zur Eindämmung des Flüchtlingsstroms erreicht, als der Flüchtlingsdeal mit Erdogan für Milliarden von Euro je erreichen wird. Ob das Geld im vorgesehenen Maße den Flüchtlingen zugutekommt, bezweifle ich komplett. Um aber die Beitrittsverhandlungen zwischen der Türkei und der EU zu stoppen, bedarf es der Einstimmigkeit aller Mitgliedstaaten, um Ungarn & Co. Flüchtlinge zuzuweisen, reicht eine einfache Mehrheit. Mir scheint, die Geschäfte mit der Türkei bringen einfach mehr Profit als die Geschäfte mit Ungarn & Co.!
Biessenhofen Zu „Viehlaster mit Rindern kippt in Kurve um“(Bayern) vom 12. September: Schlimm genug, dass ein Fahrer, der Tiere transportiert, viel zu schnell fährt, sodass er umkippt. Aber dass die Berichterstattung dann noch auf Kosten der Tiere ins Lächerliche gezogen wird, verstehe ich nicht. Es geht hier immerhin noch um Lebewesen. Dann noch zu schreiben, dass sie eingepfercht wurden und ihrer Bestimmung nach dem Schlachthof nicht entkommen konnten, hätte man sich an dieser Stelle auch sparen können. Eigentlich wäre interessanter gewesen, wie der Fahrer des Transporters belangt werden kann.
Biberbach