Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Der Kanzlerkan­didat will sich und die SPD in eine neue Große Koalition retten. Dem demokratis­chen Wettstreit täte eine starke Opposition ganz gut

- VON WALTER ROLLER ro@augsburger allgemeine.de

Wie schön, dass Martin Schulz trotz der trostlosen Umfragewer­te seinen Humor offenbar noch nicht verloren hat. Wie anders ließe sich jenes Angebot erklären, das der SPDSpitzen­kandidat der Kanzlerin unterbreit­et hat: „Wenn Frau Merkel in mein Kabinett eintreten will, kann sie das gerne als Vizekanzle­rin tun.“Diese Bemerkung kann nicht ernst gemeint gewesen sein – es sei denn, es handelte sich um einen ungewöhnli­chen Fall von Realitätsv­erweigerun­g. Denn es müsste ja in den wenigen Tagen bis zur Wahl schon ein politische­s Wunder geschehen, damit die SPD die nahe bei 40 Prozent liegende Union noch überholen und die Kanzlerin aus dem Sattel heben kann.

Es stimmt: Wahlkämpfe werden heutzutage auf den letzten Metern entschiede­n, und in Stein gemeißelt ist der große Vorsprung der CDU/ CSU nicht. Doch so, wie die Dinge zur Stunde liegen, ist das Rennen um das Kanzleramt gelaufen und das Wahlziel der SPD, stärkste Kraft zu werden, glatt verfehlt. Dass Schulz bis zur letzten Minute kämpft und rackert und seinen Anspruch auf das Kanzleramt bekräftigt, ist er sich, seiner Partei und seinen Wählern schuldig. Noch hat er ja die Chance, das Steinbrück-Ergebnis (25,7 Prozent) zu verbessern. Sein Wenn-ich-Kanzler-binMantra mag inzwischen lächerlich wirken, sein teils mit populistis­chen Tönen garniertes Themen-Hopping nach Verzweiflu­ng und Ratlosigke­it klingen. Aber Schulz muss, auch wenn er Merkel nicht zu fassen kriegt, weiter auf Sieg spielen – und sei es nur, um die Stammkunds­chaft nicht zu entmutigen und an die Wahlurnen zu bringen.

In Wahrheit geht es für die SPD nur noch darum, sich mit einem passablen Resultat die Tür für eine neue Große Koalition offenzuhal­ten. Es ist die einzige realistisc­he Regierungs­option, die man noch hat. Oder glaubt jemand im Ernst daran, dass sich eine rot-rot-grüne, regierungs­fähige Mehrheit finden lässt? Schulz und Gabriel haben – im Gegensatz zu Steinbrück – nie ausgeschlo­ssen, mit Merkel am Kabinettst­isch zu sitzen. Sie würden gerne mitregiere­n. Deshalb heißt die eigentlich­e Botschaft, die im „Angebot“an Merkel steckte: Ja, wir machen im Ernstfall wieder mit. Lieber weiter Juniorpart­ner als Opposition. Die „roten Linien“, die Schulz als Bedingunge­n skizzierte, sind nicht so kräftig gemalt, als dass sie sich nicht schwarz-rot einfärben ließen. Man kennt sich und versteht sich, wie auch das TV-Duell gezeigt hat. Daraus folgt: Wenn sich Schwarz-Gelb (ein Bündnis der erfahrenen Kanzlerin mit dem zum kleinen deutschen Macron stilisiert­en FDP-Chef Lindner) oder Schwarz-Grün (wofür sich Merkel ebenfalls erwärmen könnte) nicht rechnen und „Jamaika“wegen der Differenze­n zwischen FDP, Grünen und CSU nicht zu Stuhle kommt, spätestens dann kommt die SPD ins Spiel. Die Basis der Partei hat keine Lust mehr auf GroKo. Aber sie wird wohl, sofern Schulz ein Wahldebake­l verhindert, noch einmal in den sauren Apfel beißen.

Die Große Koalition hat passabel gearbeitet; eine Neuauflage ist kein Unglück für dieses Land. Trotzdem wäre es um des demokratis­chen Wettstreit­s willen gut, wenn sich wieder eine handlungsf­ähige Mehrheit für eine „kleine“Koalition fände und der Regierung eine starke Opposition gegenübers­tünde. Dann gibt es klarere Verantwort­lichkeiten und Alternativ­en, was die Demokratie lebendiger und übersichtl­icher macht.

Die Deutschen mögen große, auf Konsens abonnierte Regierungs­mehrheiten der breiten Mitte. Warum auch nicht; das Land ist meist gut damit gefahren. Sollte den Wählern nun jedoch der Sinn nach weniger „Konsens“stehen, so können sie sich diesen Wunsch am 24. September erfüllen. Zu „Wie gerecht ist unser Steuersyst­em?“(Politik extra) vom 9. September: Als steuerlich­er Laie kann ich nicht beurteilen, ob es sinnvoll ist, den Soli abzuschaff­en oder nicht.

Als steuerlich­er Laie kann ich jedoch sehr wohl beurteilen, dass um mich herum die Preise steigen, die steuerlich­en Frei- bzw. Pauschbetr­äge aber nicht, z. B. Arbeitnehm­er-Pauschbetr­ag unveränder­t seit 2011. Fahrtkoste­n 0,30 Euro pro Entfernung­skilometer unveränder­t seit 2004. Freibeträg­e bei der Erbschafts­teuer unveränder­t seit 2009.

Ein Beitrag zur sozialen Gerechtigk­eit und zur Förderung des Mittelstan­des – von dem wir letztendli­ch alle abhängen – wäre es, die steuerlich­en Frei- und Pauschbetr­äge an die Inflations­rate anzupassen. Wir wissen alle, dass Fahrtkoste­n, Energie und alles, was Immobilien betrifft, sich deutlich verteuert haben. Das wird steuerlich aber nicht berücksich­tigt, der Gesetzgebe­r schafft ein Gesetz mit einem Eurobetrag, letzterer wird aber nicht an die Preissteig­erung gekoppelt. Warum? Eine Aufgabe für die neue Regierung.

Friedberg Zu „Türkei warnt vor Deutschlan­d Reisen“(Seite 1) vom 11. September: Wann fängt Deutschlan­d bzw. die EU – der „freie Westen“schlechthi­n – endlich mal an, solch dämliches Treiben der derzeitige­n türkischen Regierung wie jüngst wieder mit der Reisewarnu­ng für Deutschlan­d völlig zu ignorieren? Sollten unsere Politiker nicht viel mehr endlich mal beginnen, „Nägel mit Köpfen zu machen“und die EU-Beitrittsv­erhandlung­en mit Erdogan und seinen Vasallen für endgültig beendet zu erklären? Dem Tun und Treiben der derzeitige­n türkischen Regierung sollte mit Nichtachtu­ng begegnet und ihnen schon längst mal unser völlig freidemokr­atisches Handeln deutlich gemacht werden.

Wertingen Zu „Wie eine Region die Energiewen­de anpackt“(Wirtschaft) vom 8. September: Der Energiehun­ger unserer Industrieg­esellschaf­t hat unweigerli­ch Veränderun­gen in der Landschaft zur Folge. Biogasanla­gen führen zu Monokultur­en mit Mais- und Rapsanbau und hohem Flächenver­brauch. Der Umwandlung­swirkungsg­rad der Energiepfl­anzen von Sonnenener­gie in chemische Energie liegt bei einigen Prozent, selbst eine Photovolta­ikanlage mit mäßigen Umwandlung­swirkungsg­raden um die 15 Prozent könnte die gleiche Leistung auf etwa einem Zehntel der Fläche erreichen. Außerdem stehen Biogasanla­gen immer in Konkurrenz mit der Nahrungsmi­ttelerzeug­ung.

Windkrafta­nlagen verändern das Landschaft­sbild, genauso wie Photovolta­ikanlagen, Wasserkraf­tanlagen erfordern Veränderun­gen im Flusslauf. Trotzdem erzeugten die genannten erneuerbar­en Energien im Jahr 2016 einen Anteil von 31,7 Prozent des Strombedar­fs in Deutschlan­d, und dafür war Bioenergie ein wichtiger Anteil, weil Biogasanla­gen als Einzige ihre Energie gesteuert und abrufbar abgeben können. Und das wird auch weiter so bleiben, bis wir Strom kostengüns­tig speichern können. Zu „Die Digitalisi­erung des Körpers hat begonnen“(Wochenend Journal: Wissen) vom 9. September: Ein Mikrochip unter der Haut ist an sich nichts Neues. Bei Tieren ist das schon länger üblich. Nun ist dieses Verfahren allerdings bei Menschen in Prüfung.

Für Bibelkenne­r ist das keine Überraschu­ng. So wird in der Offenbarun­g nach Johannes, Kap.13, von einem Herrscher in der Endzeit (in dieser leben wir bereits) berichtet, der die Menschen dazu bringt, dass ihnen ein „Malzeichen“an der rechten Hand oder der Stirn angebracht wird. In diesem Malzeichen bzw. Chip ist die Zahl 666 gespeicher­t, welche identisch mit dem Namen dieses Herrschers ist. Nur wer diese Zahl vorweisen kann, ist in der Lage, etwas zu kaufen oder zu verkaufen. Klingt utopisch, ist es aber nicht. Dieser Herrscher wird als Antichrist, also der Gegenspiel­er von Jesus Christus, bezeichnet. Fazit: Die Bibel hat doch recht!

Wertingen Zu „Ungarn will weiter keine Flüchtling­e aufnehmen“(Seite 1) vom 7. September: Ungarn hat mit seinem 800 Millionen Euro teuren Grenzzaun mehr zur Eindämmung des Flüchtling­sstroms erreicht, als der Flüchtling­sdeal mit Erdogan für Milliarden von Euro je erreichen wird. Ob das Geld im vorgesehen­en Maße den Flüchtling­en zugutekomm­t, bezweifle ich komplett. Um aber die Beitrittsv­erhandlung­en zwischen der Türkei und der EU zu stoppen, bedarf es der Einstimmig­keit aller Mitgliedst­aaten, um Ungarn & Co. Flüchtling­e zuzuweisen, reicht eine einfache Mehrheit. Mir scheint, die Geschäfte mit der Türkei bringen einfach mehr Profit als die Geschäfte mit Ungarn & Co.!

Biessenhof­en Zu „Viehlaster mit Rindern kippt in Kurve um“(Bayern) vom 12. September: Schlimm genug, dass ein Fahrer, der Tiere transporti­ert, viel zu schnell fährt, sodass er umkippt. Aber dass die Berichters­tattung dann noch auf Kosten der Tiere ins Lächerlich­e gezogen wird, verstehe ich nicht. Es geht hier immerhin noch um Lebewesen. Dann noch zu schreiben, dass sie eingepferc­ht wurden und ihrer Bestimmung nach dem Schlachtho­f nicht entkommen konnten, hätte man sich an dieser Stelle auch sparen können. Eigentlich wäre interessan­ter gewesen, wie der Fahrer des Transporte­rs belangt werden kann.

Biberbach

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