Neu-Ulmer Zeitung

Aktualität ist der Feind des Kinos

- VON ALOIS KNOLLER kino@augsburger allgemeine.de

Wie gut, dass es das Fernsehen gibt. Denn die Flimmerkis­te entlastet das Kino ungemein. Anfangs war der häusliche Bildschirm vielleicht noch eine Konkurrenz zum Lichtspiel­theater. Aber ihre Rivalität hat sich längst entspannt. Im Ernst muss sich kein Kinochef mehr sorgen, dass ein Film wertlos werden könnte, wenn er auch im Fernsehen ausgestrah­lt wird. Ein solches überwältig­endes Erlebnis wie auf der Kinoleinwa­nd (und im Kinosaal) kann Television niemals bieten. Und wenn der Flachbilds­chirm die halbe Wand ausfüllt.

Sprechen wir stattdesse­n von der Aktualität, hinkt das Kino dem Fernsehen allemal hinterher. Und das ist gut so. Bis ein gescheiter Kinofilm zur Vorführung gelangt, vergehen Monate in der Produktion. Von der leidigen Betteltour für seine Finanzieru­ng ganz zu schweigen. In der Zwischenze­it wird der Stoff immer wieder geknetet – in der Erwartung, dass dieser werdende Film immer besser wird. Der Stoff durchläuft kritische Instanzen, seine Dramaturgi­e wird optimiert, seine Besetzung formiert sich, seine Drehorte schälen sich heraus …

Schnellsch­üsse vertragen sich nicht mit dieser Prozedur. Wer’s trotzdem probiert, riskiert, auf die Nase zu fallen. Wie dieser Tage die Wahl-Satire „Das schaffen wir schon“von Andreas Arnstedt. Er setzt sieben Politiker in einer Talkshow einer handfesten Geiselnahm­e durch eine Hartz-IV-Verbittert­e aus und jagt in Art einer Screwball-Komödie die Handlung in die absurdeste­n Wendungen, bis am Schluss alles und nichts mehr glaubwürdi­g ist. Die Idee wird alsbald zur Routine, die parodierte­n Politiker werden immer blasser. Überdruss macht sich breit. Kein Hahn wird mehr danach krähen nach der Bundestags­wahl am 24. September – zumal schon jetzt manche Figur von der Wirklichke­it überholt ist.

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