Schröders Schmidt
Die Ex-SPD-Kanzler Helmut Schmidt und Gerhard Schröder galten nicht als beste Freunde. Jetzt hat Schröder für 18 000 Euro ein Porträt seines Vor-Vorgängers – geschaffen 1976 von dem Künstler Oskar Kokoschka – erworben. Es stammt aus dem Besitz von Schmidts letzter Lebensgefährtin Ruth Loah.
Wenn am Wahlsonntag die Balken steigen und verraten, wie viele Wähler nun für welche Partei gestimmt haben… Wer schaut da schon auf die rechte Seite der Skala? Der graue Balken ist unscheinbar. Vielleicht erwähnt ein Moderator, wie viele „Sonstige“gewählt haben – danach wird nicht mehr über die kleinsten Parteien gesprochen.
Eigentlich stehen Kandidaten von 42 Parteien zur Wahl. Dass aber zum Beispiel die V-Partei3 – die drei V stehen für Veränderung, Vegetarier und Veganer – in den Bundestag einzieht, gilt als ausgeschlossen. Trotzdem steht sie in zwölf Ländern, unter anderem in Bayern, auf dem Stimmzettel. Auch die Urbane, eine Hip-Hop-Partei, die es bisher nur in Berlin gibt, hat keine reale Chance. So geht es 35 Parteien, die nicht CDU, CSU, SPD, Linke, Grüne, FDP oder AfD heißen.
Warum treten sie dann an? „In aller Regel aus Idealismus“, sagt Michael Koß, Politikwissenschaftler von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Es gebe Ausnahmen. Doch grundsätzlich glaubten die Parteien, etwas bewirken zu können. Oft sind es Ein-ThemaParteien, die ihr Anliegen in die Öffentlichkeit rücken wollen. Bei einigen käme dazu vielleicht noch ein gewisser Narzissmus, ein Geltungsbedürfnis. „Das ist im Bundestag aber auch nicht anders.“
Eine der Ausnahmen sei etwa „Die Partei“– die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative. Die Satirepartei sei eher Marketing für „selbst ernannte Comedians im Allgemeinen und das Magazin Titanic im Besonderen“. Redakteure des Satireblattes haben sie 2004 gegründet, Vorsitzender ist der ehemalige Chefredakteur Martin Sonneborn. „Ich glaube, dass die Titanic damit ihre Verbreitung steigern konnte.“Viele Mitglieder arbeiten im Bereich Satire oder Comedy. Sie versuchen durch „Die Partei“bekannter zu werden und im Gespräch zu bleiben, schätzt Koß.
Doch über die Parteienfinanzierung winkt den Kandidaten eine Menge Geld. 2016 wurden insgesamt 160,5 Millionen Euro an die Parteien überwiesen. Die Großen im Bundestag erhielten den Löwenanteil von knapp 140 Millionen. An FDP und AfD, die bei der letzten Bundestagswahl knapp scheiterten, gingen noch einmal etwas mehr als 15 Millionen Euro (FDP: 9,2 Millionen, AfD: 6,1 Millionen).
Und auch der Rest ist ungleich verteilt. Mit Abstand vor den Kleinsten folgten 2016 Freie Wähler (1,6 Millionen), NPD (1,1 Millionen), Piraten (800 000) und ÖDP (800 000). Zehn weitere Parteien erhielten kleinere Beträge, das Schlusslicht bildete die von der Tierschutzpartei abgespaltene Tierschutzallianz mit knapp 3000 Euro.
Wie Koß zusammenfasst: „Wenn man vergleicht, was man reinsteckt und was man herausbekommt … Es gibt einfachere Wege, um an Geld zu kommen.“Denn um überhaupt staatliche Förderungen zu bekommen, müssen einige Hürden genommen werden. Bei einer Landtagswahl sind ein Prozent der Stimmen nötig, bei einer Europa- oder Bundestagswahl sind es 0,5 Prozent. Und eine Partei kann maximal so viel Steuergeld erhalten, wie sie selbst erwirtschaftet hat. Sie kann also höchstens zu 50 Prozent vom Staat finanziert werden.
Für die ersten vier Millionen Stimmen gibt es dann einen Euro, für jede weitere 85 Cent. Koß sagt: „Die stehen nicht im Regen, wenn sie das halbe Prozent bei einer Bundestagswahl erreichen. Aber das fällt ja auch nicht vom Himmel.“Viele Parteien gehen daher komplett leer aus, auch wenn sie eine Menge Arbeit in ihren Wahlkampf stecken.
Sollten wir uns die kleinen Parteien merken? „Nee, ich glaube nicht“, antwortet der Experte. Zwar gebe es kleine Parteien, die sich über Jahre halten. Doch dass eine davon in den nächsten Jahren im großen politischen Betrieb mitmischen kann, glaubt er nicht. „Ich sehe da aktuell keine weitere Nische.“
Für eine grundlegende Veränderung der politischen Großwetterlage gib es keine Anzeichen: Dennoch, die Forschungsgruppe Wahlen hat in ihrem Politbarometer ermittelt, dass sich die Stimmung für die Unionsparteien spürbar eingetrübt hat. Auf die Sonntagsfrage projiziert ergibt sich folgendes Bild: CDU/CSU verlieren zwei Prozentpunkte und landen bei 36 Prozent, die SPD erreicht 23 Prozent (+1).
Der Vierkampf um Platz drei bleibt spannend. Kopf an Kopf liegen danach derzeit FDP und AfD mit jeweils 10 Prozent (beide +1). Unverändert 9 bzw. 8 Prozent werden für Grüne und Linke ermittelt. Das bedeutet, dass derzeit neben der Großen Koalition nur noch ein Jamaika-Bündnis, sprich ein Bündnis aus CDU/CSU, Grünen und FDP, eine klare Mehrheit hat.
Kaum eine politische Talkrunde kommt ohne die Feststellung aus, dass die Wahl erstens langweilig, weil zweitens längst entschieden ist. Dies allerdings glauben erstaunliche 41 Prozent der Befragten nicht. Gleichzeitig wächst der Anteil derer, die die Wahl als Richtungsentscheidung wahrnehmen. 57 Prozent sagten, dass es einen großen Unterschied mache, wer regiert. Erstmals seit 2007 ist diese Gruppe wieder in der Mehrheit. (ska)