Nicht nur schön ist lecker
Erste Supermärkte bieten Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern an. Äpfel mit fleckiger Schale zum Beispiel, unförmig, klein. „Wie herrlich natürlich, welch neue Vielfalt!“– Solche Reaktionen vieler Verbraucher wirken scheinheilig, kommen Zahlen ins Spiel.
Laut einer WWF-Studie landen in Deutschland jedes Jahr jeweils 1,5 Millionen Tonnen Obst und Gemüse im Müll. Nicht, weil sie verdorben sind, sondern, weil sie nicht oder nicht mehr appetitlich aussehen. Auch beim Einkauf lässt sich ein Großteil der Verbraucher allzu schnell beeinflussen von Obst-Idealen. Etwa, weil EU-Normen Äpfel kategorisieren: Klasse extra, Klasse I, Klasse II. Viele gewinnen so den Eindruck, ein Apfel zweiter Klasse sei weniger lecker – und greifen zur Vorzeige-Frucht. Dabei erfüllen Klasse II-Äpfel alle Qualitätsstandards. Nur fehlt vielleicht der Stiel.
Das vorherrschende Kaufverhalten bringt Händler dazu, makellose Ware bereitzustellen. Weil er nichts will, über das sich der Kunde beschweren könnte. So kommt noch immer zu viel Obst und Gemüse gar nicht im Supermarkt an. Ein Teil der Ernte bleibt unterm Baum liegen oder wird aussortiert.
Auch alte Apfelsorten haben es aus diesen Gründen nach wie vor schwer. Nicht, dass die Bäume stets unansehnliche Früchte tragen, mitnichten. Doch auch sie sind den Anforderungen des Marktes ausgesetzt – und bisher nicht massentauglich. Verbraucher fordern Vielfalt und damit die Freiheit der Entscheidung. Diese müssen sie aber auch gewissenhaft nutzen.