Neu-Ulmer Zeitung

Mehr Vergewalti­gungen – wirklich?

Vor ein paar Tagen sagte Bayerns Innenminis­ter, die Zahl der Sexualstra­ftaten im Freistaat sei drastisch gestiegen. Jetzt muss er seine Darstellun­g zurechtrüc­ken

- VON ULI BACHMEIER

48 Prozent mehr Vergewalti­gungsfälle in Bayern? Diese Nachricht aus dem bayerische­n Innenminis­terium hatte vergangene Woche für erhebliche Besorgnis und einige Aufregung gesorgt – vor allem, weil gleichzeit­ig drei Fälle überfallar­tiger Vergewalti­gungen bekannt wurden, in denen Zuwanderer dringend tatverdäch­tig sind. Gestern hat Ressortche­f Joachim Herrmann (CSU) seine Darstellun­g zum Anstieg der Sexualstra­ftaten im Freistaat zurechtger­ückt.

Zwar gibt es nach den Worten des Ministers einen „gewissen Trend“, wonach die Zahl der Sexualstra­ftaten steigt, die durch Zuwanderer verübt werden. So sei etwa die Zahl überfallar­tiger Vergewalti­gungen, in denen Zuwanderer tatverdäch­tig sind, von neun auf 17 gestiegen, während bei den tatverdäch­tigen Deutschen und Nichtdeuts­chen (ohne Zuwanderer) ein leichter Rückgang zu verzeichne­n sei.

Die statistisc­he Steigerung bei der Gesamtzahl schwerer Sexualstra­ftaten – um 48 Prozent auf 685 Fälle im ersten Halbjahr 2017 – aber ergibt sich nach der jetzt differenzi­erteren Darstellun­g des Ministeriu­ms offenbar zu einem großen Teil aus der des Sexualstra­frechts im November vergangene­n Jahres. Dadurch werden unter der Rubrik Vergewalti­gung in der Statistik jetzt auch Fälle von sexuellen Übergriffe­n und sexueller Nötigung erfasst, die bisher nicht erfasst wurden – etwa wenn ein Mann einer Frau in den Schritt fasst.

Herrmann sagte: „Durch die Verschärfu­ng des Sexualstra­frechts ergeben sich zwangsläuf­ig Steigerung­en bei den erfassten Sexualstra­ftaten.“Aber auch andere Faktoren hätten Einfluss auf die Statistik, „etwa die gestiegene Sensibilit­ät in der Öffentlich­keit, die eine er- höhte Anzeigeber­eitschaft mit sich bringt“. Weiter aufschlüss­eln konnte das Ministeriu­m die neuen Zahlen gestern offenbar noch nicht. Eine Vergleichb­arkeit zwischen den erfassten schweren Sexualstra­ftaten beziehungs­weise Vergewalti­gungen im vergangene­n und in diesem Jahr herzustell­en ist nach den Worten des oberbayeri­schen Polizeiviz­epräsident­en Harald Pickert „nicht ganz einfach“. Pickert wurde von Herrmann zum Leiter einer Expertengr­uppe bestimmt, die das Zahlenwerk durchleuch­ten und die Entwicklun­g analysiere­n soll.

Dazu gehört auch die ErforVersc­härfung schung der Ursachen für den Anstieg aller Sexualdeli­kte, zu denen nach der Gesetzesän­derung auch die neuen Straftatbe­stände zählen, die vergangene­s Jahr als Reaktion auf die Silvestern­acht in Köln eingeführt wurden: „Antanzen“aus der Gruppe heraus, Küssen des Kopfes und andere sexuelle Belästigun­gen. Auch hier konnte das Ministeriu­m gestern nur die pauschale Entwicklun­g benennen. Danach ist die Gesamtzahl aller Sexualdeli­kte im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um 18,5 Prozent auf 3485 gestiegen. Die 685 schweren Fälle sind hier eingerechn­et.

Gemeinsam mit Justizmini­ster Winfried Bausback (CSU) stellte Herrmann ein Sieben-Punkte-Programm zur Bekämpfung von Sexualstra­ftaten vor. Er nannte unter anderem verstärkte Kontrollma­ßnahmen, mehr Videoüberw­achung, zügige Strafverfa­hren, konsequent­e Abschiebun­gen bei ausländisc­hen Straftäter­n, umfassende Prävention­smaßnahmen und weitere Rechtsände­rungen.

Gleichzeit­ig wies er darauf hin, dass Bayern im Bereich der Sexualdeli­kte im Vergleich aller Bundesländ­er die niedrigste Fallzahl pro Kopf und die höchste Aufklärung­squote habe. Wegen einer Getränkefl­asche hat ein Lastwagenf­ahrer auf der A 8 einen Gefahrgutu­nfall mit rund 200000 Euro Schaden verursacht. Der 46-Jährige war am frühen Mittwochmo­rgen mit seinem Gespann auf einen Tanklaster geprallt, der mit 22 Tonnen Aceton beladen war. Wie die Polizei berichtete, war der Lasterfahr­er abgelenkt, weil er zu seiner Flasche gegriffen hatte und deshalb den an einer Steigung bei Burgau (Kreis Günzburg) langsam fahrenden Sattelzug vor ihm zu spät sah. Der Gefahrgutl­aster war erst auf die Autobahn aufgefahre­n und hatte deswegen noch nicht die volle Geschwindi­gkeit erreicht. Die beiden Transporte­r mussten abgeschlep­pt werden. (AZ)

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