Mit ein paar Klicks zur passenden Partei?
Kurz vor der Bundestagswahl sind noch viele unentschlossen. Der Wahl-O-Mat soll bei der Entscheidung helfen. Doch wie funktioniert der Online-Selbsttest? Eine K!ar.Texterin hat es ausprobiert und ist von ihrem eigenen Ergebnis überrascht
Noch drei Mal schlafen, dann ist es soweit: Deutschland wählt einen neuen Bundestag. Doch wen soll ich wählen? Für was stehen die einzelnen Parteien? Und noch wichtiger: Für was stehe ich? Fragen über Fragen. Viele wissen noch nicht, bei wem sie in der Wahlkabine das Kreuz setzen werden. Den Entschluss abnehmen kann einem niemand, aber der sogenannte Wahl-O-Mat bietet eine Entscheidungshilfe.
Auf der Online-Plattform wird abgefragt, welchen politischen Aussagen der Nutzer zustimmt und welche er ablehnt. Daraus ermittelt die Software, mit welcher Partei die eigene Sichtweise übereinstimmt. Außerdem werden Materialien zu vergangenen Wahlen und sonstige wichtige Fakten zur Verfügung gestellt. Das offizielle Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) gibt es seit 2002. Mittlerweile haben über 50 Millionen Nutzer an dem Selbsttest teilgenommen.
Doch von wem und wie wird der Wahl-O-Mat erstellt? Eine Gruppe aus 20 bis 25 jungen Wählern im Alter von maximal 26 Jahren stellen gemeinsam mit Statistikern, Politikwissenschaftlern und anderen Experten, 80 Thesen zu großen Themen zusammen. Darunter: Aussagen zu Umwelt, Familie, Arbeit, Bildung oder Soziales.
Die Statements werden allen Parteien, die zur Wahl stehen, vorgelegt und sie bekommen drei Wochen Zeit, um ihre Positionen dazu zu erläutern. Anschließend sichtet ein Team aus Politikwissenschaftlern die Aussagen, die möglicherweise weils vier Auswahlmöglichkeiten hat: Entweder der Tester stimmt mit einer These überein, lehnt sie ab, ist neutraler Meinung oder überspringt diesen Bereich. Die Aussagen sind bunt gemischt und reichen von einer Obergrenze für Asyl, dem Tempolimit auf den Autobahnen, Fake News, Kindergeld, Legalisierung von Cannabis bis hin zur ökologischen Landwirtschaft.
Beim Umwelt- und Klimaschutz fällt es mir leicht, Positionen einzunehmen. Beim Umgang mit dem Solidaritätszuschlag oder der Befristung von Arbeitsverträgen komme ich zum Nachdenken. Themen, die mir wichtig erscheinen, kann ich doppelt markieren, bevor die Auswertung beginnt. Am Ende der rund fünf- bis zehnminütigen Befragung wähle ich bis zu acht Parteien aus, deren Parteiprogramm der Wahl-O-Mat die eigenen Angaben abgleicht.
Da sind alle eingetragenen Parteien vertreten: die Union, SPD und die Grünen sowie komplett unbekannte Parteien. Oder weiß jemand, wofür die Hip-Hop Partei, die Partei der Vernunft, die Bergpartei oder die Überpartei stehen? Diese sind eher wenigen bekannt. Zum Glück kann ich die Parteienauswahl beliebig oft zusammenstellen, ohne dass ich alle 38 Fragen beantworten muss.
Dann kommt das Ergebnis – und das überrascht nicht selten. Auch ich bin verwundert: Bei meiner Auswertung erstaunt mich, wie viel Alternative für Deutschland anscheinend in mir steckt. Für mich war schon vor dem Wahl-O-Mat klar: Öko-Parteien wie die Grünen oder die V3 Partei für Vernunft, Vegetarier und Veganer stehen bei mir an oberster Stelle. Das ergab auch der Online-Test. Aber die fast 30-Prozent-Übereinstimmung mit der Alternative für Deutschland wundern mich schon.
Da ist es optimal, alle 38 Thesen nochmals einzusehen. Dieses Mal mit den eigenen Angaben und denen der ausgewählten Parteien. So zeigt sich, dass meine scheinbar hohe Zustimmung zur AfD daher rührt, dass ich für den Ausstieg aus der Braunkohle bin. Das Ergebnis zeigt also weniger meine Gesinnung, als die Widersprüchlichkeit der AfD in manchen Bereichen.
Schwierig ist, dass der Prozentsatz insgesamt nicht 100 ergibt. So unterscheiden sich die Parteien mimit nimal – da fällt die Entscheidung nicht arg viel leichter. Letztendlich muss man sich selbst ausgiebig mit den Zielen der einzelnen Parteien beschäftigen.
Doch der Wahl-O-Mat hat viele Vorteile: Das Programm gibt einen Überblick über die Parteien, die zur Wahl stehen. Zudem ist der Selbsttest, der sein Ergebnis begründet, hilfreich für die eigene Wahlentscheidung.
Fazit: Es lohnt sich, der Onlineplattform einen Besuch abzustatten, denn nach wie vor gilt deren Motto „Du hast die Wahl“– und das in drei Tagen. O
Der aktuelle Wahl O Mat zur Bundestagswahl ist im Internet un ter www.wahl o mat de/bundestags wahl2017 zu finden.