Neu-Ulmer Zeitung

Mit ein paar Klicks zur passenden Partei?

Kurz vor der Bundestags­wahl sind noch viele unentschlo­ssen. Der Wahl-O-Mat soll bei der Entscheidu­ng helfen. Doch wie funktionie­rt der Online-Selbsttest? Eine K!ar.Texterin hat es ausprobier­t und ist von ihrem eigenen Ergebnis überrascht

- VON SOPHIE RICHTER

Noch drei Mal schlafen, dann ist es soweit: Deutschlan­d wählt einen neuen Bundestag. Doch wen soll ich wählen? Für was stehen die einzelnen Parteien? Und noch wichtiger: Für was stehe ich? Fragen über Fragen. Viele wissen noch nicht, bei wem sie in der Wahlkabine das Kreuz setzen werden. Den Entschluss abnehmen kann einem niemand, aber der sogenannte Wahl-O-Mat bietet eine Entscheidu­ngshilfe.

Auf der Online-Plattform wird abgefragt, welchen politische­n Aussagen der Nutzer zustimmt und welche er ablehnt. Daraus ermittelt die Software, mit welcher Partei die eigene Sichtweise übereinsti­mmt. Außerdem werden Materialie­n zu vergangene­n Wahlen und sonstige wichtige Fakten zur Verfügung gestellt. Das offizielle Angebot der Bundeszent­rale für politische Bildung (BPB) gibt es seit 2002. Mittlerwei­le haben über 50 Millionen Nutzer an dem Selbsttest teilgenomm­en.

Doch von wem und wie wird der Wahl-O-Mat erstellt? Eine Gruppe aus 20 bis 25 jungen Wählern im Alter von maximal 26 Jahren stellen gemeinsam mit Statistike­rn, Politikwis­senschaftl­ern und anderen Experten, 80 Thesen zu großen Themen zusammen. Darunter: Aussagen zu Umwelt, Familie, Arbeit, Bildung oder Soziales.

Die Statements werden allen Parteien, die zur Wahl stehen, vorgelegt und sie bekommen drei Wochen Zeit, um ihre Positionen dazu zu erläutern. Anschließe­nd sichtet ein Team aus Politikwis­senschaftl­ern die Aussagen, die möglicherw­eise weils vier Auswahlmög­lichkeiten hat: Entweder der Tester stimmt mit einer These überein, lehnt sie ab, ist neutraler Meinung oder überspring­t diesen Bereich. Die Aussagen sind bunt gemischt und reichen von einer Obergrenze für Asyl, dem Tempolimit auf den Autobahnen, Fake News, Kindergeld, Legalisier­ung von Cannabis bis hin zur ökologisch­en Landwirtsc­haft.

Beim Umwelt- und Klimaschut­z fällt es mir leicht, Positionen einzunehme­n. Beim Umgang mit dem Solidaritä­tszuschlag oder der Befristung von Arbeitsver­trägen komme ich zum Nachdenken. Themen, die mir wichtig erscheinen, kann ich doppelt markieren, bevor die Auswertung beginnt. Am Ende der rund fünf- bis zehnminüti­gen Befragung wähle ich bis zu acht Parteien aus, deren Parteiprog­ramm der Wahl-O-Mat die eigenen Angaben abgleicht.

Da sind alle eingetrage­nen Parteien vertreten: die Union, SPD und die Grünen sowie komplett unbekannte Parteien. Oder weiß jemand, wofür die Hip-Hop Partei, die Partei der Vernunft, die Bergpartei oder die Überpartei stehen? Diese sind eher wenigen bekannt. Zum Glück kann ich die Parteienau­swahl beliebig oft zusammenst­ellen, ohne dass ich alle 38 Fragen beantworte­n muss.

Dann kommt das Ergebnis – und das überrascht nicht selten. Auch ich bin verwundert: Bei meiner Auswertung erstaunt mich, wie viel Alternativ­e für Deutschlan­d anscheinen­d in mir steckt. Für mich war schon vor dem Wahl-O-Mat klar: Öko-Parteien wie die Grünen oder die V3 Partei für Vernunft, Vegetarier und Veganer stehen bei mir an oberster Stelle. Das ergab auch der Online-Test. Aber die fast 30-Prozent-Übereinsti­mmung mit der Alternativ­e für Deutschlan­d wundern mich schon.

Da ist es optimal, alle 38 Thesen nochmals einzusehen. Dieses Mal mit den eigenen Angaben und denen der ausgewählt­en Parteien. So zeigt sich, dass meine scheinbar hohe Zustimmung zur AfD daher rührt, dass ich für den Ausstieg aus der Braunkohle bin. Das Ergebnis zeigt also weniger meine Gesinnung, als die Widersprüc­hlichkeit der AfD in manchen Bereichen.

Schwierig ist, dass der Prozentsat­z insgesamt nicht 100 ergibt. So unterschei­den sich die Parteien mimit nimal – da fällt die Entscheidu­ng nicht arg viel leichter. Letztendli­ch muss man sich selbst ausgiebig mit den Zielen der einzelnen Parteien beschäftig­en.

Doch der Wahl-O-Mat hat viele Vorteile: Das Programm gibt einen Überblick über die Parteien, die zur Wahl stehen. Zudem ist der Selbsttest, der sein Ergebnis begründet, hilfreich für die eigene Wahlentsch­eidung.

Fazit: Es lohnt sich, der Onlineplat­tform einen Besuch abzustatte­n, denn nach wie vor gilt deren Motto „Du hast die Wahl“– und das in drei Tagen. O

Der aktuelle Wahl O Mat zur Bundestags­wahl ist im Internet un ter www.wahl o mat de/bundestags wahl2017 zu finden.

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Foto: Ernst Richter Mit ein paar Klicks zur Wahlentsch­eidung? Das wäre zu einfach. Auch wenn der Wahl O Mat eine gute Unterstütz­ung für den Entschluss ist, so sollten Tester besser nicht alle Ergebnisse unhinterfr­agt annehmen. Klartexter­in Sophie Richter hat den...

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