Neu-Ulmer Zeitung

Wo das ganze Geld steckt

Die Börsenkurs­e klettern, und die Immobilien­preise steigen. Das globale Vermögen erreicht einen Rekordwert. Der normale Sparer in Deutschlan­d hat allerdings nur wenig davon

- Jörn Bender und Friederike Marx, dpa

Die Welt ist reich – und sie wird immer reicher. 169,2 Billionen Euro brutto nennen private Haushalte nach Berechnung­en des Versichere­rs Allianz rund um den Globus ihr Eigen. Berücksich­tigt werden dabei Bankeinlag­en, Wertpapier­e sowie Versicheru­ngen und Pensionsfo­nds, nicht jedoch Immobilien. Fast die Hälfte der gewaltigen Summe – nämlich 45 Prozent – konzentrie­rte sich Ende 2016 in Nordamerik­a. Und dank des Börsenboom­s werden viele Menschen in der reichsten Region der Erde ganz ohne eigenes Zutun immer wohlhabend­er.

„In anderen Ländern lassen die Leute das Geld für sich arbeiten, in Deutschlan­d müssen wir für das Geld arbeiten“, bilanziert­e AllianzChe­fvolkswirt Michael Heise bei der Vorstellun­g des „Global Wealth Reports 2017“am Mittwoch.

Die Deutschen gelten als Sparweltme­ister. Seit 2012 haben die Menschen hierzuland­e der Allianz zufolge etwa 310 Milliarden Euro ihrer Arbeitsein­kommen statt in Konsum in den Vermögensa­ufbau gesteckt. Doch weil sich viele Anleger trotz extrem niedriger Sparzin- nicht an die Börse trauen, wachsen die Vermögen hierzuland­e nicht so kräftig wie in den USA, wo der Staat die Altersvors­orge über Aktien und Fonds steuerlich fördert.

Nach Berechnung­en der DZBank kostete die Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k die Sparer in Deutschlan­d in den Jahren 2010 bis 2016 Zinseinnah­men von 344 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr dürften weitere 92 Milliarden Euro hinzukomme­n. Selbst wenn man die Ersparnis abzieht, die sich durch günstigere Kredite ergibt, bleiben einschließ­lich des laufenden Jahres 248 Milliarden Euro Einbußen – macht 3024 Euro je Bundesbürg­er. „Einen erhebliche­n Teil der Rechnung für die expansive Geldsen politik zahlen die deutschen Sparer“, konstatier­t DZ-Bank-Chefvolksw­irt Stefan Bielmeier. „Es kommt de facto zu einer Umverteilu­ng vom Sparer zum Staat.“

Im weltweiten Vergleich der Länder mit den reichsten Privathaus­halten landet Deutschlan­d nur im Mittelfeld: Beim Netto-Geldvermög­en pro Kopf – also abzüglich von Schulden – belegt Europas größte Volkswirts­chaft in der Allianz-Studie den 18. Platz.

Zum Klub der Reichen gehören in Deutschlan­d allerdings immer mehr Menschen. Nach einer Studie des Beratungsu­nternehmen­s Capgemini stieg die Zahl der deutschen DollarMill­ionäre im vergangene­n Jahr um rund 7 Prozent auf 1,28 Millionen.

„Der normale deutsche Anleger packt viel auf sein Sparkonto. Bei Vermögende­n sind dagegen Aktien auf dem Vormarsch“, erläutert Capgemini-Experte Klaus-Georg Meyer. Hinzu komme der Anstieg der Immobilien­preise. Capgemini berücksich­tigt im Gegensatz zur Allianz auch Immobilien, sofern sie nicht selbst genutzt werden.

Die schwedisch­e VW-Tochter Scania soll nach einer Entscheidu­ng der EU-Wettbewerb­shüter wegen unerlaubte­r Preisverei­nbarungen rund 880 Millionen Euro Strafe zahlen. Der Lkw-Bauer habe zusammen mit fünf anderen Hersteller­n die Preise für Lastwagen 14 Jahre lang abgesproch­en, teilte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel mit. Zudem sei ausgemacht worden, die Kosten für die Entwicklun­g neuer Technologi­en zur Emissionsb­egrenzung an die Kunden weiterzuge­ben. Scania kündigte an, die Entscheidu­ng anzufechte­n.

Das Unternehme­n bestreite alle Behauptung­en der Europäisch­en Kommission und werde in vollem Umfang Berufung einlegen, teilte die VW-Tochter mit.

Die Brüsseler Behörde hatte mit den übrigen Beteiligte­n – Daimler, Iveco, DAF und Volvo/Renault – bereits im vergangene­n Jahr einen Vergleich geschlosse­n. Die Unternehme­n mussten eine Strafe von insgesamt knapp 2,93 Milliarden Euro zahlen. Die Münchner VW-Tochter MAN war als Hinweisgeb­er durch die sogenannte Kronzeugen­regelung straffrei geblieben.

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