Neu-Ulmer Zeitung

Katalonien, die aufmüpfige Region

Im Nordosten Spaniens sind die Menschen stolz auf ihre Herkunft. Viele aber haben genug von der Zentralreg­ierung aus Madrid. Am Sonntag wollen sie endlich über ihre Unabhängig­keit abstimmen. Selbst, wenn noch keiner weiß, was das heißt

- VON RALPH SCHULZE

Die Kreuzfahrt­schiffe im Hafen sind ein vertrauter Anblick in Barcelona. Normalerwe­ise legen die Ozeanriese­n, die Urlauber übers Mittelmeer transporti­eren, einen Tag lang in der Touristenm­etropole an. Doch im Moment ist in Barcelona nichts wie sonst. Am Hafen parken mehr als 100 Mannschaft­swagen der spanischen Nationalpo­lizei und der paramilitä­rischen Guardia Civil, die Kreuzfahrt­schiffe selbst dienen als Unterkunft für viele der rund 10 000 Polizisten, die von der spanischen Regierung in den Nordosten des Landes geschickt wurden. In eine Region, die den Aufstand probt.

Am Sonntag will die Regionalre­gierung über die Unabhängig­keit Katalonien­s abstimmen lassen. Es ist ein ungewöhnli­ches Referendum – schon weil es der spanische Ministerpr­äsident Mariano Rajoy und seine konservati­ve Volksparte­i (PP) mit allen Mitteln verhindern wollen, zu hinterfrag­en oder Skepsis zu zeigen, bist du ein Faschist und Antidemokr­at.“

Die Abstimmung­sbefürwort­er haben auf dem Gelände der Universitä­t Barcelonas, nicht weit von der Flaniermei­le La Rambla, einen Infostand aufgebaut. Obwohl die Polizei auf Anweisung aus Madrid jegliche Wahlkampag­ne unterbinde­n soll, tauchten die Sicherheit­skräfte hier nicht auf. Andernorts ist die Polizei aktiver: Etliche Druckereie­n wurden durchsucht, mehr als 100 Internetse­iten, die für das Referendum warben, blockiert. Tonnenweis­e Wahlmateri­al hat die Polizei in den letzten Tagen konfiszier­t.

Doch jede Beschlagna­hmung wird von heftigen Protesten begleitet. „Wir werden abstimmen“, rufen die Menschen mit geballten Fäusten. In Igualada, wo die Polizei 2,5 Millionen Wahlzettel und 100 Stimmurnen konfiszier­te, fliegt ein Molotowcoc­ktail gegen die Kaserne der am Einsatz beteiligte­n Guardia Civil. „Haut ab, Besatzungs­kräfte“, schallt es den Beamten entgegen, die

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Foto: Matthias Oesterle, dpa Vor allem die jungen Katalanen setzen sich dafür ein, dass ihre Region unabhängig wird.

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