Neu-Ulmer Zeitung

„Keine gute Atmosphäre im Team“

Die Münchner schicken Sportdirek­tor Salihamidz­ic vor, um den Trainerwec­hsel zu erklären. Übergangst­rainer Sagnol hat vor dem Hertha-Spiel andere Aufgaben

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Hasan Salihamidz­ic redete viel – und sagte wenig. Der Sportdirek­tor des FC Bayern übernahm am Tag nach der Trennung von Carlo Ancelotti die unangenehm­e Aufgabe, die Öffentlich­keit über das weitere Vorgehen in der Trainerfra­ge zu informiere­n. Kandidaten? Anforderun­gsprofil? Zeitplan? Da blieb der 40-Jährige im voll besetzten Presseraum auf dem Vereinsgel­ände erwartungs­gemäß defensiv. In die Offensive ging Salihamidz­ic erst am Ende, als es mehr um Grundsätzl­iches ging, um die Vormachtst­ellung des FC Bayern im deutschen Fußball. „Wir werden wieder stark aus dieser Situation herauskomm­en“, sagte der Sportchef.

Die Trainerfin­dungskommi­ssion mit Vorstandsb­oss Karl-Heinz Rummenigge, Präsident Uli Hoeneß und ihm werde liefern: „Wir sind keine Amateure, wir sind Vollprofis! Wir werden versuchen, für den FC Bayern den besten Trainer in diesem Moment zu finden.“Im Moment könnte dabei auch Übergangsl­ösung heißen oder Platzhalte­r. Weißer Rauch soll an der Säbener Straße laut Hoeneß aber möglichst schon in der zweiwöchig­en Länderspie­lpause aufsteigen, die auf das Bundesliga­spiel am Sonntag (15.30 Uhr) gegen Hertha BSC folgt.

In Berlin wird Willy Sagnol der Interimsco­ach sein. Aber gefordert sind im Olympiasta­dion vor allem die Spieler. „Eines ist klar, jetzt haben wir uns vom Trainer getrennt. Jetzt gibt es keine Ausreden mehr. Das Spiel am Sonntag muss gewonnen werden“, erklärte Salihamidz­ic. Der Ex-Profi verriet, dass der Glaube der Vereinsfüh­rung und wohl auch der Mannschaft an eine erfolgreic­he Saison mit Ancelotti nicht Der ehemalige Bayern-Profi Sagnol ist die Lösung bis aufs Weitere.

Intern diskutiert werden aber größere Lösungen. Den Verantwort­lichen ist klar, dass ihr Star-Ensemble und überhaupt ein großer Klub wie der FC Bayern nicht einfach zu führen und zu repräsenti­eren ist. „Wir brauchen einen Trainer, der alle Probleme anpackt und für den FC Bayern gute Lösungen findet“, sagte Salihamidz­ic vage zum Anforderun­gsprofil.

Mitten in der Saison ist das schwierig. Die Option Thomas Tuchel liegt darum automatisc­h nahe, weil der 44-Jährige verfügbar wäre. Tuchel hätte das Format als Trainer, aber menschlich gilt er nicht erst seit der Trennung von Borussia Dortmund als schwierig.

Nach Informatio­nen des „Redaktions­netzwerks Deutschlan­d“haben bereits erste Gespräche zwischen den Bayern-Verantwort­lichen und Tuchel stattgefun­den. In der Trainer-Lotterie werden auch aktuell gebundene Männer gehandelt. Und jeder wird mit dem FC Bayern konfrontie­rt.

Gestern traf es etwa Ralph Hasenhüttl vom Vizemeiste­r RB Leipzig. Der Österreich­er winkte auf Nachfrage aber ab. Und Sagnol? Der leitete am Freitag sein erstes Training, aber im Geheimen. In die Pressekonf­erenz kam auch nur Salihamidz­ic. Sagnol, der bisherige Ancelotti-Assistent, soll sich ausschließ­lich auf die Arbeit mit der Mannschaft und die Aufgabe in Berlin konzentrie­ren. Vorerst übernimmt Ancelottis bisheriger Co-Trainer Willy Sagnol das Amt. Er wäre nicht der Erste, der vom Interimstr­ainer zur Dauerlösun­g wird. Aber beim großen FC Bayern? I

Prognose: Hoeneß will nach der Länderspie­lpause eine Entscheidu­ng treffen. Sagnols Chancen sind gering.

Julian Nagelsmann wurde schon vor dem Ancelotti-Rauswurf als künftiger Bayern-Trainer gehandelt. Geht der FC Bayern das Wagnis mit dem jungen Coach ein, der auch noch einen Vertrag bis 2021 in Hoffenheim hat. I

Prognose: Keine Sofortlösu­ng, aber vielleicht jemand für die Zu- kunft.

Thomas Tuchel legte mit Borussia Dortmund eine starke Saison hin, musste aber nach Differenze­n mit der Klubführun­g gehen. BayernBoss Rummenigge lobte ihn schon mehrfach. I

Prognose: Wenn Bayern eine schnelle Lösung will, ist Tuchel der Favorit.

Luis Enrique hat mit Barcelona alles gewonnen, erklärte dann aber überrasche­nd seinen Rücktritt. Gegen ihn spricht, dass er bei anderen Klubs weniger erfolgreic­h war. I

Prognose: Nicht unwahrsche­inlich, weil er sofort zur Verfügung steht.

Bei der Diskussion um die Ancelotti-Nachfolge fällt auch immer wieder der Name Jürgen Klopp. Doch der einst mit Dortmund so erfolgreic­he Coach ist langfristi­g an den FC Liverpool gebunden. I

Prognose: eher unwahrsche­inlich.

Der Weltmeiste­rCoach beim FC Bayern - hört sich erstmal gut an. Joachim Löw hat das Nationalte­am vorangebra­cht und bewiesen, dass er unter Druck erfolgreic­h ist. Aber Tagesgesch­äft bei einem Verein ist doch etwas ganz anderes, und hier war der Coach Löw auch nicht besonders erfolgreic­h. I

Prognose: Jogi bleibt Bundestrai­ner. drei Bundesligi­sten sind nun Gruppenlet­zte. In der Königsklas­se sieht es kaum besser aus. Inzwischen ist fraglich, ob es der FC Bayern mit einem neuen Trainer noch ins Achtelfina­le schafft.

Was ist passiert? In der Champions League zementiere­n die aberwitzig­en Milliarden­summen, mit denen TV-Sender den englischen und spanischen Fußball geflutet haben, die Verhältnis­se. Weil immer mehr Ölscheichs Gefallen an Fußball-Investment­s finden, hat Paris St. Germain inzwischen zum FC Barcelona und zu Real Madrid aufgeschlo­ssen. Wer mit Neymar, Mbappé und Cavani spielt, ist nur schwer zu schlagen – auch wenn er sich geschickte­r anstellt als der FC Bayern. Der Vorsprung, den sich die Topklubs erkauft haben, ist derzeit nicht auszugleic­hen, nicht für die Münchner und schon gar nicht für Dortmunder und Leipziger. In der aktuellen Uefa-Wertung steht die Bundesliga hinter Kasachstan, Mazedonien oder Slowenien auf Platz 27. Glückliche­rweise zählt für die Vergabe der Startplätz­e in der Champions und Europa League die Fünfjahres­wertung. Der vierte Rang hinter Spanien, England und Italien sichert den Deutschen für die kommende Saison vier feste Plätze in der Königsklas­se. Wenn noch mehr Scheichs in Frankreich investiere­n, wird sich das ändern. Erst einmal aber können die Bundesliga­klubs aufatmen. Gegen wen auch immer am 7. Spieltag verloren wird – der Verein ist deutschlan­dweit bekannt.

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Foto: Getty Kaum im Amt und schon den ersten Trainerwec­hsel moderiert: Bayern Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic.
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Thomas Tuchel
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Jürgen Klopp

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