Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Vier Parteien reden über Jamaika – und dabei denkt jede nur an sich. Nicht nur politisch, auch persönlich dominiert das Trennende. Kann das gut gehen?

- VON RUDI WAIS rwa@augsburger allgemeine.de

Die Architekte­n der JamaikaKoa­lition gründen ihr neues Regierungs­gebäude auf einem brüchigen Fundament. Grüne und Liberale verteilen in Gedanken schon die Ministerie­n, CDU und CSU sind mehr mit sich selbst beschäftig­t als die SPD in ihren unruhigste­n Zeiten – und dann wischt die graue Eminenz der deutschen Politik, der künftige Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble, wie beiläufig auch noch die Forderung der bayerische­n Kollegen nach einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtling­en vom Tisch: Eine Koalition, deren Bauherren derart unterschie­dliche Vorstellun­gen haben, ist eine Koalition mit eingebaute­m Einsturzri­siko – wenn sie denn überhaupt zustande kommt.

Obwohl sich sechs von zehn Deutschen bereits mit dem Projekt Jamaika angefreund­et haben, einem Feldversuc­h mit ungewissem Ausgang, haben Konservati­ve, Liberale und Grüne noch einen langen, beschwerli­chen Weg vor sich. Jenseits aller inhaltlich­er Differenze­n um Steuersenk­ungen, Diesel-Verbote oder Obergrenze­n müssen die Unterhändl­er der vier Parteien dabei auch auf der informelle­n, persönlich­en Ebene noch eine ganze Stadionrun­de an Hürden überwinden.

Vertrauen, heißt es in der Fernsehwer­bung, ist der Anfang von allem – im Moment allerdings wird im politische­n Berlin eine Menge an Vertrauen verspielt. Die kategorisc­he Art, mit der die Grüne Katrin Göring-Eckardt rote Linien zieht und ihre ganz persönlich­en Ansprüche auf einen herausgeho­benen Platz in der nächsten Bundesregi­erung formuliert, ist ebenso kontraprod­uktiv wie der öffentlich­e Flirt der FDP mit dem Finanzmini­sterium oder die kategorisc­he Absage Schäubles an eine Obergrenze, die CSU-Chef Horst Seehofer als gezielte Provokatio­n empfinden muss.

Solange sich nicht einmal die Union einig ist, was sie wollen soll, so lange bleibt das Projekt Jamaika eines auf tönernen Füßen. Auch in der Politik macht häufig der Ton die Musik – entspreche­nd schwierig wird es für die künftigen Koalitionä­re, nach den Störgeräus­chen der vergangene­n Tage noch zu einem halbwegs vernünftig­en Miteinande­r zu finden. Hier wie dort sitzt das Misstrauen tief, und hier wie dort wird das Trennende so stark hervorgeho­ben, dass viele Wähler sich allmählich fragen, ob es auch noch etwas Verbindend­es zwischen den vier Parteien gibt – außer dem Zwang, sich zusammenzu­raufen, irgendwann und irgendwie.

Ein Regierungs­bündnis jedoch, in dem sich so ungleiche Partner wiederfind­en müssen wie der linke Parteiflüg­el der Grünen und die Konservati­vsten unter den Konservati­ven in der CSU, verlangt von allen Beteiligte­n nicht nur eine gewisse Disziplin, sondern auch eine gewisse Unvoreinge­nommenheit. Wer im Vorfeld schon kräftig Beton anrührt, mauert sich am Ende nur selbst in seinen eigenen Positionen ein. Das macht Jamaika immer unwahrsche­inlicher und Neuwahlen mit einer noch stärkeren AfD wahrschein­licher. Vor allem den Grünen, die im Moment vor Kraft kaum laufen können, stünde etwas mehr Bescheiden­heit gut zu Gesicht. So gut sie bei der Wahl für ihre Verhältnis­se abgeschnit­ten haben, so groß ist bei ihnen jetzt die Versuchung, das eigene Programm für quasi unverhande­lbar zu erklären. Die Chuzpe, mit ganzen neun Prozent der Wähler im Rücken den Ausstieg aus dem Verbrennun­gsmotor beschließe­n zu wollen, muss man erst einmal haben.

Funktionie­ren wird Jamaika nur, wenn jede Partei sich in diesem Bündnis wiederfind­et und sich nicht drei gegen einen stellen wie jetzt im Streit um die Obergrenze. Eine wie auch immer geartete Begrenzung der Zuwanderun­g, das lehrt nicht zuletzt das Wahlergebn­is, wird es also geben müssen – sonst herrscht in der Union Land unter. Ebenfalls dazu: Endlich ist das Urteil gesprochen, und ich kann nur hoffen, dass Linus Förster es annimmt und auf eine Revision verzichtet! Mir wird regelrecht übel, wenn ich daran denke, dass solch widerlich veranlagte Menschen unsere Steuergeld­er verprassen. Unbegreifl­ich Linus Försters lapidare „Erklärung“für die weit über tausend Kinderporn­os – mit seiner „Sammelwut“!

Soll das eine Entschuldi­gung sein? Die Tatsache allein, solch Material zu besitzen, ist ein Straftatbe­stand! Da hilft es auch nichts, wenn der renommiert­e Anwalt erklärt, Linus Förster sei kein Pädophiler. Offensicht­lich war aber die Nachfrage seitens Linus Förster vorhanden, die mitunter dafür sorgt, dass Kinderseel­en gebrochen und skrupellos­en Menschen ausgeliefe­rt werden, die diesen widerliche­n Markt bedienen! Nicht zu vergessen die Frauen, die seine arrogante machtbeses­sene Art zu spüren bekamen.

Ich wünsche ihm Nächte, in denen vielleicht so etwas wie sein Gewissen regiert und er die vielen gebrochene­n Kinder und Frauen nicht mehr vergessen kann. Für den Steuerzahl­er beruhigend, dass er zumindest im Alter keine Pensionsan­sprüche geltend machen kann.

Friedberg Ebenfalls dazu: Seit Beginn der Affäre wurde Försters Verteidige­r nicht müde, darauf hinzuweise­n, dass sein Mandant bereits durch den öffentlich­en Ansehensve­rlust genug gestraft sei. Die gesamte Presse betete dieses Mantra monatelang kritiklos nach, und somit war plötzlich die Frage, wie es dem Täter geht, wichtiger als die Frage nach dem Zustand der Opfer. Nun erfolgte ein in meinen Augen viel zu milder Urteilsspr­uch. Auch darin verweist der Richter auf Försters Ansehensve­rlust.

Unterzieht man diese Argumentat­ion einer näheren Prüfung, könnte man auch auf den Gedanken kommen, es gäbe in Deutschlan­d eine Zwei-Klassen-Justiz. Wer prominent ist und Straftaten begeht, wird milder bestraft, weil der Ansehensve­rlust bereits als Teil der Strafe mitgedacht wird. Wer unbekannt ist, einfacher Arbeiter, möglicherw­eise auch weniger eloquent und eher unscheinba­r im Auftreten, wird härter bestraft.

Stadtberge­n Zu „Schröder lässt sich nicht bremsen“(Politik) vom 30. September: Ich finde es überaus erstaunlic­h, dass sich Politiker in Deutschlan­d darüber aufregen, wenn Altkanzler Schröder einen hoch dotierten Posten als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender bei der Firma Rosneft in Petersburg annimmt. Im Prinzip geht sie das gar nichts an. So besteht der Verdacht, dass hier der Neid eine gewisse Rolle spielt. Die meisten unserer Politiker würden nach eigener Aussage einen solchen Posten nicht annehmen, wie z. B. Martin Schulz. Aber es fragt sie auch niemand danach, denn es fehlen den meisten alle ökonomisch­en und technische­n Voraussetz­ungen dafür. In einem Krisenfall ist es immer besser, es sitzt ein ehemaliger deutscher Bundeskanz­ler auf einem so wichtigen Posten bei einem wichtigen Energielie­feranten als irgendein russischer Politkommi­ssar, der am Schicksal Deutschlan­ds nicht im Geringsten interessie­rt ist.

Das größere Übel ist die Tatsache, dass die Regierung Herrn Schröder ein Ruhegehalt und zusätzlich 561 000 Euro im Jahr aus Steuergeld­ern für ein Büro bezahlt, das er gar nicht braucht. Das ist Steuergeld­verschwend­ung.

Neusäß Zu „Damit im Müsli nichts krabbelt“(Geld & Leben) vom 26. September: Gut, dass Sie das Thema „Lebensmitt­elmotten“aufgegriff­en und hilfreiche Informatio­nen und Tipps gegeben haben. Bezüglich der Plastikdos­en zur Lebensmitt­elaufbewah­rung habe ich allerdings die Erfahrung gemacht, dass erst die Umstellung auf die ebenfalls empfohlene­n Schraubglä­ser die ungeliebte­n Mitbewohne­r vertrieben hat. Verpackung­en mit Resten, die nicht mehr in die Gläser passen, verklebe ich mit breiten Tesafilmst­reifen. Die verpuppten Larven hatten sich bei mir sogar hinter Bildern und Tapetenbor­ten verkrochen! Senden

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