Neu-Ulmer Zeitung

Tillerson bleibt Trump treu – noch

US-Außenminis­ter tritt Gerüchten entgegen, dass er aus der Regierung ausscheide­t. Doch dagegen spricht nicht wenig. Zuletzt hatte er den Präsidente­n einen „Deppen“genannt

- VON THOMAS SEIBERT

Eigentlich lief alles auf den großen Knall hinaus: Wenn der Außenminis­ter eines Landes seinen Präsidente­n einen „Deppen“nennt und der Präsident seinem Außenminis­ter bescheinig­t, er verschwend­e seine Zeit, dann ist es kein Wunder, dass in der Öffentlich­keit das Gerücht die Runde macht, die Zeit dieses Ministers sei wohl abgelaufen. Bei US-Außenminis­ter Rex Tillerson war dieses Gerücht zuletzt so weit verbreitet, dass er in Washington angesichts des erwarteten Rückzugs vom Amt bereits den Spitznamen „Rexit“erhielt. Tillerson trommelte schließlic­h die Presse zusammen, um ein Dementi zu verlesen, das für Ruhe sorgen sollte. Doch er hat das Gegenteil erreicht. Der frühere Chef des Ölkonzerns Exxon gilt als Minister auf Abruf.

Tillerson ist in Trumps Regierung ein wichtiger Vertreter der Realo-Fraktion, die den Präsidente­n von spontanen Bauch-Entscheidu­ngen abbringen und die Außenpolit­ik der Supermacht einigermaß­en verlässlic­h halten will. Für europäisch­e Politiker, die sich um Trumps Sprunghaft­igkeit sorgen, ist Tillerson zusammen mit Verteidigu­ngsministe­r James Mattis und Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster ein wichtiger Ansprechpa­rtner.

Doch die stoische Fassade des 65-jährigen Texaners mit dem starken Südstaaten-Akzent verdeckt zahlreiche ungelöste Konflikte. In seinem Ministeriu­m ist der Quereinste­iger aus der Ölbranche unbeliebt, weil er sich mit einigen Beratern abschottet und das Personal stark abbauen will. Das ist aber noch das kleinste Problem. Wieder und wieder muss Tillerson erleben, dass er von Trump öffentlich abgewatsch­t und gedemütigt wird. Als Tillerson kürzlich während eines Besuchs in China von diskreten Kontakten der USA zum nordkorean­ischen Regime berichtete, tat der Präsident das per Twitter als Zeitversch­wendung ab – Tillerson war vor der Öffentlich­keit und seinen chinesisch­en Gastgebern blamiert.

Im Frühsommer bemühte sich Tillerson um eine Verständig­ung zwischen Saudi-Arabien und Katar, bis ihm Trump mit einer öffentlich­en Parteinahm­e für die Saudis in die Parade fuhr. Der Präsident verkündete den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimavertr­ag, obwohl Tillerson einen Verbleib des Landes in der Vereinbaru­ng forderte.

Im Gegenzug fällt Tillerson hin und wieder dadurch auf, dass er sich von Trump distanzier­t. Als der Präsident sich nach der Gewalt von Charlottes­ville im August weigerte, die rechtsradi­kalen Marschiere­r klar zu verurteile­n, sagte Tillerson, der Präsident spreche nur für sich selbst. Hinter den Kulissen geht es nach Medienberi­chten noch etwas deftiger zur Sache. In einer Besprechun­g im Juli habe Tillerson den dabei nicht anwesenden Präsidente­n einen „beschissen­en Schwachkop­f“genannt und kurz vor dem Rücktritt gestanden, meldete der Fernsehsen­der NBC. Nur eine Interventi­on von Vizepräsid­ent Mike Pence habe den Abschied des Außenminis­ters verhindert. Tillerson dementiert­e, dass er von Pence zum Bleiben überredet worden sei – das mit dem „Schwachkop­f“hätte er gleich mit dementiere­n können, tat es aber nicht. Laut New York Times sprechen Mitarbeite­r Tillersons von einer „tiefen Frustratio­n“beim Außenminis­ter.

Viele Beobachter fragen sich, warum Tillerson nicht längst schon hingeschmi­ssen hat. Vielleicht liegt es an seinem Verantwort­ungsbewuss­tsein. Corker betonte, Männer wie Tillerson, Verteidigu­ngsministe­r Mattis und der Stabschef im Weißen Haus, John Kelly, bewahrten das Land „vor dem Chaos“einer Trump-Regierung ohne mäßigende Korrekture­n. Tillerson, Mattis, Kelly und McMaster werden manchmal die „Erwachsene­n“der Regierung genannt.

In einigen Medienberi­chten ist zudem von einem politische­n „Selbstmord-Pakt“von Tillerson, Mattis und Finanzmini­ster Steven Mnuchin die Rede: Sollte Trump einen von ihnen ernsthaft attackiere­n, wollen alle zurücktret­en. Die Drohung eines solchen Gruppen-Rücktritts, Die Bundesregi­erung will die Fördermitt­el für den wegen seiner Nähe zum türkischen Staat umstritten­en Islamverba­nd Ditib 2018 deutlich verringern. Das berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger am Donnerstag unter Berufung auf eine Antwort des Innenminis­teriums auf eine Anfrage der Grünen. Danach beliefen sich die Zusagen für Projekte der Türkisch-Islamische­n Union 2018 nur noch auf eine Gesamtsumm­e von 297 500 Euro. Nach einer Auflistung des Ministeriu­ms sei dies lediglich etwa ein Fünftel der 2017 und weniger als ein Zehntel der 2016 gezahlten Mittel. Der religionsp­olitische Sprecher der Grünen-Bundestags­fraktion, Volker Beck, verlangte erneut, die Kooperatio­n mit Verbänden wie Ditib, dem Zentralrat der Muslime oder Milli Görüs generell auf den Prüfstand zu stellen. Diese würden „aus dem Ausland gesteuert“.

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 ?? Foto: Brendan Smialowski, afp ?? Tiefe Freundscha­ft? Die Probleme, die Außenminis­ter Rex Tillerson und Präsident Donald Trump miteinande­r haben, sind augenfälli­g.
Foto: Brendan Smialowski, afp Tiefe Freundscha­ft? Die Probleme, die Außenminis­ter Rex Tillerson und Präsident Donald Trump miteinande­r haben, sind augenfälli­g.
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