Auf neuen Brücken in die Zukunft
Mit der Anbindung des Albabstiegstunnels wird begonnen
Wer längere Zeit nicht mehr von der Ludwig-Erhard-Brücke auf das Gleisfeld des Ulmer Hauptbahnhofs blickte, würde es derzeit nicht wiedererkennen. In strahlendem Weiß dominiert die fast fertige neue Straßenbahnbrücke. Ihr kleiner grauer Nachbar ist schon weiter: Seit Mittwoch fahren Züge aus Richtung Aalen über das StahlKonstrukt. Die alten Gleise machen nach Angaben der Bahn jetzt Platz für die Anbindung des Albabstiegstunnels und der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm an den Ulmer Hauptbahnhof. Der Bau der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm ist Teil des Bahnprojekts Stuttgart– Ulm.
„Für die Neubaustrecke ist damit ein wichtiger Meilenstein termingerecht erreicht“, wird Bahn-Projektleiter Stefan Kielbassa in einer Pressemitteilung zitiert. Nach dem Rückbau des alten Brenzbahngleises könne so das Trogbauwerk für die Neubaustrecke wieder ein Stück in Richtung der Bahnsteige des Ulmer Hauptbahnhofs verlängert werden. Die Montage der rund 55 Meter langen und 370 Tonnen schweren Stahlfachwerkbrücke begann, wie berichtet, im Februar diesen Jahres. Im Mai wurde der Stahlüberbau in seine Endposition über dem Trogbauwerk der Neubaustrecke eingeschoben und zuletzt das neue Gleis auf der Brücke verlegt. Nun, am langen Wochenende bis zum Tag der Deutschen Einheit am vergangenen Dienstag, wurden die Weichen eingebaut, die das neue Gleis an den Bestand anbinden und ein erster Bauabschnitt der neuen Abstellanlage im Nordkopf des Bahnhofs realisiert.
Für die Arbeiten mussten Bahnreisende auf der Brenzbahn (Aalen– Ulm) am langen Wochenende auf Busse umsteigen. Nun rollt der Verkehr auf neuer Strecke wieder planmäßig. Auch ansonsten scheint es beim Milliardenprojekt rundzulaufen: Zwei wichtige und weit kompliziertere Brückenbauten für das Bahnprojekt sind nach Angaben der Bahn im Zeit- und Kostenrahmen. Die knapp 350 Meter lange Neckarbrücke am Stuttgarter Zoo könne wie geplant bis Ende 2019 fertig werden. Auch die Kosten von rund 35 Millionen Euro könnten aller Voraussicht nach eingehalten werden. Auch die gut 480 Meter lange Filstalbrücke über der Autobahn 8 Stuttgart–München, ziemlich genau in der Mitte zwischen Stuttgart und Ulm, liege im Zeit- und Kostenrahmen. Die Fertigstellung im Jahr 2021 sei das Ziel – und das werde nach derzeitigem Stand erreicht. Der neue Bahnknoten Stuttgart 21 mit einem unterirdischen Hauptbahnhof und einer Neubaustrecke Richtung Ulm könne aber nicht vor Ende 2023 in Betrieb gehen. Ursprünglich sollte die Inbetriebnahme des Bahnprojekts Stuttgart–Ulm zum Fahrplanwechsel Ende 2021 erfolgen. Damit wären im Jahresfahrplan 2022 die ersten planmäßigen Züge durch den neu geordneten Bahnknoten und über die Neubaustrecke von Wendlingen am Neckar nach Ulm gefahren.
Weit früher, nämlich bereits Mitte kommenden Jahres, soll der auffällige Nachbar des Bahn-Bauwerks – die neue Straßenbahnbrücke – „betriebsbereit“sein, wie Bernd Jünke, Sprecher der Stadtwerke, sagte. Die 2500 Tonnen schwere Kienlesbergbrücke, die die Linie 2 über die Gleisanlagen der Bahn hinwegführt, hat kürzlich ihre endgültige Position erreicht. Die Hilfsstützen, die sie zuletzt 3,25 Meter über der endgültigen Position hielten, konnten abmontiert werden. Nun, so Jünke, beginnt die „Möblierung“der Brücke. So wird etwa eine 20 Zentimeter dicke Betonschicht aufgetragen, auf der später ein Gleistrog verläuft. Dann folgen die Asphaltierung des Rad- und Gehwegs, Geländer, Oberleitung, weitere Elektrik und schließlich Ausbesserungsarbeiten.
Die Tagesordnungspunkte haben so gruslige Titel wie „Verletzungen des Gehirns durch Explosionen“oder „Schussverletzung des zentralen Nervensystems“. Am Samstag, 7. Oktober, wird in Ulm eine Tagung von Neurochirurgen stattfinden. Die Veranstaltung widmet sich dem Vorgehen in der Versorgung von Terroropfern. „Auf die Besonderheiten der Versorgung von Terroropfern in großer Zahl können und müssen sich auch die Kliniken in Deutschland vorbereiten“, sagt Uwe Max Mauer, Tagungsleiter und Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurochirurgie am Bundeswehrkrankenhaus. Im Vergleich zur Versorgung von Verletzten in Kliniken aufgrund von Naturkatastrophen oder Großunfällen müssten bei der Versorgung von Verletzten bei Terroranschlägen weitere und weitergehende Grundsätze bis hin zum Eigenschutz eingehalten werden. Unter anderem spricht ein französischer Arzt über die medizinischen Erfahrungen aus den Anschlägen von Paris. Die deutschen Militärneurochirurgen seien es durch die Erfahrungen in Afghanistan und in anderen Krisenländern gewohnt, Terroropfer zu versorgen und sich in einem Umfeld mit einem erhöhten Terrorrisiko zu bewegen. Dies habe das Bundeswehrkrankenhaus zum Anlass genommen, das Treffen der süddeutschen Neurochirurgen der Versorgung von Terroropfern zu widmen. (az)