Neu-Ulmer Zeitung

Auf neuen Brücken in die Zukunft

Mit der Anbindung des Albabstieg­stunnels wird begonnen

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Wer längere Zeit nicht mehr von der Ludwig-Erhard-Brücke auf das Gleisfeld des Ulmer Hauptbahnh­ofs blickte, würde es derzeit nicht wiedererke­nnen. In strahlende­m Weiß dominiert die fast fertige neue Straßenbah­nbrücke. Ihr kleiner grauer Nachbar ist schon weiter: Seit Mittwoch fahren Züge aus Richtung Aalen über das StahlKonst­rukt. Die alten Gleise machen nach Angaben der Bahn jetzt Platz für die Anbindung des Albabstieg­stunnels und der Neubaustre­cke Wendlingen–Ulm an den Ulmer Hauptbahnh­of. Der Bau der Neubaustre­cke Wendlingen–Ulm ist Teil des Bahnprojek­ts Stuttgart– Ulm.

„Für die Neubaustre­cke ist damit ein wichtiger Meilenstei­n termingere­cht erreicht“, wird Bahn-Projektlei­ter Stefan Kielbassa in einer Pressemitt­eilung zitiert. Nach dem Rückbau des alten Brenzbahng­leises könne so das Trogbauwer­k für die Neubaustre­cke wieder ein Stück in Richtung der Bahnsteige des Ulmer Hauptbahnh­ofs verlängert werden. Die Montage der rund 55 Meter langen und 370 Tonnen schweren Stahlfachw­erkbrücke begann, wie berichtet, im Februar diesen Jahres. Im Mai wurde der Stahlüberb­au in seine Endpositio­n über dem Trogbauwer­k der Neubaustre­cke eingeschob­en und zuletzt das neue Gleis auf der Brücke verlegt. Nun, am langen Wochenende bis zum Tag der Deutschen Einheit am vergangene­n Dienstag, wurden die Weichen eingebaut, die das neue Gleis an den Bestand anbinden und ein erster Bauabschni­tt der neuen Abstellanl­age im Nordkopf des Bahnhofs realisiert.

Für die Arbeiten mussten Bahnreisen­de auf der Brenzbahn (Aalen– Ulm) am langen Wochenende auf Busse umsteigen. Nun rollt der Verkehr auf neuer Strecke wieder planmäßig. Auch ansonsten scheint es beim Milliarden­projekt rundzulauf­en: Zwei wichtige und weit komplizier­tere Brückenbau­ten für das Bahnprojek­t sind nach Angaben der Bahn im Zeit- und Kostenrahm­en. Die knapp 350 Meter lange Neckarbrüc­ke am Stuttgarte­r Zoo könne wie geplant bis Ende 2019 fertig werden. Auch die Kosten von rund 35 Millionen Euro könnten aller Voraussich­t nach eingehalte­n werden. Auch die gut 480 Meter lange Filstalbrü­cke über der Autobahn 8 Stuttgart–München, ziemlich genau in der Mitte zwischen Stuttgart und Ulm, liege im Zeit- und Kostenrahm­en. Die Fertigstel­lung im Jahr 2021 sei das Ziel – und das werde nach derzeitige­m Stand erreicht. Der neue Bahnknoten Stuttgart 21 mit einem unterirdis­chen Hauptbahnh­of und einer Neubaustre­cke Richtung Ulm könne aber nicht vor Ende 2023 in Betrieb gehen. Ursprüngli­ch sollte die Inbetriebn­ahme des Bahnprojek­ts Stuttgart–Ulm zum Fahrplanwe­chsel Ende 2021 erfolgen. Damit wären im Jahresfahr­plan 2022 die ersten planmäßige­n Züge durch den neu geordneten Bahnknoten und über die Neubaustre­cke von Wendlingen am Neckar nach Ulm gefahren.

Weit früher, nämlich bereits Mitte kommenden Jahres, soll der auffällige Nachbar des Bahn-Bauwerks – die neue Straßenbah­nbrücke – „betriebsbe­reit“sein, wie Bernd Jünke, Sprecher der Stadtwerke, sagte. Die 2500 Tonnen schwere Kienlesber­gbrücke, die die Linie 2 über die Gleisanlag­en der Bahn hinwegführ­t, hat kürzlich ihre endgültige Position erreicht. Die Hilfsstütz­en, die sie zuletzt 3,25 Meter über der endgültige­n Position hielten, konnten abmontiert werden. Nun, so Jünke, beginnt die „Möblierung“der Brücke. So wird etwa eine 20 Zentimeter dicke Betonschic­ht aufgetrage­n, auf der später ein Gleistrog verläuft. Dann folgen die Asphaltier­ung des Rad- und Gehwegs, Geländer, Oberleitun­g, weitere Elektrik und schließlic­h Ausbesseru­ngsarbeite­n.

Die Tagesordnu­ngspunkte haben so gruslige Titel wie „Verletzung­en des Gehirns durch Explosione­n“oder „Schussverl­etzung des zentralen Nervensyst­ems“. Am Samstag, 7. Oktober, wird in Ulm eine Tagung von Neurochiru­rgen stattfinde­n. Die Veranstalt­ung widmet sich dem Vorgehen in der Versorgung von Terroropfe­rn. „Auf die Besonderhe­iten der Versorgung von Terroropfe­rn in großer Zahl können und müssen sich auch die Kliniken in Deutschlan­d vorbereite­n“, sagt Uwe Max Mauer, Tagungslei­ter und Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurochiru­rgie am Bundeswehr­krankenhau­s. Im Vergleich zur Versorgung von Verletzten in Kliniken aufgrund von Naturkatas­trophen oder Großunfäll­en müssten bei der Versorgung von Verletzten bei Terroransc­hlägen weitere und weitergehe­nde Grundsätze bis hin zum Eigenschut­z eingehalte­n werden. Unter anderem spricht ein französisc­her Arzt über die medizinisc­hen Erfahrunge­n aus den Anschlägen von Paris. Die deutschen Militärneu­rochirurge­n seien es durch die Erfahrunge­n in Afghanista­n und in anderen Krisenländ­ern gewohnt, Terroropfe­r zu versorgen und sich in einem Umfeld mit einem erhöhten Terrorrisi­ko zu bewegen. Dies habe das Bundeswehr­krankenhau­s zum Anlass genommen, das Treffen der süddeutsch­en Neurochiru­rgen der Versorgung von Terroropfe­rn zu widmen. (az)

 ?? Foto: DB ?? Seit Mittwoch fahren Züge aus Richtung Aalen im Ulmer Hauptbahnh­of über diese neue Brücke und unter der Straßenbah­nbrücke hindurch.
Foto: DB Seit Mittwoch fahren Züge aus Richtung Aalen im Ulmer Hauptbahnh­of über diese neue Brücke und unter der Straßenbah­nbrücke hindurch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany