Neu-Ulmer Zeitung

Katastroph­en zum Hören

Wie kann Unsägliche­s gesagt werden? Diese Frage ist Teil einer Audioinsta­llation rund um Terror und Flugzeugun­glücke. Dass Bilder fehlen, gehört zum Konzept

- VON DORINA PASCHER

„Es ist ein schwarzer Tag“, „die Trauer ist grenzenlos“, „das Leid ist jetzt unermessli­ch“. Monoton klingen die Stimmen aus den Kopfhörern. Es sind unvollende­te Sätze, einzelne Wörter und viele Phrasen – und alle drehen sich um ein Thema. Katastroph­en, die das Jahr 2015 geprägt haben: Charlie Hebdo, Germanwing­s, die Anschläge in Brüssel. Die Fotografin Silke Schwarz kennt die Bilder dazu. Doch in ihrer Audioinsta­llation „Geteiltes Leid ist halbes Leid“, die seit gestern im Stadthaus Ulm zu hören ist, sind keine ihrer Fotografie­n zu sehen.

Das Fehlen der Bilder gehört zum Konzept, wie Projektlei­ter Tommi Brem sagt: „Mut zur weißen Wand.“Denn die Fotos existieren schon. Sie sind in unseren Köpfen. Nur wenige Wörter reichen – Terror, Anschlag, Absturz – und es entstehen Szenen in unserem Kopf: von bewaffnete­n Männern, Flugzeugwr­ackteilen, Menschen, die Kränze niederlege­n. Doch nicht nur die Vorstellun­gen gleichen sich. Auch die Sprache ähnelt sich immer wieder. Um das Unfassbare in Worte zu fassen, gebrauchen Politiker und Moderatore­n oft die selben Floskeln: „Und wir alle schauen fassungslo­s...“, „... in tiefe Trauer stürzt“, „Die Fahnen wehen morgen auf Halbmast“.

Die Aussagen beziehen sich auf kein konkretes Ereignis. Sie können genauso auf aktuelle Geschehnis­se

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Foto: Alexander Kaya Die gebürtige Neu Ulmerin Silke Schwarz (hinten rechts) ist eigentlich Fotografin. In ihrer Audioinsta­llation gehört das Fehlen der Bilder aber zum Konzept. (köd)

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