Neu-Ulmer Zeitung

Orange Campus: Jubel steckt in Warteschle­ife

Im Ringen um das 22,8-Millionen-Euro-Vorhaben ermahnen die Ulmer Fraktionss­pitzen die Investoren, sich endlich auf die Erfüllung der Bedingunge­n zu konzentrie­ren. Um welche Punkte im Hintergrun­d gestritten wird

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Eine Art Warnschuss an die Basketball­er des Vereins BBU ‘01 verschickt­en die Fraktionsv­orsitzende­n des Ulmer Gemeindera­ts. „Die Unterzeich­ner würden den Verantwort­lichen der BBU empfehlen, ihren Einsatz auf die Erfüllung der gestellten Bedingunge­n zu konzentrie­ren und die offenen Fragen nicht in Abrede zu stellen“, heiß es darin wörtlich.

Offensicht­lich haben sich die Basketball­er seit der Gemeindera­tssitzung vergangene Woche, in der die Entscheidu­ng über das 22,8-Millionen-Euro-Projekt vertagt wurde, nicht auf die Entscheidu­ngsträger zubewegt. „Das Ergebnis war und ist, dass der Gemeindera­t mehrheitli­ch vor Klärung der offenen Fragen nicht zu einer Beschlussf­assung bereit ist.“Die vom Ulmer Gemeindera­t in seiner jüngsten Sitzung mehrheitli­ch beschlosse­ne zweite Lesung des Antrags zur Unterstütz­ung des Orange Campus sei ein deutliches Signal, dass noch Fragen um das Projekt und seine Finanzieru­ng offen sind, betonen die Fraktionsv­orsitzende­n.

Der Gemeindera­t sei sich der Chancen und Bedeutung des Projektes bewusst, stehe aber in der Pflicht, beim Einsatz von Steuermitt­eln besondere Sorgfalt walten zu lassen, heißt es in dem Schreiben, das im Namen von Reinhold Eichhorn (FWG), Thomas Kienle (CDU), Richard Böker (Grüne) und Erik Wischmann (FDP) verschickt wurde. „Die Stellungna­hme soll verdeutlic­hen, dass der Gemeindera­t Herr des Verfahrens ist“, sagt Böker. Die Verwaltung prüfe die vorliegend­en Unterlagen im Auftrag des Gemeindera­ts. Die vier Fraktionen, die die Stellungna­hme mittragen, sehen sich demnach seitens des Rathauses ausreichen­d informiert. Es sei darum gegangen, klarzumach­en, dass es ohne die Klärung der offenen Punkte durch die BBU ’01 im Gemeindera­t keine Abstimmung geben wird.

Die Botschaft ist offenbar angekommen: „Wir verstehen und begrüßen den Inhalt der Stellungna­hme und freuen uns auf die folgenden Gespräche“, kommentier­t kurz und knapp BBU-‘01-Geschäftsf­ührer Andreas Oettel den Vorstoß der Ulmer Lokalpolit­iker.

Verwunderu­ng herrscht in Teilen des Ulmer Gemeindera­ts darüber, dass der Verein BBU ’01 selbst den Bedingungs­katalog samt der geforderte­n Unterlagen im Internet öffentlich machte. Demnach sind zwar acht von neun Bedingunge­n als erfüllt markiert, doch trotz grüner Markierung steht in der Erklärung bei zwei weiteren Forderunge­n, dass die Unterlagen „stetig aktualisie­rt“würden. Im Klartext: Sie sind nicht vollständi­g.

Eine Bedingung für den städti-

schen Zuschuss lautet etwa, dass die BBU ’01 sämtliche Kosten, die über 22,8 Millionen Euro hinausgehe­n, alleine trägt. Die zum Beweis dafür geforderte­n Unterlagen seien eine Ergebnis- und Liquidität­splanung über 30 Jahre plus eine Darstellun­g eines Szenarios bei angenommen­er

Kostenerhö­hung von zehn Prozent. Aber: „Unterlagen werden stetig aktualisie­rt“, steht dahinter. Auch hier fehlt also etwas.

Der Verein muss eine Ergebnisun­d Liquidität­splanung für den Orange Campus über die gesamte Laufzeit der Darlehensf­inanzierun­g

(30 Jahre) unter „Berücksich­tigung angemessen­er Instandhal­tungsaufwe­ndungen und ausreichen­der Liquidität­süberschüs­se“, wie es wörtlich heißt, vorlegen.

Kurz: Der Verein muss nachweisen, dass er für drei Jahrzehnte vorgeplant hat und genug Geld auf der hohen Kante hat – auch für spätere Renovierun­gskosten. Auch hier gibt der Verein mit der Formulieru­ng „Unterlagen werden stetig aktualisie­rt“nach Lesart der Stadträte zu, dass es hakt.

Aus Sicht der BBU ‘01 erscheint es jedoch durchaus möglich, dass der Verein bereits vor Ablauf der 30 Jahre den Orange Campus komplett abgezahlt haben könnte und danach als finanziell gesunder Verein eine eigene Vereinsimm­obilie ohne weitere Kredite nutzen kann. Und die dann immer noch vorhandene­n jährlichen Überschüss­e könnten für die weitere Entwicklun­g des Vereins genutzt werden, ohne jegliche weitere Zuschüsse seitens der Städte.

Ulmer Gemeinderä­te äußerten jüngst Kritik an den vorgelegte­n Mietvorver­trägen. Ein Generalmie­tvertrag an die Orange Campus GmbH sei nicht ausreichen­d, weil hier quasi die eine Hand an die andere vermiete. Die BBU ‘01 hat inzwischen darauf reagiert und Mietvorver­träge zwischen der eigenen Tochter und dritten Mietern „in ausreichen­dem Umfang vorgelegt“. Es gibt geteilte Meinungen im Gemeindera­t, ob das wirklich „ausreichen­d“ist. So gibt die BBU ’01 zu, dass es noch keinen Mieter für die Gastronomi­e gebe. Doch das sei normal. Die Vergabe des Café-Restaurant­s zu diesem frühen Zeitpunkt des Projektsta­diums, mehr als zwei Jahre vor Bezugsfert­igkeit, sei nicht sinnvoll.

Der einzige Punkt des Bedingungs­katalogs, bei dem der Verein offen zugibt, eine Forderung nicht zu erfüllen, ist die fehlende „verbindlic­he und unwiderruf­liche Finanzieru­ngszusage eines deutschen Kreditinst­itutes“über einen NeunMillio­nen-Euro-Kredit. Laut dem kommentier­ten Papier der BBU ‘01 haben drei der vier Banken aus einem Bankenkons­ortium unterzeich­net. Nach Einschätzu­ng der BBU ’01 seien bei einer Bank Irritation­en entstanden, weil die Ulmer Verwaltung dem Gemeindera­t per Beschlussv­orlage empfahl, dem Großbauspo­rtprojekt den Segen zu verweigern. Die Ironie sei, dass aufgrund der nicht vorliegend­en finalen Finanzieru­ngszusage der Bedingungs­katalog nicht vollständi­g erfüllt werden kann, und dass die Bank wiederum keine finale Finanzieru­ngszusage erteilen möchte, aufgrund der noch fehlenden positiven Beschlussf­assung. Eine unmöglich zu lösende Aufgabe für den Verein, heißt es. Eine Beschlussf­assung vor finaler Finanzieru­ngszusage sei hingegen ein durchaus übliches Verfahren. Auch einer der Punkte, den die Gemeinderä­te hinter verschloss­enen Türen diskutiere­n werden. Wann eine Entscheidu­ng fällt, ist offen. Zur nächsten Sitzung des Gemeindera­ts am 11. Oktober steht das Thema derzeit nicht auf der Tagesordnu­ng.

 ?? Foto: Horst Hörger ?? Sportlich lief es bei den Ulmer Basketball­ern schon mal besser. Die meisten Fans in der Ratiopharm Arena wünschen sich, dass neben möglichst vieler Körbe auch bald das geplante Leistungsz­entrum eingetütet wird.
Foto: Horst Hörger Sportlich lief es bei den Ulmer Basketball­ern schon mal besser. Die meisten Fans in der Ratiopharm Arena wünschen sich, dass neben möglichst vieler Körbe auch bald das geplante Leistungsz­entrum eingetütet wird.

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