Vorrang für Busse
Ein Schreckgespenst malte die Industrieund Handelskammer Schwabens diese Woche an die Wand: Wenn der zentrale Ulmer Busbahnhof künftig nicht mehr leistungsfähig genug ist, werden Buslinien aus dem Kreis in Neu-Ulm enden, anstatt in die Münsterstadt weiterzufahren. Die Folge: mehr Autos auf den Straßen, weil bis zu 30 Prozent weniger Menschen den Bus nutzen. Dieser Fall darf nicht eintreten. Eine Brechung von Regionalbuslinien darf nicht das Hilfsmittel sein, um eine aus städtebaulichen Gründen gewünschte Verkleinerung des Ulmer Verkehrsknotenpunkts zu ermöglichen. Es ist eine wichtige Aufgabe der öffentlichen Hand, dafür zu sorgen, dass Pendler beste Angebote im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) vorfinden, anstatt sie durch umständliches Umsteigen quasi dazu zu zwingen, das eigene Auto – falls überhaupt vorhanden – zu nehmen.
Auch die Ulmer Rathausspitze unterschreibt im Grunde diese von der Industrie- und Handelskammer stetig wiederholte Forderung. Steht aber vor einem Problem. Derzeit ergibt sich die städtebaulich gesehen historische Chance, alte Nachkriegsbausünden in Ulm zu beheben und aus der weiten Leere vor dem Bahnhof wieder einen echten Platz zu machen. Etwa so wie vor dem Zweiten Weltkrieg, als der Bahnhofsplatz noch seinen Namen verdiente und durch das einst historische, aber längst zerstörte Gebäude „Russischer Hof“flankiert. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich nun aber der Busbahnhof dort eingenistet und steht dem Vorhaben der Stadt im Weg.
Jetzt muss sachlich und ohne Schaum vor dem Mund geprüft werden, ob auch auf verkleinerter Fläche ein leistungsfähiger Busbahnhof möglich ist. Dafür haben die Verantwortlichen Zeit, bis das im Bau befindliche Parkhaus fertig ist. Sollte dabei rauskommen, dass ein kleinerer Busbahnhof wegen des Neubaus erhebliche Nachteile mit sich bringt, muss die Stärkung des ÖPNV vor ästhetischen Gesichtspunkten stehen.