Ein deutsches Leben mit dunkler Haut
Nein, eigentlich ist das hier gar keine Integrationsgeschichte. Denn der Junge, um den es in diesem über weite Strecken herrlich erzählten Buch geht, wurde 1971 in Heidelberg geboren, liebte mit Thomas Mann und Richard Wagner schon früh die deutschesten Kulturgötter und ist heute als Literatur-Chef der Zeit einer der bedeutendsten Feuilletonisten des Landes. Bloß dass der, der hier sein Leben aufschreibt, eben Ijoma Mangold heißt, krauses Haar und dunkle Haut hat.
Sein Vater nämlich war ein nigerianischer Kinderarzt, der aber so früh in die Heimat zurückkehrte, dass er im Leben des Jungen keine Rolle spielte. Wäre da nicht die äußere Andersartigkeit, die er seinem Sohn hinterlassen hat und die diesen nun stets auf der Hut sein lässt, ob ihn sein Umfeld nicht doch als fremd ansieht. Mangold schildert das in berührenden Kinderszenen, aus denen nach und nach aber ein fast klassisch deutscher, vergnüglicher Bildungsroman über die 80er und 90er Jahre wird. Bis sich plötzlich sein Vater doch noch meldet und Mangold so mit dem einen Anspruch konfrontiert wird, der ihm selbst zunächst nun fremd erscheint: der an den Nigerianer Ijoma nämlich… Dass es am Schluss doch noch ein Buch über Integrationsfragen wird, liegt am heutigen Deutschland, in dem der Literaturkritiker plötzlich und erstmals selbst Fremdenhass erfährt und damit weiß: ein deutsches Leben gelänge ihm als dunkelhäutiger Junge heute womöglich nicht mehr so leicht. Wolfgang Schütz