Guevara soll Folterungen von Gefangenen genossen haben
in einen Verkaufsschlager für Touristen zu verwandeln. Es gibt Che-Guevara-Fotos, T-Shirts, Bücher, Anstecker und Geldbörsen. Selbst hinter der einfallsreichen Merchandising-Abteilung des FC Bayern München brauchen sich die kubanischen Vermarkter nicht zu verstecken. Che verkauft sich glänzend, er ist das Label des Sozialismus und eine echte Geldmaschine.
Apple hat seinen Apfel, Mercedes-Benz den Stern. Für den Sozialismus ist das Gesicht von Che Guevara von unschätzbarem Wert, weil es trotz der schweren Menschenrechtsverbrechen, an denen der gebürtige Argentinier beteiligt war, den kubanischen Machthabern und mit ihnen vielen sozialistischen Anhängern in der ganzen Welt gelungen ist, sein Leben und sein Werk zu glorifizieren. So ist das nun mal in der Geschichte: Ihre Interpretation übernehmen allein die Sieger. Auch das ist eine Parallele zu den Markenstrategen der großen Konzerne, die große Anstrengungen unternehmen, dass ihr Label makellos bleibt. Ganze Kommunikationsabteilungen sind damit beschäftigt, Skandale zu vertuschen oder unliebsame Wahrheiten unter den Tisch zu kehren. In Kuba übernimmt diese Aufgabe der Staat und eine ganze Heerschar von Sympathisanten weltweit.
Dabei steht Che Guevara auch für besonders brutalen und menschenverachtenden Teil der kubanischen Revolution. An mehr als 200 außergerichtlichen Hinrichtungen soll Che beteiligt gewesen sein, Überlebende berichteten von Folterpraktiken in kubanischen Gefängnissen, an denen Che nicht nur persönlich teilgenommen, sondern diese auch sichtlich genossen haben soll. Er spielte sich als Richter, Henker und Anwalt zugleich auf. Mit dem Sieg kam der Rausch der Macht und es fielen alle Hemmungen. „Gerichtsverhandlungen sind nicht nötig, wenn man einen Menschen erschießen will“, soll er seine willkürlichen Urteile gerechtfertigt haben. „Dies ist eine Revolution. Und ein Revolutionär muss eine kalte Tötungsmaschine werden, angetrieben von purem Hass.“
Aus Kuba ist dazu keine Aufklärung zu erwarten. Mit dem Sieg der kubanischen Revolution verschwand alles, was sich danach abspielte, im Dunkel des Verschweigens. Ebenso die bis heute nicht ganz geklärte Rolle Fidel Castros, der seinen ehemaligen Mitstreiter nach internen Konflikten verraten haben soll. Tot war Che für ihn wertvoller als lebendig, denn nach ein paar Jahren Alltag hatte sich das Klima zwischen dem Castro-Clan und dem populären Che vergiftet. Che verließ Kuba schließlich nach einem Streit mit dem Castro-Clan und versuchte sich im Kongo und Bolivien erneut als Guerilla-Kämpfer. Heute vor 50 Jahren, am 9. Oktober 1967 um 13.10 Uhr, ereilte Che jenes Schicksal, das er nach dem Sieg der kubanischen Revolution vielen seiner mutmaßlichen Gegner zuwies. Er wurde von Mario Terán, einem Feldwebel der bolivianischen Armee, auf Weisung des bolivianischen Präsidenten René Barrientos Ortuño auf Druck der USA ohne vorherige Gerichtsverhandlung exekutiert. Von da an wurde Che zum Mythos.
In Havanna wird sein Andenken verehrt, wie es die Katholiken mit Heiligen tun. Und der Rest der Welt vermarktet Che. Inzwischen gibt es weltweit Che-Restaurants, Bars, Internetportale und Kulturzentren. Für alle, die unter den brutalen Reden pressionen der kubanischen Revolutionäre gelitten haben, ist das jedes Mal ein offener Schlag ins Gesicht. Che sagte einmal: „Es gibt nur eine Sache, die größer ist als die Liebe zur Freiheit: der Hass auf die Person, die sie dir wegnimmt.“Heute schlägt den kubanischen Sozialisten der Hass jener entgegen, die weder eine oppositionelle Partei gründen noch politische Arbeit betreiben können. Für Exil-Kubaner ist Che Guevara eine Hassfigur.
Doch es gibt eben auch den anderen Che. Den, der deshalb verehrt wird, weil er sich gegen die brutalen Machthaber erhob und sich auf die Seite der Armen stellte. Jenen Che, den die kubanischen Kleinbauern verehrten, weil er sich für sie und ihre Anliegen einsetzte. Der Erfolg der kubanischen Revolution ist auch nur deshalb erklärbar, weil sie getragen wurde von einer breiten Unterstützungswelle einer geknechteten und gedemütigten Landbevölkerung. Ihnen gab Che die Würde und die Hoffnung zurück. Bis heute genießt Che in jenen kubanischen Bevölkerungsschichten großes Ansehen,