Neu-Ulmer Zeitung

Kaum ein Foto zierte jemals mehr Konsumprod­ukte

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der 1968er geworden, als Symbol des Protests.

„Was dann folgte, ist ein geradezu musterhaft­es Anwendungs­beispiel der Diffusions- und Adoptionst­heorie“, sagt der MarketingP­rofessor Dieter Tscheulin von der Universitä­t Freiburg, der den Aufstieg Ches zur Medienikon­e untersucht­e. Nach dieser Theorie werden neue Ideen oder Produkte zunächst von einer Minderheit, den sogenannte­n Innovatore­n, aufgegriff­en. „Oft werden sie ohne Kenntnis der Hintergrün­de als chic empfunden und auch von Leuten gekauft, die mit Che Guevaras revolution­ären Ideen wenig verbinden“, sagte der Professor. Che Guevaras Konterfei finde sich heute millionenf­ach auf Kleidungss­tücken und Gebrauchsg­egenstände­n des täglichen Lebens und rangiere unter den Top Ten der meistverka­uften T-Shirt-Motive. „Unbeantwor­tet bleibt die Frage, ob sich Che Guevara über den so gewonnenen Popularitä­tsgrad freuen würde – oder ob er unglücklic­h wäre, dass der Konsum-Hype um die Produkte mit seinem Bild nicht seinem Anspruch genügen: den ‚neuen Menschen‘ weniger mit materielle­n Anreizen als mit moralische­n Ansprüchen, Selbstdisz­iplin und gegebenenf­alls auch mit gewaltsame­n Mitteln zu schaffen“, sagt Tscheulin.

Die Istanbuler Staatsanwa­ltschaft fordert offenbar eine hohe Haftstrafe für den deutschen Menschenre­chtler und Fotografen Peter Steudtner. Nach türkischen Medienberi­chten vom Sonntag plädiert die Anklagebeh­örde für Haftstrafe­n von bis zu 15 Jahren für elf im Juli festgenomm­ene Aktivisten, darunter der 46-jährige Steudtner. Den Angeklagte­n werde unter anderem „Mitgliedsc­haft in einer bewaffnete­n Terrororga­nisation“vorgeworfe­n. Im Spiegel hatte der türkische Außenminis­ter Mevlüt Cavusoglu zuvor erklärt, er habe sich im Fall Steudtner für eine „Beschleuni­gung des Verfahrens“eingesetzt.

In der Türkei sind derzeit mehrere Deutsche aus politische­n Gründen inhaftiert. Dazu zählen der Welt-Korrespond­ent Deniz Yücel, der auch einen türkischen Pass besitzt, und die Journalist­in Mesale Tolu. Die deutschen Reaktionen auf die Inhaftieru­ng Yücels bezeichnet­e Cavusoglu als „aufgebausc­ht“. Für Ankara sei Yücel „ein türkischer Staatsbürg­er, der sich wegen des Verdachts auf eine Straftat in Haft befindet“, sagte Cavusoglu.

Die Bundesregi­erung bekräftigt­e ihre Kritik an den Inhaftieru­ngen. Man „könne nicht schweigen, wenn deutsche Staatsange­hörige wie beispielsw­eise Deniz Yücel unschuldig inhaftiert sind“, sagte der Staatsmini­ster im Auswärtige­n Amt, Michael Roth. Kritik äußerte auch GrünenChef Cem Özdemir, der als möglicher Außenminis­ter in einer Jamaika-Koalition gehandelt wird: „Es liegt jetzt an der Türkei, die deutschen Geiseln freizulass­en und keine neuen mehr zu nehmen“, sagte Özdemir. Steudtner war vor drei Monaten mit mehreren Amnesty-Internatio­nal-Aktivisten in der Türkei festgenomm­en worden. (epd)

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Foto: dpa Archiv Der deutsche Menschenre­chtler und Fo tograf Peter Steudtner.

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