Zwei Bürgerinitiativen kämpfen gegeneinander
aus dem 15. Jahrhundert. Der mit Buchstaben verzierte Bibelturm von Mainz wäre nur der erste Bauabschnitt, für den die klamme Stadt fünf Millionen Euro bereitstellen will. Die eigentliche Modernisierung des Museums käme dann irgendwann später.
Wie alles genau weitergehen und vor allem wer die Rechnungen bezahlen soll, weiß momentan noch niemand. Die Museumschefin hofft, dass es durch das Turmprojekt leichter wird, Sponsoren für die restlichen Arbeiten einzuwerben. Inzwischen kämpfen zwei Bürgerinitiativen um die Meinungshoheit. Nino Haase, Sprecher der Turmgegner, beklagt fehlende Bürgerbeteiligung und hält es für unverantwortlich, ohne ein Konzept für den zweiten, wichtigeren Bauabschnitt zu beginnen; über 7000 Unterschriften haben seine Mitstreiter schon gesammelt. Die Stadt plane ein „Luftschloss“, sagt der Chemiker: „Das ist ein typisch Mainzer Projekt – aus der Hüfte geschossen.“Die Kritiker fordern einen Verzicht auf den Turm, für den auch drei alte Platanen gefällt werden müssten.
Stattdessen wollen sie die vorhandenen Mittel lieber in die Sanierung des Nachkriegsbaus stecken. Doch das hätte eine wohl langwierige Schließung des kompletten Museums zur Folge – eine „Katastrophe“für die Stadt Mainz wäre das, findet Annette Ludwig. „Man kann dieses Museum nicht gegen die Bürger machen“, sagt die Museumschefin. „Mir ist es wichtig, dass sich die Mainzer mit diesem Haus identifizieren.“Und so wirbt sie inzwischen regelmäßig bei Treffen mit Bürgern um Akzeptanz für das Vorhaben.
Einen Fürsprecher fand sie im Sommer in dem Mainzer Ehrenbürger Klaus Mayer. Der 94-jährige Priester, dessen Initiative die Stadt die mittlerweile weltberühmten Chagall-Fenster in der Stephanskirche verdankt, erklärte: „Mainz ist eine Stadt der Türme.“Auch der Bibelturm passe deshalb gut ins Stadtbild. Mayers Thesen gefielen den Verantwortlichen so gut, dass sie mittlerweile auf ein großes Plakat gedruckt in der Eingangshalle des Museums hängen. (epd)