Wenn das Einfache einen Preis verdient
Gerechtigkeit mahnen meist die an, die sich nicht gerecht behandelt fühlen. Der Einser-Schüler wird selten beim Lehrer vorstellig, um sich über die Notenvergabe zu beschweren. Wohingegen nachlässiger Lernende nach einer MatheFünf die Schuld bei jenem Lehrer suchen, der ihnen unverständlicherweise keinen Punkt für die richtige Schreibweise seines Namens zuerkannt hatte.
Vor allem im Sport ist der allzu menschliche Umgang beim Streben nach Gerechtigkeit gut zu beobachten. Er ist stark interessengetrieben. Fehlentscheidung zu eigenen Ungunsten: Zeter! Mordio! Fehlentscheidung zu eigenen Gunsten: Das gleicht sich im Verlauf einer Saison aus.
Unlängst lieferte der FC Bayern ein witziges Beispiel zum flexiblen Umgang mit Gerechtigkeit. Der 222-Millionen-Transfer von Neymar sei nicht vereinbar mit den Regeln des finanziellen Fair Plays. Kurz darauf lösen die Münchner einen Co-Trainer für rund zwei Millionen Euro aus einem Vertrag mit der Düsseldorfer Fortuna aus. Vertragslaufzeit: neun Monate. Unfair sind immer die anderen.
Für das bedingungslose Streben nach Siegen die enormen Geldströme verantwortlich zu machen, greift zu kurz. Auch in Amateurklassen wird kontaktlos im Strafraum abgehoben und der Gegenspieler beschimpft. Der Profisport, vor allem der Profifußball, hat aber eine Vorbildfunktion. Kinder ahmen nach, was sie bei ihren Idolen sehen. Da ist es sinnvoll, dass der DFB jährlich besondere Gesten mit der Fair-Play-Medaille honoriert.
Eine Ehrung, die Signalwirkung haben soll. Ob sie diese entwickelt, liegt nicht allein in den Händen des Verbands. Vor allem die Profis können dafür sorgen, dass die Medaille mehr ist als ein Feigenblatt des DFB. Dass die Ehrung die Ebene der Symbolik verlässt und sich auf das Verhalten auf dem Platz auswirkt.
Gestern erhielt Andreas „Zecke“Neuendorf die Plakette für sein Wirken im Jugendfußball. Der Berliner steht stellvertretend für all die Trainer im Amateur- und Kinderbereich – viele von ihnen ehrenamtlich tätig. Im vergangenen Jahr wurde Niko Kovac ausgezeichnet, weil er nach der gewonnenen Relegation gegen Nürnberg erst die gegnerischen Spieler tröstete, ehe er mit seiner Mannschaft feierte. Eine Selbstverständlichkeit – wie auch der faire Umgang im Juniorensport. Diese Selbstverständlichkeiten aber verdienen es, ausgezeichnet zu werden. Weil sie besonders sind. Auf dem Feld. Und auch andernorts.