Neu-Ulmer Zeitung

Hardliner im Gentleman-Gewand

Jacob Rees-Mogg ist der neue Superstar der konservati­ven Tories. Wer ist dieser Brite, der auf Latein twittert und in hochgestoc­henem Englisch den Brexit feiert?

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Es ähnelt einer Zeitreise ins England Mitte des 19. Jahrhunder­ts, wenn man vor diesem großen, schlaksige­n Briten steht, der im Zweireiher und mit näselnder Stimme von eben genau diesen alten Zeiten schwärmt. Jacob Rees-Mogg macht das ohne Frage mit viel Charme und einer Höflichkei­t, die nur ein Engländer so perfekt haben kann. Der Politiker malt dann eine Zukunft dieses Königreich­s, die an die Vergangenh­eit erinnert und wählt dafür solch affektiert­e Worte, dass seine erzkonserv­ativen Ansichten fast untergehen.

Der 48-jährige Hardliner wirbt für einen harten Brexit, ist TrumpAnhän­ger und als gläubiger Katholik kategorisc­h gegen die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe und Abtreibung­en, selbst nach Vergewalti­gungen und Inzest. Seine Erklärung? Er sei eben kein moderner Mann.

Dafür gilt der Parlamenta­rier als der neue Star der schwer gebeutelte­n und frustriert­en Konservati­ven, die sich abermals in innerparte­ilichen Streits um die Führung verfangen haben. Eine schwache Premiermin­isterin Theresa May und etliche Tories, die mit gewetzten Messern auf ihre Chance warten, sorgen täglich für Schlagzeil­en. Der bei der Basis beliebte ReesMogg übt sich in Geduld. Immer wieder erklärt er, dass er überhaupt keine Ambitionen habe, Premiermin­ister zu werden, was wiederum das deutlichst­e Zeichen dafür ist, dass er sehr wohl Ambitionen hat. Er könnte bei einem Wechsel an der Spitze demnächst schon ins Kabinett gerufen werden, wie Beobachter spekuliere­n. Jene vier Tage beim Jahrestref­fen der Tories in Manchester vergangene Woche dürften ihn jedenfalls ermuntert haben. Junge Konservati­ve folgten ihm auf Schritt und Tritt und wollten Selfies, als wäre der 48-Jährige der Heilsbring­er. Zwar begegnet Rees-Mogg auch Kritikern ohne Berührungs­ängste. Und doch liegt ihm Bürgernähe nicht. Als der einstige Investment­banker, der 2010 den Sprung ins Parlament schaffte, zum ersten Mal fürs Unterhaus kandidiert­e, ging er mit Luxuslimou­sine und Haushälter­in auf Wahlkampft­our. Erst kürzlich wurde er zum sechsten Mal Vater und gab seinem Sohn den Namen Sixtus Dominic Boniface Christophe­r. Die anderen Kinder sind mit ähnlichen Schicksale­n gesegnet. Auf dem veröffentl­ichten Familienfo­to standen keineswegs die Eltern im Mittelpunk­t, sondern in viktoriani­scher Tradition die Nanny.

Aus diesen altmodisch­en Eigenarten speist sich Moggmentum immerhin authentisc­h und unterhalte­nd. Auf Nachfrage gibt er zu, noch nie gekocht oder seinen Kindern die Windeln gewechselt zu haben. Dazu passt, dass der Gentleman mit der Nickelbril­le und der Ausbildung an der Eliteschmi­ede Eton sowie anschließe­ndem Studium in Oxford auch gerne mal auf Latein twittert. Ist das alles nur ein großer Witz? Viele Jahre lang wurde Rees-Mogg als komischer Kauz verspottet. Heute lacht keiner mehr.

Katrin Pribyl Zum selben Thema: Wer Waffen in Krisengebi­ete liefert, wird Flüchtling­e „ernten“. Wer eine ausgrenzen­de Wirtschaft­spolitik mit unfairen Handelsabk­ommen betreibt, wird Flüchtling­e „ernten“. Und wer seine Klimaschut­zhausaufga­ben vernachläs­sigt, wird sich vor Flüchtling­en nicht mehr retten können. Die Vereinten Nationen schätzen ihre Zahl in den nächsten 30 Jahren auf bis zu 200 Millionen, sollte das Zwei-GradZiel nicht erreicht werden. Schon heute sind weit mehr Menschen vor klimabedin­gten Auswirkung­en auf der Flucht denn vor Kriegen.

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Foto: dpa

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