Neu-Ulmer Zeitung

Auf dem Pferd lebt Isabella auf

Die 27-jährige Frau leidet seit ihrer Geburt an einer Spastik. Seit sie mit Pferden arbeitet, geht es ihr besser. Doch die Krankenkas­se übernimmt die Therapieko­sten nicht

- VON DANIELA HUNGBAUR

Dieses Strahlen sagt alles. Das ganze Gesicht von Isabella Plößl zeigt pure Freude. Auch Wohlbefind­en. Und Stolz. Denn dass sie auf einem Pferd sitzen und reiten kann, ist ein großer Erfolg für die 27-Jährige. Schließlic­h kämpft sie seit ihrer Geburt mit einer Spastik. Die Beine, oft auch die Arme durchziehe­n schmerzhaf­te Krämpfe. Laufen und sich aufrecht halten strengt sie an. In der Regel benötigt sie einen Rollator oder jemanden, der sie stützt. Doch auf dem Pferd sieht niemand ihr Handicap. Auf dem Pferd sitzt sie nicht nur aufrecht. Sie lässt sogar den Griff am Voltigierg­urt immer wieder los und streckt beide Arme von sich. Wer dann in ihr Gesicht blickt, sieht ihr Glück.

Diese Freude teilen kann Isabella Plößl mit Alexandra Schorer. Die junge Frau mit den markanten schwarz-lila Haaren hält und führt die Stute Abygail. Die 33-Jährige weiß, wie hart Isabella Plößl für ihre aufrechte Haltung gearbeitet hat. Sie weiß, wie sehr sich die junge Frau konzentrie­ren muss, um Bälle zu fangen und zu werfen, während Abygail weitertrab­t. Auch dass Isabella Plößl nur noch wenige Minuten braucht, um auf Abygail mithilfe einer selbst gebauten Leiter aufzusteig­en, ist eine beachtlich­e Leistung. Alexandra Schorer ist nicht nur Heilerzieh­ungspflege­rin. Sie ist auch Fachberate­rin für tiergestüt­zte Interaktio­n und Reitpädago­gin sowie Reittherap­eutin. Auf ihrem Krümelhof in Augsburg finden die verschiede­nen Tierarten wie Hängebauch­schweine, Lamas, Katzen und Pferde ein neues Zuhause. Vor allem aber arbeitet sie mit den Tieren. Gerade Menschen, deren körperlich­e und geistige Kräfte beeinträch­tigt sind, wie es bei Isabella Plößl der Fall ist, hilft der intensive Kontakt zu Tieren. Auch wenn seelische Wunden nicht heilen, werden mit Vierbeiner­n beachtlich­e Heilungser­folge beobachtet.

Vor etwa neun Jahren war es, als Alexandra Schorer auf den Hund gekommen ist. Genauer gesagt auf ihren Dobermann Tarabas. Sie nahm ihn mit ins Kinderheim. Und entdeckte Verblüffen­des: Schwerst traumatisi­erte Kinder, die niemanden von ihrer Pein erzählten, schilderte­n ihre schrecklic­hen Erlebnisse dem Hund. „Und Tarabas spürte offensicht­lich, dass er gebraucht wird. Er legte sich zu den Kindern und hörte zu.“Von da an beschäftig­te sich Alexandra Schorer immer intensiver mit tiergestüt­zten Therapien, bildete sich weiter und eröffnete ihren Krümelhof, auf dem auch Isabella Plößl eine Stunde alle zwei Wochen ihre Krankheit ein wenig vergessen kann. Sie erzählt, dass auf dem Pferd ihre Muskeln „weich werden“, entspannen. Die Hüfte schmerze nicht mehr so sehr und auch nicht der Bauch. Und sie hat vor allem Abygail in ihr Herz geschlosse­n. Denn auf Abygail lässt sich nicht nur reiten. Abygail kann man alles erzählen und mit ihr kuscheln. Letzteres ist mindestens so wichtig wie das Reiten.

Für Anita Plößl ist Alexandra Schorer ein Glücksfall. Die Mutter von Isabella versucht, ihrer Tochter von Geburt an alle nur denkbaren Therapien zu ermögliche­n, die ihr das Leben erleichter­n. Dass nun Alexandra Schorer mit ihrer Tochter zu Pferd trainiert, „ist einfach wunderbar, denn diese Therapie tut meiner Tochter nicht nur körperlich sehr gut, weil ihre Körperhalt­ung und ihr Gleichgewi­chtssinn trainiert werden, sondern vor allem auch seelisch“. Allerdings stößt Anita Plößl immer wieder an ihre finanziell­en Grenzen, da etwa die für Isabella so wichtige Reittherap­ie von der Krankenkas­se nicht bezahlt werde. Die 55-Jährige ist alleinerzi­ehend und arbeitet in Teilzeit. Aus gesundheit­lichen Gründen kann sie nicht Vollzeit arbeiten, erzählt sie. Um ihrer Tochter, die mittlerwei­le in einer Wohngruppe für Menschen mit Handicap in Schwabmünc­hen bei Augsburg lebt, die Reittherap­ie zu ermögliche­n, wandte sie sich an die Kartei der Not, das Leserhilfs­werk unserer Zeitung, das Isabellas Therapiest­unden unterstütz­t. Arnd Hansen, Geschäftsf­ührer der Kartei der Not, ist sehr froh, „dass wir in dem Fall der Familie Plößl helfen können. Auch wenn unser Hilfswerk solche Therapien nur in besonderen Notlagen unterstütz­en kann, sind wir sehr glücklich, wenn Isabella mit ihrer Krankheit auf dem Pferd schöne Momente erlebt und gesundheit­liche Fortschrit­te macht.“

Als Isabella Plößl sich von Abygail verabschie­den muss, kuschelt sie noch einmal mit der schwarzwei­ßen Stute und gibt ihr eine Möhre zur Belohnung. Sie seufzt. „Ohne Abygail könnte ich nicht leben“, sagt sie – zwei Wochen Warten ist eine lange Zeit. Doch sie hat etwas, worauf sie sich freuen kann.

Unbekannte Täter sollen das Gehege der entlaufene­n Wölfe im Bayerische­n Wald geöffnet haben. Das zugehörige Vorhängesc­hloss sei entfernt worden, teilte die Polizei am Montag mit. Es sei dabei nicht beschädigt worden und habe offen in der Nähe gelegen. Ob die Täter einen Schlüssel hatten oder das Schloss mit Werkzeug geöffnet haben, war zunächst unklar. Die Polizei ermittelt nun wegen eines möglichen Vergehens nach dem Tierschutz­gesetz.

Vier der sechs Wölfe sind weiter in Freiheit. Ein Tier sei nahe Lindberg (Kreis Regen) gesichtet worden, sagte ein Sprecher des Nationalpa­rks Bayerische­r Wald. Ein weiterer Wolf soll sich in Tschechien befinden. Die Wölfe waren in der Nacht zum Freitag aus ihrem Gehege entkommen, weil das Tor offenstand.

Nach zwei Tagen erfolglose­r Suche beschloss die Nationalpa­rkverwaltu­ng, die Tiere abschießen zu lassen, wenn sie sich nicht einfangen lassen. Daraufhin wurde ein Wolf am Sonntag erlegt, ein anderer wurde kurz nach dem Ausbruch von einer Regionalba­hn erfasst und getötet. Nach Angaben von Nationalpa­rkleiter Franz Leibl sind Gehegewölf­e in ihrem Verhalten nicht mit frei lebenden Wölfen zu vergleiche­n. Sie zeigten gegenüber Menschen wenig Scheu. Die Tiere des Wolfsrudel­s aus dem Park hätten ihr gesamtes Leben in menschlich­er Obhut verbracht und seien in freier Wildbahn nicht lange Zeit überlebens­fähig.

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Foto: Ulrich Wagner Immer wieder streichelt Isabella Plößl ihren Liebling Abygail. Die 27 Jährige leidet an einer Spastik. Bei der Reittherap­ie, die Alexandra Schorer auf ihrem Krümelhof in Augs burg anbietet, entspannt sich die junge Frau nicht nur körperlich. Die...
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Foto: dpa Ein Wolf im Bayerische­n Wald.

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