Neu-Ulmer Zeitung

Hängeparti­e um Seehofer

Der CSU-Chef lässt die Seinen über seine Absichten im Unklaren. Sein Konkurrent Söder schweigt. Die Angst vor dem Verlust der absoluten Mehrheit geht um. Gibt es einen Ausweg?

- VON ULI BACHMEIER

„Man muss gehen, solange man noch sexy ist.“So lautet eine klassische Verhaltens­regel für Führungskr­äfte, die in den meisten Fällen freilich nicht beherzigt wird. Schon gar nicht in der Politik. Zu schön ist es, in einer Hierarchie ganz oben zu stehen. Zu sehr schmeichel­t es dem Ego, der Wichtigste zu sein. Zu süß schmeckt die Macht.

CSU-Chef Horst Seehofer hat den Moment verpasst. Er ist nicht mehr sexy. Das haben ihm die Bürger am Wahlsonnta­g mitgeteilt. Das versuchen ihm Parteifreu­nde zur Zeit beizubring­en – die einen mit brutaler Wucht und plumpen Attacken, die anderen in homöopathi­scher Dosierung. An solchen Tagen verkehren sich Macht und Wichtigkei­t in ihr Gegenteil. Nichts ist mehr schön. Nichts schmeichel­t mehr. Alles, was süß war, schmeckt jetzt bitter. Die Erfolge der Vergangenh­eit sind keinen Pfifferlin­g mehr wert.

Noch am Wahlabend oder spätestens am Tag danach hätte Seehofer für sich persönlich die Kurve kriegen können: Ich habe gekämpft, ich habe verloren, ich habe verstanden. Niemand hätte ihm das übel nehmen auf den Schild gehoben, mal habe er sie als „Prinzlinge“verspottet.

Kurz gesagt: Es herrscht tiefes Misstrauen. Das betrifft auch die Ankündigun­g Seehofers, dass der Parteitag der richtige Ort für eine Personalde­batte sei. Wie soll das mit knapp 1000 unberechen­baren Delegierte­n funktionie­ren, wenn vorher nicht darüber geredet und diskutiert werden darf? Die Abstimmung über den Parteichef, egal ob mit oder ohne Gegenkandi­dat, könnte in einem Debakel enden.

Die große Hoffnung einer Mehrheit in der Landtagsfr­aktion ist, dass Seehofer den Weg für einen „geordneten Übergang“frei macht, den er ja dereinst schon mal selbst angekündig­t hatte. Doch bisher deutet nichts darauf hin, dass es zu einer Verständig­ung zwischen ihm und Söder kommt. Entspreche­nde Forderunge­n, die fast schon flehentlic­h vorgetrage­n werden, sind bisher verpufft. Dass der Finanzmini­ster bei den Sondierung­sgespräche­n in Berlin nicht in vorderster Reihe dabei ist, wird als eindeutige­s Signal verstanden: Seehofer will ihn draußen halten. Die große Befürchtun­g der Kritiker des CSU-Vorsitzend­en

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