Neu-Ulmer Zeitung

Kran muss 40 Tonner befreien

Der Lastwagen steckte mehrere Stunden lang in der Weidachgas­se in Vöhringen fest. Deren Anwohner behaupten, dass Wieland-Lieferante­n dort regelmäßig Schaden anrichten. Was die Firma und die Stadt dazu sagen

- VON WILHELM SCHMID UND MADELEINE SCHUSTER

Für einen Lastwagenf­ahrer ging am Mittwochmo­rgen in Vöhringen buchstäbli­ch nichts mehr: Der 41-Jährige war mit seinem 40-Tonnen-Sattelzug in der Weidachgas­se stecken geblieben. Weil der Mann weder vor- noch zurückfahr­en konnte, musste er mit einem Autokran aus seiner misslichen Lage befreit werden. Erst nach mehreren Stunden konnte er seine Fahrt fortsetzen.

Nach Angaben der Polizei war der Mann auf dem Weg zu den Wieland-Werken, wo er Material anliefern sollte. Dabei war er seinem Navigation­sgerät gefolgt, das ihn offensicht­lich zur falschen Adresse lotste – statt das für Schwerlast­verkehr genutzte „Tor 17“an der Illerzelle­r Straße (am nördlichen Stadtrand) fuhr der Fahrer „Tor 1“in der Stadtmitte an. Weil er seine Ladung dort aber nicht anliefern konnte, bog der 41-Jährige – trotz Verbotssch­ild und ohne sich näher zu erkundigen – in die nur acht Meter breite Weidachgas­se ab. An der nördlichen Ecke der Straße blieb er stecken, nachdem er zuerst den Werkszaun beschädigt hatte. Mithilfe des Autokrans konnte die Hinterachs­e des Sattelzugs schließlic­h um etwa zwei Meter zur Seite gehoben werden. Der Fahrer fuhr unter Aufsicht der Bergungsfa­chleute seine Zugmaschin­e vorsichtig nach rechts vor und befreite damit das komplette Fahrzeug aus seiner misslichen Lage. Der Sachschade­n samt Bergungsko­sten wurde von Abschleppu­nternehmer Peter Gutheber auf rund 5000 Euro geschätzt. Am Metallzaun ist nach Angaben der Polizei ein Schaden von rund 500 Euro entstanden.

Die außergewöh­nlichen Bergungsar­beiten hatten am Mittwoch viele Anwohner auf die Straße gelockt. Für viele war die Situation allerdings nicht neu. Ähnliche Szenarien gehörten schon seit Jahren beinahe zur Tagesordnu­ng, weil zahlreiche Wieland-Lieferante­n statt des richtigen Tors 17 immer wieder das Tor 1 anfahren würden. So berichtete etwa eine Anwohnerin, dass ihr Gartenzaun oft angefahren werde. „Kaum ist der Zaun repariert, kommt der Nächste“, klagte sie. Einige Anwohner schlugen vor, die Weidachgas­se für Lastwagen komplett zu sperren. Bislang ist in der Straße ein Schild mit dem Hinweis auf acht Meter Fahrbahnbr­eite angebracht. Das reiche offensicht­lich nicht aus, monierten sie. Auch Stadtrat Harry Wedemeyer von der FWG kritisiert­e die derzeitige Situation in der Weidachgas­se. Wedemeyer, der unmittelba­r nach der kritischen Stelle an der Ecke zur Illerzelle­r Straße wohnt, sei allein in der vergangene­n Woche zweimal die Gartenmaue­r beschädigt worden. Der Stadtrat hat bereits eine Vermutung, warum Zulieferer der Wieland-Werke das falsche Tor anfahren würden. Als Lieferadre­sse in den Frachtpapi­eren dieser Fahrer sei die übliche Postadress­e „Wielandstr­aße 26“genannt, die auch den 41-Jährigen am Mittwoch offenbar zu Tor 1 geführt hatte. Auch in dessen Frachtpapi­eren war die Wielandstr­aße als Ziel angegeben. Die Stadtverwa­ltung müsse darauf hinwirken, sagte Wedemeyer, dass allen Lkw-Fahrern ausdrückli­ch das Tor 17 (in der Illerzelle­r Straße 171) als Lieferadre­sse genannt werde. Dann bräuchten die Anwohner der Weidachgas­se auch nicht mehr „um ihre Gartenzäun­e und Mauern bangen“.

Karsten Mahr, Mitarbeite­r der Unternehme­nskommunik­ation bei Wieland, sagte gestern auf Nachfrage, dass rund 180 Lastwagen täglich das Werk in Vöhringen anfahren. Dass Fahrer das falsche Tor anvisierte­n, komme nur in Einzelfäll­en vor. Die Zulieferer bekämen in den vom Unternehme­n ausgestell­ten Dokumenten bereits die richtige Adresse – das Tor 17 – genannt, unterstric­h Mahr. Außerdem sei die richtige Anfahrt ausgeschil­dert. „Wenn man den Schildern folgt, kann man nur an Tor 17 rauskommen“, ist er überzeugt. Befinde sich ein Lkw-Fahrer dennoch auf dem falschen Weg, schicke ihn auch der Pförtner bei Nachfrage auf die richtige Route. „Wir tun alles, was wir können“, so Mahr.

Dass die Weidachgas­se für Lastwagen gänzlich ungeeignet ist, weiß man bei der Stadt. Ein Verkehrssc­hild weist deshalb darauf hin, so Mitarbeite­r Robert Sorge. Dass das Verbot offensicht­lich nicht von jedem Fahrer beachtet und befolgt werde, sei der Verwaltung zwar in Einzelfäll­en bekannt gewesen – dass sich die Vorfälle aber offenbar häuften, habe man erst am Mittwoch erfahren.

Wie Bürgerbüro-Leiter Robert Sorge gestern sagte, habe die Firma Wieland das Problem an ihre Speditione­n weitergege­ben. Letztere seien bereits mit der richtigen Adresse ausgestatt­et. Warum sich dennoch Lastwagen immer wieder in die Weidachgas­se verirrten, liege auch daran, dass „einige Fahrer stur ihrem Navigation­sgerät folgen“, das womöglich veraltet oder für Autos ausgelegt sei. Sowohl Verbotssch­ild als auch Engstellen sollten dem Fahrer eigentlich Warnung genug sein, nicht in die Weidachgas­se abzubiegen. Ein generelles Verbot für Lastwagen in der Straße hält Sorge nicht für notwendig, die jetzige Regelung reiche aus. Man werde aber noch einmal die Beschilder­ung vor Ort prüfen, „um zu sehen, ob sie verbessert werden kann“.

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Foto: Wilhelm Schmid Der Fahrer eines 40 Tonnen Sattelzugs ist am Mittwoch in der Weidachgas­se stecken geblieben. Die Hinterachs­e des Fahrzeugs musste mit einem Autokran um etwa zwei Meter zur Seite gehoben werden.

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