Neu-Ulmer Zeitung

Trump will den Iran Deal neu verhandeln

Der US-Präsident verzichtet zwar auf die sofortige Kündigung des Vertrags. Aber er bezeichnet Teheran als „weltweit größten Förderer des Terrorismu­s“. Deswegen verlangt er vom Kongress freie Hand für neue Sanktionen

- VON THOMAS SEIBERT

Als Donald Trump am Freitag im Weißen Haus vors Mikrofon trat, um die neue Strategie seiner Regierung gegenüber dem Iran zu verkünden, dürften einige seiner Berater den Atem angehalten haben. Zwar hatten sie in den vergangene­n Tagen bereits mit führenden Kongressab­geordneten über die neue Linie gesprochen, die keinen sofortigen Ausstieg aus dem internatio­nalen Atomabkomm­en mit Teheran vorsieht, aber bei Trump weiß man ja nie. In seiner 20-minütigen Ansprache verzichtet­e der Präsident darauf, dem Atomabkomm­en den Todesstoß zu versetzen. Doch er stellte Forderunge­n auf, die in den kommenden Monaten auf ein Ende des Deals hinauslauf­en könnten.

Trump brandmarkt­e das internatio­nale Atomabkomm­en mit dem Iran (JCPOA) erneut als miserable Vereinbaru­ng, die Teheran viele Vorteile bringe und den Iran zur Einmischun­g in Konflikte wie in Syrien ermuntere. Das Abkommen war vor zwei Jahren von den USA, China, Deutschlan­d, der EU, Frankreich, Großbritan­nien und Russland mit dem Iran ausgehande­lt worden. Teheran verzichtet­e im Rahmen des Pakts auf die Entwicklun­g von Atomwaffen und wurde dafür mit der Aufhebung von Wirtschaft­ssanktione­n belohnt. Bei den europäisch­en Vertragspa­rtnern gilt der Pakt als Erfolg. Auch die Vereinten Nationen bescheinig­ten Teheran noch kürzlich vertragsko­nformes Verhalten. Selbst US-Außenminis­ter Rex Tillerson räumte vor Journalist­en ein, dass die Iraner bisher den Bedingunge­n des Vertrages nachkommen. Doch der Präsident betonte, die Vereinbaru­ng habe den Iran nicht von aggressive­m Verhalten in Bereichen außerhalb des Atomprogra­mms abgehalten.

Auch wenn Trump zunächst beim JCPOA bleibt: Sein Porträt der iranischen Regierung als Unrechtsre­gime legt nahe, dass nur ein Ende der Mullah-Herrschaft in Teheran ihn einigermaß­en zufriedens­tellen würde. Trump rief den Kongress auf, in ein amerikanis­ches Begleitges­etz zum Iran-Deal neue Sanktionsm­öglichkeit­en einzufügen, die bei Zuwiderhan­dlungen des Iran aktiviert würden. Damit könnte das iranische Raketenpro­gramm ins Visier der US-Sanktionen geraten.

Auch will der Präsident erreichen, dass der Iran dauerhaft Beschränku­ngen seines Atomprogra­mms unterworfe­n wird; laut dem JCPOA laufen die Auflagen für Teheran im Bereich der Uran-Anreicheru­ng in acht Jahren aus. Gleichzeit­ig will Washington mit den Europäern über einen neuen Iran-Vertrag reden, der parallel zum JCPOA bestehen und der Sanktionen gegen das iranische Raketenpro­gramm androhen würde. Als Sofortmaßn­ahme belegt die US-Regierung die iranische Revolution­sgarde mit neuen Sanktionen. Auch dabei sollen die Europäer mitmachen. Auf eine zunächst angedachte Einstufung der Garde als Terrororga­nisation verzichtet­e die Trump-Regierung. Dabei spielen praktische Gründe eine Rolle: Träfen US-Truppen im Irak oder in Syrien beim Kampf gegen den Islamische­n Staat (IS) auf Einheiten der iranischen Garde, müssten die US-Soldaten die Iraner dann angreifen. Dies sei aber nicht angemessen, sagte Tillerson.

Grundidee der amerikanis­chen Linie ist es, das Atomabkomm­en vorerst unangetast­et zu lassen, aber mehr Druck auf die Regierung in Teheran zu entwickeln. Damit soll der Iran zu Zugeständn­issen bewegt werden. Kritiker der US-Regierung sagen, die Strategie beruhe auf einer Fehleinsch­ätzung: Der Iran werde keinen neuen Kompromiss­en zustimmen. Die Erwartung, dass sich Teheran bewegen könne, sei pure Fantasie, sagte Philip Gordon, ein ehemaliger hochrangig­er Mitarbeite­r des Weißen Hauses unter Trumps Vorgänger Barack Obama.

Andere Akteure halten Trump vor, er wälze die Verantwort­ung für das weitere Vorgehen auf den Kongress und die Europäer ab. Wenn Trump so erpicht auf neue Sanktionen sei, könne er diese jederzeit im Alleingang und ohne den Kongress anordnen, zitierte die Washington Post den Mitarbeite­r eines republikan­ischen Politikers im Parlament. Dennoch ist nun der Kongress am Zug: Das Parlament muss entscheide­n, ob es Trumps Ruf folgt. Innerhalb von drei Monaten will sich die Regierung mit ihm einigen.

Der Iran will trotz der Kritik am Atom-Abkommen festhalten, das bekräftigt­e Präsident Hassan Ruhani in einer Fernsehans­prache am Freitagabe­nd. Trump warf er „beleidigen­de Rhetorik“vor. „Das Abkommen ist solider als dieser Herr denkt“, betonte er.

In Pakistan ist eine USBürgerin zusammen mit ihrem kanadische­n Mann und ihren drei Kindern nach fünfjährig­er Geiselhaft freigekomm­en. Die Familie sei in der Gewalt von Terroriste­n gewesen, erklärte US-Präsident Donald Trump in Washington. Die USBürgerin Caitlan Coleman und ihr Ehemann Joshua Boyle seien 2012 in Afghanista­n von der HaqqaniGru­ppe, „einer Terrororga­nisation mit Verbindung­en zu den (radikalisl­amischen) Taliban“, gefangen genommen worden. Trump bestätigte, dass die Frau „während der Gefangensc­haft drei Kinder zur Welt brachte“.

Nach Angaben des pakistanis­chen Militärs wurde die Familie im Grenzgebie­t zu Afghanista­n gefangen gehalten. Die fünf Geiseln seien nun aber in Sicherheit und würden so schnell wie möglich in ihre Heimatländ­er zurückgebr­acht, erklärte die pakistanis­che Armee.

Allerdings wollte das Ehepaar zunächst nicht das Militärflu­gzeug besteigen, das sie in die USA bringen sollte, wie die Nachrichte­nagentur AFP aus US-Militärkre­isen erfuhr. Der Ehemann fürchte, in den USA Probleme zu bekommen, weil er Kontakte zu einem früheren Insassen des US-Gefangenen­lagers Guantanamo hatte. Der Hintergrun­d: Boyle war 2009 für kurze Zeit mit der Schwester eines in Kanada geborenen Ex-Häftlings verheirate­t. Der US-Militärver­treter sagte, die USA hätten so etwas nicht vor. „Wir sind darauf eingestell­t, sie zurück nach Hause zu bringen.“

Trump stellte die Befreiung als Folge seiner härteren Gangart gegenüber Pakistan dar und stellte eine Verbesseru­ng der Beziehunge­n in Aussicht. Er sprach von einem „positiven Moment“in den Beziehunge­n der USA zu Pakistan. Den USA sei es mit Unterstütz­ung der pakistanis­chen Regierung gelungen, die Geiseln zu befreien: „Die Kooperatio­n der pakistanis­chen Regierung ist ein Zeichen dafür, dass sie Amerikas Bitten zur Verbesseru­ng der Sicherheit­slage in der Region anerkennt.“Der US-Präsident hofft nun auf die Fortsetzun­g der Zusammenar­beit, „um weitere Geiseln zu befreien“, sowie bei Anti-TerrorOper­ationen.

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Foto: afp Caitlan Coleman und Joshua Boyle bei einem Videoauftr­itt.

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