Bayerns harte Linie
Wenn es gut reinpasst, dann klopft sich Bayern auf die Schulter und feiert sich für seine „Liberalitas Bavariae“, also dieses gewisse „Leben und leben lassen“. In manchen Dingen legt der Freistaat allerdings eine preußisch-verbissene Strenge an den Tag. Besonders gerne tut er das beim Thema Flüchtlinge. Da hatte die Bundesregierung ein Integrationsgesetz verabschiedet, das die sogenannte 3+2-Regelung festschreibt: Flüchtlinge, die eine dreijährige Ausbildung beginnen, dürfen sie beenden und danach zwei Jahre in Deutschland arbeiten. Doch Innenminister Herrmann hat einen Weg gefunden, um das Gesetz ganz besonders streng auszulegen und Flüchtlinge, die bereits einen Ausbildungsvertrag in der Tasche haben, doch noch abschieben zu können.
Und so nimmt die bayerische Staatsregierung den Betrieben die Azubis weg, die dort dringend gebraucht werden. Das sorgt nicht nur im Landkreis Neu-Ulm für Ärger, sondern, wie zu vernehmen ist, auch andernorts im Freistaat. Druck üben die Behörden auf die Flüchtlinge aus, indem sie auf eine „Identitätsfeststellung“drängen – die natürlich nicht ganz einfach ist in Ländern wie Afghanistan, das verwaltungstechnisch eine ganz andere Welt darstellt – um es vorsichtig zu sagen. Und wenn der Betreffende innerhalb einer eng gesetzten Frist die Papiere nicht vorlegt, dann habe er nicht genügend an seiner Identitätsfeststellung mitgewirkt und müsse daher gehen. Diese harte Gangart irritiert die Wirtschaft zu Recht. Denn warum sollen ausgerechnet diejenigen das Land verlassen, die sich wirklich um Arbeit bemühen, die selber Geld verdienen wollen? Da gäbe es andere, die sich weniger anstrengen und im Zweifelsfall eher ausreisen müssten. Kritiker hegen den Verdacht, dass die arbeitenden Flüchtlinge bevorzugt abgeschoben werden, weil sie für die Behörden leichter zu greifen sind. Damit schaden sie der eigenen Wirtschaft.
Die Kreishandwerkerschaft NeuUlm/Günzburg schlägt nun eine Art Patenschaft vor, bei der die Firmenchefs nach einer gewissen Prüfungszeit für ihre fremdländischen Azubis bürgen sollen. Das ist pragmatisch gedacht, denn ein Unternehmer hat natürlich kein Interesse daran, untaugliche Mitarbeiter zu beschäftigen. Doch Hardliner, die Angst vor der AfD haben, lassen sich kaum mit Pragmatismus überzeugen.