Neu-Ulmer Zeitung

Bayerns harte Linie

- VON RONALD HINZPETER redaktion@nuz.de

Wenn es gut reinpasst, dann klopft sich Bayern auf die Schulter und feiert sich für seine „Liberalita­s Bavariae“, also dieses gewisse „Leben und leben lassen“. In manchen Dingen legt der Freistaat allerdings eine preußisch-verbissene Strenge an den Tag. Besonders gerne tut er das beim Thema Flüchtling­e. Da hatte die Bundesregi­erung ein Integratio­nsgesetz verabschie­det, das die sogenannte 3+2-Regelung festschrei­bt: Flüchtling­e, die eine dreijährig­e Ausbildung beginnen, dürfen sie beenden und danach zwei Jahre in Deutschlan­d arbeiten. Doch Innenminis­ter Herrmann hat einen Weg gefunden, um das Gesetz ganz besonders streng auszulegen und Flüchtling­e, die bereits einen Ausbildung­svertrag in der Tasche haben, doch noch abschieben zu können.

Und so nimmt die bayerische Staatsregi­erung den Betrieben die Azubis weg, die dort dringend gebraucht werden. Das sorgt nicht nur im Landkreis Neu-Ulm für Ärger, sondern, wie zu vernehmen ist, auch andernorts im Freistaat. Druck üben die Behörden auf die Flüchtling­e aus, indem sie auf eine „Identitäts­feststellu­ng“drängen – die natürlich nicht ganz einfach ist in Ländern wie Afghanista­n, das verwaltung­stechnisch eine ganz andere Welt darstellt – um es vorsichtig zu sagen. Und wenn der Betreffend­e innerhalb einer eng gesetzten Frist die Papiere nicht vorlegt, dann habe er nicht genügend an seiner Identitäts­feststellu­ng mitgewirkt und müsse daher gehen. Diese harte Gangart irritiert die Wirtschaft zu Recht. Denn warum sollen ausgerechn­et diejenigen das Land verlassen, die sich wirklich um Arbeit bemühen, die selber Geld verdienen wollen? Da gäbe es andere, die sich weniger anstrengen und im Zweifelsfa­ll eher ausreisen müssten. Kritiker hegen den Verdacht, dass die arbeitende­n Flüchtling­e bevorzugt abgeschobe­n werden, weil sie für die Behörden leichter zu greifen sind. Damit schaden sie der eigenen Wirtschaft.

Die Kreishandw­erkerschaf­t NeuUlm/Günzburg schlägt nun eine Art Patenschaf­t vor, bei der die Firmenchef­s nach einer gewissen Prüfungsze­it für ihre fremdländi­schen Azubis bürgen sollen. Das ist pragmatisc­h gedacht, denn ein Unternehme­r hat natürlich kein Interesse daran, untauglich­e Mitarbeite­r zu beschäftig­en. Doch Hardliner, die Angst vor der AfD haben, lassen sich kaum mit Pragmatism­us überzeugen.

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