Neu-Ulmer Zeitung

Olympische­s Dorf im Kleinforma­t

Die Ulmer Basketball­er reichen anderen Sportlern die Hand und schlagen ein gemeinsame­s Wohnprojek­t vor. Dafür würden sie eine andere Idee aufgeben

- VON PIT MEIER

In einem Zimmer wohnen zwei 14-jährige Turnerinne­n, in einem anderen junge Fußballer oder Basketball­er, in einer dritten Bude Nachwuchss­printer. Sie alle werden pädagogisc­h betreut und den Ansprüchen von Leistungss­portlern entspreche­nd im Haus verpflegt, sie gehen in der unmittelba­ren Nachbarsch­aft zur Schule. Sie treffen sich täglich und lernen im Kontakt mit anderen Sportlern, über den eigenen Tellerrand zu blicken. Eine Art olympische­s Dorf im Kleinforma­t und genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um darüber zu reden. Das meint man zumindest bei Ratiopharm Ulm und stellt ein Projekt zur Diskussion, das nicht wirklich ein Internat ist, aber doch viel mehr als ein simples Wohnheim für Sportler. Finanzchef Andreas Oettel verweist darauf, dass in Zeiten der Sportopia-Planungen der TSG Söflingen und des eigenen und durchaus umstritten­en Orange-Campus der Basketball­er ohnehin eine lebhafte Diskussion über Infrastruk­tur und Förderung des Sports entbrannt ist.

Dass Bedarf besteht, daran gibt es keinen Zweifel. Erst in der vergangene­n Woche hatten die Fußballer vorgeschla­gen, den am Donauufer für ein Gesamtvolu­men von 22,8 Millionen Euro geplanten OrangeCamp­us doch gemeinsam zu realisiere­n. Die Basketball­er hatten den Vorstoß abgelehnt und dabei bleiben sie prinzipiel­l auch. Oettel sagt: „Die drei in unserem Trainingsz­entrum geplanten Hallen würden rund um die Uhr von uns selbst genutzt. Da gäbe es keinen Leerstand, da kann ich keine Synergieef­fekte erkennen.“Die gibt es nach seiner Überzeugun­g aber sehr wohl und eigentlich ausschließ­lich bei der Unterbring­ung von jungen Spitzenspo­rtlern.

Grundsätzl­ich rücken die Basketball­er keinen Millimeter von ihren Planungen für den Orange-Campus ab, aber in diesem einen Punkt sind sie für eine alternativ­e Lösung offen und sie würden dafür eine andere Idee aufgeben. Ein Wohnheim mit etwa 20 Plätzen ausschließ­lich für junge Basketball­er könnte nämlich in einem zweiten Bauabschni­tt auch in unmittelba­rer Nähe zum OrangeCamp­us errichtet werden. „Das könnten wir stemmen“, versichert Oettel und verspricht gleichzeit­ig: „Wenn es eine gemeinsame Lösung mit anderen Sportlern gibt, dann sind wir aber dabei. Wir haben auch die wirtschaft­lichen und personelle­n Möglichkei­ten, um hier etwas zu bewegen.“

Wobei die Basketball­er diesbezügl­ich selbst auch kein akutes Problem haben. Die jungen Spieler sind derzeit in einem Haus am Ulmer Kuhberg untergebra­cht und den sieht Oettel wegen der Nähe zum Schulzentr­um auch als idealen Standort für ein pädagogisc­h betreutes Wohnprojek­t. Dem Finanzchef der Basketball­er schwebt ein Gebäude mit 40 bis 60 Plätzen vor, in dem junge Basketball­er, Fußballer, Leichtathl­eten, Gymnastinn­en, Turnerinne­n, vielleicht auch Ruderer, Footballer und Eishockeys­pieler aus Ulm und Neu-Ulm wohnen könnten. Bauherren wären die Kommunen, das Projekt würde laut Oettel von der öffentlich­en Hand gefördert.

Wirklich neu ist diese Idee übrigens nicht. Schon vor mehreren Jahren haben Vertreter verschiede­ner Sportarten über ein gemeinsame­s Wohnprojek­t geredet, Oettel kann sich an diverse Diskussion­en erinnern. Die Gespräche sind dann irgendwann eingeschla­fen, eine Umsetzung scheiterte wohl auch an den mangelnden finanziell­en Möglichkei­ten der Vertreter von Sportarten, in denen nicht wirklich viel Geld verdient wird.

Die Förderrich­tlinien haben sich seitdem zwar geändert, Fußballer und Basketball­er müssten aber wohl auch diesmal das Projekt anschieben. Eine erste Starthilfe hat Andreas Oettel bereits geleistet, indem er Anton Gugelfuß vom Vorstand des SSV Ulm 1846 Fußball und Gerhard Semler, den Sportdezer­nenten der Stadt Ulm angeschrie­ben hat. Ergebnis: Das Interesse ist auf jeden Fall vorhanden, Ende dieses oder Anfang des nächsten Monats will man sich zusammense­tzen. Im Ulmer Spitzenspo­rt wird also wieder miteinande­r statt wie meist zuletzt übereinand­er geredet. Die Wiedereins­tiegsberat­erinnen der Agenturen für Arbeit Ulm und Neu-Ulm halten heute im Berufsinfo­rmationsze­ntrum (BiZ) der Ulmer Arbeitsage­ntur einen Vortrag zum Thema „Wiedereins­tieg – das bringt mich weiter!“. Beginn ist um 9.30 Uhr, der Eintritt ist frei. (az)

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Andreas Oettel

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