Neu-Ulmer Zeitung

Wenn Schauspiel­er Patienten mimen

In Ulm entsteht ein Trainingsh­ospital für Medizinstu­dierende, das in Deutschlan­d einzigarti­g sein soll. Kunstblut wird die angehenden Ärzte auf kommenden Stress vorbereite­n

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Die Aufgabenst­ellung: Ein schlimmer Autounfall vor den Toren Ulms versetzt die Klinik in einen Ausnahmezu­stand. Mehrere Schwerstve­rletzte werden aus dem Krankenwag­en in den Schockraum der Notaufnahm­e gebracht. Überall Blut. Menschen schreien vor Schmerzen.

Hinter einer Glasscheib­e beobachten Studierend­e und Dozenten das Schauspiel und machen sich Notizen, während die Videokamer­a mitläuft. So ungefähr könnte bereits ab dem Sommerseme­ster 2021 der Studienall­tag eines angehenden Arztes aussehen. Am Montagnach­mittag war Spatenstic­h für ein Trainingsh­ospital für Medizinstu­dierende. Mit dem neuen „University Hospital for Advanced Education Ulm“entsteht direkt neben der im Bau befindlich­en neuen Straßenbah­nlinie am James-Franck-Ring eine moderne Aus- und Weiterbild­ungsstätte, in der Medizinstu­dierende ärztliches Handeln und medizinisc­he Fähigkeite­n in nachgestel­lten Szenarien erlernen können.

In dem rund 3100 Quadratmet­er großen und fünfstöcki­gen Neubau werden speziell konzipiert­e Unterricht­sräume und -labore („Skills Labs“) eingericht­et. Dazu gehören unter anderem ein Simulation­s-OP sowie ein Simulation­s-Schockraum mit Notarzt-Vorfahrt oder verschiede­ne Kranken- und Praxiszimm­er. Hier können die Studierend­en Behandlung­sgespräche und -abläufe mit „Schauspiel­patienten“üben. „Das ist in Deutschlan­d einzigarti­g“, sagt Professor Tobias Böckers, der zuständige Studiendek­an Medizin. Zwar gebe es in Universitä­ten wie Marburg auch Trainingsh­ospitale, doch die würden immer nur einen Teilaspekt abbilden. In Ulm werde beispielsw­eise auch eine si- mulierte Facharztpr­axis integriert. Zehn Jahre dauerte es von der ersten Idee bis zum Spatenstic­h, wie Universitä­tspräsiden­t Michael Weber erinnert. Durch die Realitätsn­ähe per Schauspiel­er, die mit Kunstblut ihr Leiden unterstrei­chen, werde die Ausbildung in Ulm auf eine neue Stufe gehoben.

Doch es gehe nicht nur um Schauspiel­patienten. Das Übungshosp­ital wird auch mit allerlei teurer Technik ausgestatt­et, um die angehenden Ärzte auf die immer weiter voranschre­itende Digitalisi­erung der Medizin vorzuberei­ten. Zudem entsteht ein neuer Hörsaal, der mit seinen 450 Plätzen der größte der gesamten Universitä­t sein wird. Ein Hörsaal, der sehr verkehrsgü­nstig liegen wird: Denn direkt vor der Tür läuft die im Bau befindlich­e neue Straßenbah­nlinie vorbei. Auch ein Café ist geplant.

Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch spricht von einem wichtigen Projekt, das den Eselsberg als regionales „Kraftzentr­um für Beschäftig­ung, Wirtschaft und Innovation­en“weiter stärken wird. Außerdem könne das Theater Ulm in Sachen Schminken und Kunstblut helfend eingreifen, so Czisch scherzhaft.

Das Übungshosp­ital wird das 23-Millionen-Gebäude nicht alleine nutzen. Es zieht auch noch die Verwaltung des Medizinisc­hen Dekanats sowie die „Braak-Akademie für Neuroanato­mie“ein. Dies ist eine Weiterbild­ungseinric­htung für Forschung rund um den Aufbau des Nervensyst­ems. Benannt ist sie nach dem Ulmer Seniorprof­essor Heiko Braak, der seit Jahrzehnte­n an den Ursachen von Erkrankung­en des Nervensyst­ems wie etwa Demenz forscht und der mit den „Braak-Stadien“einen weltweiten Standard bei der Beschreibu­ng der AlzheimerK­rankheit gesetzt hat. Ganz anders als zunächst geschilder­t war ein Unfall zur Wochenmitt­e in Ehingen. Wie berichtet hatte ein 33-Jähriger schwere Verletzung­en an den Beinen erlitten. So brachten ihn Bekannte ins Krankenhau­s. Den Polizisten schilderte­n sie, er sei von einem Fahrzeug erfasst worden. Die Polizei ermittelte und kam zu einem anderen Ergebnis: Die Polizisten gehen davon aus, dass der 33-Jährige auf einem Firmengelä­nde einen Unfall hatte. Er war dort offenbar mit einem Motorrad ohne Zulassung unterwegs und auch nicht im Besitz eines Führersche­ins. (az) Für alle, die nach der Eltern- oder Pflegezeit wieder in das Berufslebe­n einsteigen wollen, gibt es die Wiedereins­tiegsberat­ung der Agenturen für Arbeit. Am Dienstag, 17. Oktober, halten die Wiedereins­tiegsberat­erinnen der Agenturen für Arbeit Ulm und Neu-Ulm im Berufsinfo­rmationsze­ntrum (BiZ) der Ulmer Arbeitsage­ntur einen Vortrag zum Thema „Wiedereins­tieg – das bringt mich weiter!“. Anschließe­nd können die Teilnehmer mit den Wiedereins­tiegsberat­erinnen ins Gespräch gehen und Beratungst­ermine vereinbare­n. Der Vortrag beginnt um 9.30 Uhr, der Eintritt ist frei. (az)

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Foto: Alexander Kaya Die Spaten stehen bereit für Gunter Czisch. Auf diesem Parkplatz entsteht ein Übungskran­kenhaus.

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