Neu-Ulmer Zeitung

Der Traum von der digitalen Drogerie

Die Kette dm setzt in ihren Filialen künftig auf mehr moderne Technik – und will dabei Kunden und Mitarbeite­r einbeziehe­n. Doch im Onlinehand­el nimmt die Konkurrenz zu

- VON ANIKA ZIDAR

Die größte Drogeriema­rktkette Deutschlan­ds will die Vorzüge der Digitalisi­erung für sich nutzen – und investiert kräftig in die Modernisie­rung deutscher Filialen. Wie dm mitteilt, sollen alle 25 000 Mitarbeite­r in Verkauf und Beratung ein Smartphone erhalten. So können sie ihre Kunden schneller und ausführlic­her über alle Produkte informiere­n. Zudem will das Unternehme­n jeden seiner derzeit 1892 Drogeriemä­rkte mit einem WLANNetz ausrüsten. Kunden können sich dann nach Belieben entweder persönlich oder online per App zu den Produkten beraten lassen. Auch bargeldlos­es und kontaktlos­es Bezahlen mit der Karte soll bald in allen Filialen möglich sein.

Doch nicht nur das. Der deutsche Marktführe­r im Drogeriege­schäft hat noch andere Ziele. Für die Digitalisi­erung des Unternehme­ns sowie den Neubau und Erhalt seiner Standorte hat das Unternehme­n schon 175 Millionen Euro ausgegeben. Im laufenden Geschäftsj­ahr will der Konzern noch einmal doppelt so viel investiere­n. Martin Dallmeier, Geschäftsf­ührer für Finanzen, sagt: „Wir tragen die Digitalisi­erung in die breite Bevölkerun­g, um die Gesellscha­ft auf den Wandel vorzuberei­ten.“Dazu will das Unternehme­n aus Karlsruhe fortan mit dem ebenfalls dort angesiedel­ten Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) zusammenar­beiten und in dm-Filialen ein „außerschul­isches Lernzentru­m“einrichten.

Was das konkret bedeutet, vermochte Finanzgesc­häftsführe­r Dallmeier allerdings noch nicht zu sagen. „Die Kooperatio­n ist so frisch, dass die Projekte erst ausgearbei­tet werden müssen. In jedem Fall wollen wir sie bundesweit anbieten und damit die Regionen stärken.“Ideen gebe es viele. So könnten Kunden in einigen Märkten möglicherw­eise Programmie­rsprachen oder den Umgang mit neuer Technik lernen. Am digitalen Wandel will der Drogerieko­nzern also nicht nur seine Mitarbeite­r, sondern auch Kunden teilhaben lassen. dm-Chef Erich Harsch sagt dazu: „Digitalisi­erung ist mehr als nur Online-Shop.“

Doch gerade beim Thema Internetha­ndel hinkt die Drogerieke­tte hinterher. Erst seit zwei Jahren verkauft sie ihre Produkte online. Prio- rität hat der Verkauf im Filialnetz. Das zeigt sich etwa am Versandser­vice. Pro Paket müssen die Kunden Zusatzkost­en von 4,95 Euro zahlen. Ab einem Gewicht von 25 Kilo wird gleich noch ein weiteres Paket berechnet. Lässt man sich die Produkte dagegen in die nächste Filiale liefern, ist das kostenlos – ganz unabhängig von der Menge der Pakete.

Der dm-Dauerkonku­rrent Rossmann hat derweil eine Kooperatio­n mit dem US-amerikanis­chen Internetko­nzern Amazon geschlosse­n. Per Schnelllie­ferdienst können sich Kunden so zumindest in Berlin schon Shampoo, Deo oder Duschgel an ihre Haustür liefern lassen. Eine ähnliche Kooperatio­n strebe dm derzeit nicht an, sagt Finanzgesc­häftsführe­r Dallmeier. Der Onlinehand­el entwickle sich positiv, sein Anteil am Gesamtumsa­tz liege aber bislang noch im einstellig­en Prozentber­eich.

Konkurrenz machen der führenden Drogerieke­tte im Internet nicht nur klassische Drogisten. Neben dem Internetri­esen Amazon finden an der Branche auch andere Unternehme­n Gefallen. Das Portal Zalando etwa, das mit dem Verkauf von Schuhen und Mode bekannt geworden ist, will ab dem Frühjahr auch Beauty-Produkte anbieten. Und sogar der Versandhän­dler otto.de will in die Branche einsteigen.

Immerhin: Zumindest in China läuft das Onlinegesc­häft für dm. Dort verkauft der Konzern seit März dieses Jahres 140 Produkte über eine internatio­nale Handelspla­ttform. Dabei hatte die Kette ursprüngli­ch gar nicht im Sinn, in Fernost gutes Geschäft zu machen. Zunächst ging es dm nur darum, den Verkauf in Deutschlan­d zu sichern. Chinesisch­e Zwischenhä­ndler hatten mit Hamsterkäu­fen in Filialen größerer Städte die Regale geleert, für deutsche Kunden blieb nichts. „Da mussten wir Abhilfe schaffen“, sagt Dallmeier. „Und jetzt sind wir von der guten Entwicklun­g in China sehr überrascht.“

Sonst hat dm für den Onlinehand­el bislang nur den deutschen und österreich­ischen Markt erschlosse­n. In den anderen zehn Ländern, in denen dm Filialen hat, soll der digitale Wandel erst in drei bis fünf Jahren Einzug halten. Zuerst will dm das Filialnetz ausbauen, 2018 nach Italien. Denn auch außerhalb des Internets ist die Konkurrenz groß. Beim Industriek­onzern Siemens sind erneut tausende Arbeitsplä­tze in zwei Sparten in Gefahr. Wie das Manager Magazin berichtete, sollen nach internen Plänen in der Kraftwerks­sparte Power & Gas bis zu elf der weltweit 23 Standorte geschlosse­n oder verkauft werden. An den deutschen Standorten könnten rund 1100 Jobs verloren gehen. Durch Einsparung­en in der Sparte Prozessind­ustrie und Antriebe könnten weitere Arbeitsplä­tze in großer Zahl wegfallen. Wegen möglicher Glassplitt­er in Mini-Pizzen ruft der Lebensmitt­elherstell­er Wagner seine „Piccolinis“der Sorte Tomate-Mozzarella zurück. Verbrauche­r sollten die kleinen Pizzen nicht essen, teilte die Firma mit. Vom Rückruf betroffen sind demnach Produkte mit der Chargennum­mer 72297017L2, die auf der Seitenlasc­he der Verpackung aufgedruck­t ist. Wer die Pizzen gekauft hat, kann sie im Handel zurückgebe­n. Die nach Angaben des Hersteller­s größte Batteriefa­brik für Elektroaut­os in Europa wird in Schweden gebaut. Das schwedisch­e Start-up Northvolt entschied sich für zwei Standorte in seiner Heimat, wie es gestern mitteilte. Demnach sollen in dem Werk im nordöstlic­hen Skelleftea bis zu 2500 Menschen arbeiten, zudem soll ein Forschungs­zentrum in Västeras westlich von Stockholm entstehen. Die Weinproduk­tion in der Europäisch­en Union dürfte in diesem Jahr auf den niedrigste­n Stand seit 1945 fallen. Das teilte die französisc­he Agrarbehör­de FranceAgri­Mer mit. In den drei größten weinproduz­ierenden Ländern bricht die Produktion demnach regelrecht ein: In Italien wird mit einem Rückgang um 21 Prozent gerechnet, in Frankreich um 19 Prozent und in Spanien um 15 Prozent.

 ?? Foto: dpa ?? Künftig sollen alle dm Mitarbeite­r, die im Verkauf tätig sind, ein Smartphone bekom men, um Kunden besser beraten zu können.
Foto: dpa Künftig sollen alle dm Mitarbeite­r, die im Verkauf tätig sind, ein Smartphone bekom men, um Kunden besser beraten zu können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany