Neu-Ulmer Zeitung

Ein Feiertag, den kaum einer will

Vertreter von Politik und Kirche im Landkreis sind größtentei­ls gegen den Vorschlag, einen islamische­n Feiertag in Deutschlan­d einzuführe­n. Auch beim Rat der Religionen ist das kein Thema

- VON ARIANE ATTRODT UND STEPHANIE LORENZ

Sollte man in Deutschlan­d einen islamische­n Feiertag einführen, zumindest in Regionen mit einem hohen Anteil an Muslimen? Dafür sprach sich der Präsident des Zentralkom­itees der Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, aus. Auch Innenminis­ter Thomas de Maizière hatte öffentlich über einen solchen Feiertag in muslimisch geprägten Gebieten nachgedach­t. Was bundesweit bereits für viel Unverständ­nis und Diskussion­en gesorgt hat, stößt auch im Landkreis größtentei­ls auf Widerstand.

„Bei aller Toleranz und Wertschätz­ung den Muslimen gegenüber finde ich es nicht notwendig, dass sie einen eigenen Feiertag bekommen“, sagt Weißenhorn­s Stadtpfarr­er Bernhard Mooser. Sich von der Arbeit wegen eines islamische­n Feiertags befreien zu lassen sei ja bereits möglich. Mooser leidet sehr darunter, dass sich das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen in Weißenhorn verändert habe: Früher habe man sich oft getroffen und ausgetausc­ht. Aber: „Seit eineinhalb Jahren herrscht absolute Funkstille. Das bedauere ich sehr.“Vor allem, weil bei den Treffen immer so viel Offenheit geherrscht habe.

Der Stadtpfarr­er ist der Ansicht, dass die politische­n Entwicklun­gen es schwerer machten, dass die Muslime auf die Christen zugehen. „Es wäre wichtig, dass wir uns unabhängig davon menschlich begegnen“, gen vom Unterricht befreit werden können. Insofern sei das Ganze eine „völlige Phantomdeb­atte“.

Der Ulmer Pfarrer Volker Bleil, der zudem Sprecher des Rats der Religionen Ulm ist, hält die Idee für „einen Vorschlag zur Unzeit, der wenig mit der Realität zu tun hat“. Natürlich stünden Feiertage nicht nur Christen zu, aber der Anteil an Menschen muslimisch­en Glaubens in Deutschlan­d werde oft überschätz­t – durchschni­ttlich liegt er laut Bleil bei fünf Prozent. Für ihn würde ein eigener Feiertag für Muslime Sinn ergeben, wenn diese selber danach fragen würden, aber: „Das haben sie ja nicht.“Und das würden sie seiner Meinung nach tun, wenn ihr Anteil in der Bevölkerun­g entspreche­nd hoch wäre. „Aber so ist das noch derartig weit weg, dass ich das eine seltsame Debatte finde, die eher Ängste schürt.“Und das sei das Gegenteil von dem, was der Rat der Religionen erreichen wolle: „Wir schaffen Begegnung und Teilhabe.“Die Debatte sei im Rat der Religionen deshalb noch „gar kein Thema“. Stattdesse­n stünden andere Dinge im Fokus, wie interrelig­iöse Feiern an Schulen. Bleil findet es gut, wenn man wisse, welche islamische­n Feiertage es gebe – und bei einer Begegnung auch entspreche­nd grüße. „Aber das“, sagt er, „ist sowieso schon länger Brauch unter Juden, Christen und Muslimen.“

Die evangelisc­he Neu-Ulmer Dekanin Gabriele Burmann steht Sternbergs Vorschlag dagegen offen gegenüber. Sie findet ihn „neu und interessan­t“. Schließlic­h lebten die Muslime mit und unter uns. „Warum sollen sie in unserem Land nicht auch einen Feiertag haben?“Sie halte es für einen Zug der Wahrnehmun­g der in unserer Region respektabl­en Minderheit. „Wir haben ja lange nebeneinan­der her gelebt. Es wäre ein Zeichen, dass wir uns kennenlern­en wollen.“Ob es dafür eigens einen Feiertag braucht? Das habe sie nicht zu Ende gedacht, sagt Burmann. Aber die Idee gehe in eine richtige Richtung. Andere Länder, andere Kulturen, andere Rhythmen – das wahrzunehm­en schade nicht und erweitere den Horizont. Sich gegenseiti­g wahrzunehm­en dient zudem dem Frieden, so Burmann.

Der Türkisch Islamische Kulturvere­in Ditib in Ulm war gestern für eine Stellungna­hme nicht zu erreichen. Die Pfarrgemei­nde St. Johann Baptist veranstalt­et am morgigen Samstag von 8 bis 13 Uhr einen Marmeladen-Markt auf dem Petrusplat­z in Neu-Ulm. Neben selbst gemachten Marmeladen und Gelees gibt es handgestri­ckte Socken, Ringelblum­ensalbe und mehr. Das Geld wird für die Bauarbeite­n an der Pfarrkirch­e verwendet. (az)

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