Mit fairem Handel zur besseren Welt
Weißenhorn, Illertissen und Ulm sind schon Fairtrade-Städte, Senden und Neu-Ulm wollen es noch werden. Dafür gibt es viele Vorgaben – doch das Engagement hat auch Grenzen
Die Bewerbungsunterlagen sind eingereicht, die Prüfung läuft. Noch muss sich die Stadt NeuUlm in Geduld üben. Anfang November, so die Hoffnung im Rathaus, soll vom Verein Trans Fair eine positive Zusage kommen. Es geht um ein Siegel, das immer mehr Kommunen tragen wollen: Fairtrade-Stadt. 500 gibt es schon bundesweit. Auch Senden trifft gerade die Vorbereitungen, um sich mit diesem Titel schmücken zu dürfen. Weißenhorn, Illertissen und Ulm haben ihn schon.
Um was geht es? Fairtrade-Städte müssen nachweislich fünf Kriterien erfüllen, die das Engagement für den fairen Handel in allen Ebenen einer Kommune widerspiegeln. Es muss einen entsprechenden Ratsbeschluss geben, eine lokale Steuerungsgruppe und eine bestimmte Anzahl von Geschäften und Restaurants, die Produkte aus fairem Handel im Sortiment haben müssen. Zudem öffentliche Einrichtungen, die solche Produkte anbieten. Und zu guter Letzt sollten auch die örtlichen Medien über die Aktivitäten auf dem Weg zur Fairtrade-Stadt berichten. Die Bevölkerung soll schließlich auch davon erfahren, dass sich ihre Kommune für einen gerechteren Handel und damit letztendlich auch für eine bessere Welt einsetzen will.
Im Januar jährt sich die Ernennung von Weißenhorn zur Fairtrade-Stadt zum vierten Mal. Wie Wolfgang Weiß, Sprecher der Steuerungsgruppe in der Fuggerstadt, berichtet, sind die Umsätze im Weltladen in der Altstadt seither gestiegen. Zusammen mit dem Käseladen habe die Einrichtung auch einen Mangoquark kreiert, der den Fairtrade-Vorgaben entspricht. Zudem achte die Stadtverwaltung bei der Beschaffung vermehrt darauf, dass die Produkte unter Einhaltung der strengen Umwelt- und Sozialstandards erzeugt wurden.
Als Beispiele erwähnt Weiß BioLimonade in den Stadtratssitzungen, Kaffee im Rathaus und SchokoNikoläuse, die an Schulen und Kindergärten verteilt werden. Besonders erfreulich ist aus seiner Sicht, dass die Stadt in ihrer aktuellen Friedhofssatzung das Aufstellen von Grabsteinen vorschreibt, die nachweislich ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt worden sind.
Doch das Engagement hat auch Grenzen. So habe die Stadt einen Automaten im Rathaus mit fairem Kaffee für Besucher wieder zurückgegeben, weil die Kosten zu hoch und der Umsatz zu gering waren. „Neue Feuerwehr-Uniformen aus fairer Produktion zu finden, wird wohl auch schwierig“, sagt Weiß. Und auch die Arbeit, die die Mitglieder der Steuerungsgruppe in Aktivitäten wie den Druck einer Einkaufsbroschüre für Weißenhorn stecken, sei umfangreich. Außer-
dem glaubt Weiß, dass es auch nach vier Jahren noch einige Bürger gibt, die nichts von den Fairtrade-Bemühungen in der Stadt wissen.
Dessen ist sich auch Kerstin Breymaier bewusst. „Man muss das penetrant zum Thema machen“, sagt die Illertisser Hauptamtsleiterin und Sprecherin der dortigen Fairtrade-Steuerungsgruppe. „Je mehr man darüber spricht, umso eher ändert sich das Kaufverhalten der Leute“, sagt sie. Seit zwei Jahren trägt die Vöhlinstadt das Siegel und Breymaier zieht insgesamt ein positives Fazit: „Es findet ein Umdenken statt.“Neben lokalen Betrieben wie der Confiserie Lanwehr haben inzwischen auch Discounter Fairtrade-Produkte im Sortiment. Gleichwohl sei es bei der Vielfalt der Bio-, Fairtrade- und Nachhaltigkeitssiegel für Verbraucher aber auch schwierig, den Überblick zu behalten, sagen sowohl Breymaier als auch Weiß.
Nicht nur darüber reden, sondern die Produkte auch schmecken – nach diesem Prinzip können Sendener Bürger am Donnerstag, 9. November, vorgehen. Die Stadt veranstaltet an diesem Tag einen Infoabend im Bürgerhaus (Beginn ist um 20 Uhr) mit einem Vortrag und einer Ausstellung über fairen Handel in Bayern. Der Weltladen bietet dazu eine Verkostung an. Es soll der Startschuss sein für Sendens Lauf zum Siegel. Den Beschluss, sich dafür zu bewerben, hat der Stadtrat am 1. Oktober gefasst. „Wir wollen nicht nur die Formalien erfüllen, sondern sie auch mit Leben füllen“, sagt Rathaussprecher Jörg Portius dazu.
Momentan ist die Stadt dabei, eine Steuerungsgruppe zu bilden. Dafür werden noch Freiwillige gesucht. Was das Angebot von fair gehandelten Produkten betrifft, sieht es in Senden schon recht gut aus. Das hat eine Bestandsaufnahme der
Verwaltung ergeben. „Fairtrade ist eine Möglichkeit für uns, zu einer besseren Welt beizutragen“, sagt Portius. Eine Kommune könne Verantwortung übernehmen im Kampf gegen Ungleichheit.
Zieht auch Vöhringen bald nach? „Wir würden es uns wünschen, aber uns sind noch keine Bestrebungen bekannt“, sagt Silvia Gugler vom Eine-Welt-Arbeitskreis St. Michael. Die kirchliche Gruppe setzt sich seit 20 Jahren für Gerechtigkeit und gegen Armut auf der Welt ein. Alle vier Wochen verkauft sie fair gehandelte Produkte auf dem Wochenmarkt. Damit werden Hilfsprojekte in Afrika und Peru unterstützt. „Wir haben einige Stammkunden“, sagt Gugler. Aber sie weiß: Damit Vöhringen Fairtrade-Stadt wird, braucht es noch mehr Mitstreiter.
In Neu-Ulm laufen derweil schon die Planungen für die Feier, bei der der Stadt die Auszeichnung „Fairtrade-Town“verliehen werden soll. Einen Rübengeisterumzug gibt es am Freitag, 27. Oktober, in der Ulmer Innenstadt. Mit beleuchteten Laternen, Lampions und Kürbissen ziehen die großen und kleinen Teilnehmer ab 18.30 Uhr durch die Gassen nördlich des Münsters. Start ist in der Platzgasse. Angeführt und musikalisch begleitet wird der Umzug vom Fanfarenkorps Ulm/Neu-Ulm. Der Rübengeisterumzug findet bei jedem Wetter statt. Sollte es regnen, wird die Route verkürzt. Zum Abschluss gibt es Punsch und Glühwein. (az)