Manchmal, frotzelt er, habe er über Mord nachgedacht
auf und frotzelt: „In den 57 Jahren habe ich übrigens mehrmals über Mord nachgedacht.“Dann grinst der Mann, der früher Fallschirmjäger bei der Bundeswehr war und dann als Fahrer beim Konzern Unilever arbeitete.
„Man muss halt Humor haben“, meint seine Frau. „Der ist immer wichtig.“Lustig ging es in ihrer Ehe nicht immer zu. Gerda, 78, hatte vor Jahren einen Hirntumor, lag elf Monate im Wachkoma. Für ihren Mann war es eine Selbstverständlichkeit, sich um seine Frau zu kümmern. Er ging in Ruhestand, pflegte sie daheim, bis sie wieder gesund war. Und als Helmuth vor kurzem einen Herzinfarkt hatte, stand ihm halt seine Gerda zur Seite.
Aber wie kommt es nun, dass es ausgerechnet in Kempten die wenigsten Scheidungen gibt? Für Helmuth Geiger, der in der Stadt geboren ist, liegt das auf der Hand: „Wenn ich hier aus dem Haus gehe, dann ist das für mich wie Urlaub.“Kempten liege inmitten einer wunderschönen Landschaft, die Alpen sind nah, der Freizeitwert hoch. In einer solchen Umgebung sei es kein Wunder, wenn sich die Menschen wohlfühlen und zusammenbleiben, sagt er.
Dass es bei den Geigers so weit gekommen ist, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn schließlich hatte Helmuth bei den ersten Annäherungsversuchen einen Fauxpas begangen: „Ich hatte sie zu einem Drink eingeladen, damals in die Kemptener ,Kupferkanne‘ – und dann hatte ich gar kein Geld dabei.“Gerda, eine gebürtige Banatdeutsche, die nach dem Krieg nach Kempten kam, übernahm die Zeche – und blieb bis heute an seiner Seite.
Gut möglich, dass die Büttners in ein paar Jahrzehnten auch solche Anekdoten aus ihrer Ehe erzählen können. Die Geschichte, wie sich die beiden kennengelernt haben, ist jedenfalls auch ganz amüsant. Das war vor anderthalb Jahren, beim Skifahren in Tirol. Da haben sich beide mit „Manu“vorgestellt. Sie heißt Manuela, er Manuel. Ausgerechnet. „Das haben wir aber als gutes Zeichen aufgefasst“, sagt Manuel Büttner. Vor einem Monat haben die beiden geheiratet, das Braut- kleid hängt sogar noch in der Wohnung.
Der gebürtige Münchner, der als Gewerkschaftssekretär bei Verdi arbeitet und schon in Augsburg gewohnt hat, findet Kempten ideal: „Es ist ländlich und zugleich städtisch.“Da könne man vielen gemeinsamen Interessen nachgehen – ein gutes Rezept für eine lange Ehe, wie beide meinen. Die Büttners gehen natürlich zusammen Skifahren. Und Manuel, 28, hat extra Reiten gelernt, aus Liebe zu seiner Manuela. „Wir sind beide sehr lebensfroh und wollen das bleiben“, erklärt die 34-Jährige. Zudem stehen vielleicht noch große gemeinsame Aufgaben an. „Wir wollen bald Kinder. Zwei sind mal zunächst angedacht.“
Erst einmal wollen sie noch von der standesamtlichen Hochzeit erzählen. „Es war ein traumhafter Tag“, schwärmt Manuel Büttner. Das Paar heiratete im kleinen Kreis im benachbarten Wildpoldsried. Warum denn dort? „Wir haben vor- 30 Standesämter abtelefoniert, aber nur dort war etwas frei“, sagt Manuel Büttner. An diesem Tag hat er zum ersten Mal mit seinem neuen Namen unterschrieben – dem seiner Frau. Vorher hieß er Manuel Mayr. Die kirchliche Hochzeit wollen sie noch nachholen, sagt er. 140 Gäste sollen dann kommen.
Auch die Wegscheiders hatten im September Grund zu feiern – Silberhochzeit. Das Besondere bei den Eheleuten: Sie arbeiten auch den ganzen Tag zusammen. Hannes Wegscheider ist der Konditormeister des Kemptener Residenzcafés, seine Frau Sabine steht an der Theke. Wie klappt das? „Wir haben keine Zeit zum Streiten, weil wir die ganze Zeit arbeiten“, sagt Hannes Wegscheider, 52, und muss dabei schmunzeln. Seine Frau Sabine, 51, nickt. „Wenn wir Reibereien haben, dann bezieht sich das meist aufs Geschäft.“Aber dass man da mal unterschiedlicher Ansicht ist, sei ja normal. Sabine Wegscheider kommt täglich mit vielen Kemptenern ins Gespräch. Warum ausgerechnet hier das Eheglück so stabil ist wie nirgendwo sonst, darüber kann auch sie nur spekulieren. Dass es so ist, glaubt sie sofort: „Wir haben einen großen Freundeskreis – aber da gibt es keinen, der sich hat scheiden lassen.“Und was ist ihr persönliches Geheimnis? Wie führt man eine stabile Ehe, trotz der vielen Arbeit, die das Café mit sich bringt? Da sind sich beide einig: „Es ist eben die große Liebe.“
Große Liebe, Zeit zusammen verbringen, gemeinsame Interessen – alles richtig. Aber ist da nicht noch etwas, was es für eine glückliche Beziehung braucht? Zweisamkeit, Nähe, Sex? Wir fragen Beate Quinn, die in der Stadt eine Praxis als Paarund Sexualtherapeutin betreibt. So mancher kennt sie aus der Sat.1-Sendung „Hochzeit auf den ersten Blick“, wo sie seit vier Jahren auftritt. „Sexualität und Intimität gehören natürlich zu einer glückliher chen langfristigen Liebesbeziehung“, sagt die 50-Jährige. Zwar sei es bekannt, dass sexuelle Aktivität in Beziehungen nach zwei bis fünf Jahren abnimmt. Wenn es dann Differenzen gebe, müsse man darüber sprechen, einen gemeinsamen Nenner finden. Und wie ist das mit zunehmendem Alter, wenn mancher Mann nicht mehr so recht kann, manche Frau vielleicht nicht mehr so recht mag? „Auch wenn es im Bett mal nicht mehr so läuft, der Austausch von Zärtlichkeiten bleibt wichtig für eine Beziehung – auch ohne Sexualität.“Doch wie geht das genau? „Etwa durch Umarmungen, Streicheleinheiten, sich eng aneinander kuscheln, küssen und dadurch, dass man dem anderen gegenüber aufmerksam ist.“
Auch Quinn hat eine Erklärung für das Eheglück in der Stadt – das Wesen der Allgäuer. „Im Allgäu ist man traditionsbezogen und mit seiner Kultur und dem Land verbunden. Auch wenn das Rad der Zeit