Die Harmonie der ersten Runden ist völlig verflogen
weit auseinander, dass hier die wohl größte Gefahr eines Scheiterns auf dem Weg zur Jamaika-Koalition droht. Die Gespräche drehen sich um heftigst umstrittene Fragen: Ob und wann das Aus für Kohlekraftwerke und Autos mit Verbrennungsmotor kommen soll. Ob künftig eine Art von Flüchtlingsobergrenze gilt. Und ob die Familien von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus nachkommen dürfen.
Doch bevor die Diskussion um die Rettung des Weltklimas beginnen kann, müssen die Jamaika-Parteien erst einmal das Klima in ihren Sondierungsgesprächen retten. Die Atmosphäre hat sich massiv verschlechtert, seit ein Streit darüber entbrannt ist, welchen Stellenwert die bisherigen Verhandlungsergebnisse denn überhaupt haben. So hatte die FDP-Seite in Sachen Finanzpolitik verkündet, die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und der Verzicht auf neue Schulden sei be- Sache. Die Grünen wiesen diesen Zwischenstand als falsch zurück. Es folgten gegenseitige Angriffe. FDP-Vize Wolfgang Kubicki sprach von „fehlendem Grundvertrauen“, Grünen-Unterhändler Cem Özdemir mahnt eine „Diskussion über Umgangsformen“an.
Vor diesem Hintergrund begann der Verhandlungstag mit einer Gruppentherapie-Sitzung, geleitet von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Die, so heißt es aus Teilnehmerkreisen, sprach ein Machtwort, gab die Maßgabe aus, dass zunächst einmal noch gar nichts fest vereinbart sei. Die Einigung auf konkrete Maßnahmen stehe erst am Ende des Jamaika-Gesprächsprozesses.
Dann ging es erst einmal um Europa, am Dienstag blieben da noch Fragen offen. Einig sind sich die Verhandlungspartner, dass sie für ein starkes, geeintes Europa eintreten wollen – und eine enge Zusammenarbeit mit Frankreich anstreben.
Mit mehrstündiger Verspätung begann die Auseinandersetzung über die künftige Klimapolitik. Die Abschaltung der 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke haben die Grünen im Wahlkampf versprochen, für den Fall, dass sie an die Regierung kommen. Und bis zum Jahr 2030 solle Deutschland sogar alle Kohlekraftwerke stilllegen. Doch der Widerstand in der Union ist groß. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet macht sich zum Anwalt der letzten Kohlekumpel in Deutschland, nicht nur an Rhein und Ruhr, auch im Braunschlossene kohlerevier Lausitz sieht er die Erwerbsgrundlage tausender Menschen in Gefahr. Die Gespräche verlaufen sehr hitzig, angeblich drohten Teilnehmer sogar mit Abbruch, hieß es. Immerhin: Alle Gesprächsteilnehmer bekennen sich zu den geltenden Klimazielen. Wie diese Ziele erreicht werden sollen, darüber müsse allerdings noch intensiv gesprochen werden. Eine Abkehr von den Klimazielen, das wissen alle Beteiligten, hätte wohl das Nein der Grünen-Basis zum gesamten Jamaika-Projekt bedeutet.
Als in Berlin der Feierabendverkehr beginnt, hunderttausende Autos ihre Abgase in die Abendluft blasen, diskutiert die Jamaika-Runde noch immer über Luftreinhaltung und Klimaschutz. Nächstes heikles