Neu-Ulmer Zeitung

Die Heilbronne­r machen Lust auf mehr

Das Württember­gische Kammerorch­ester beweist im Kornhaus Gespür für Dynamik und Details

- VON FLORIAN L. ARNOLD

Auftakt nach Maß in die neue Konzertsai­son des Württember­gischen Kammerorch­esters Heilbronn im Ulmer Kornhaus: Mit Werken von Felix Mendelssoh­n Bartholdy, Jean Baptiste Janson und Joseph Haydn wagte man sich in der Reihe „Entdeckung­en“zwar nicht besonders tief hinein in unentdeckt­e Gefilde, machte aber mit gewohnt hoher Qualität und ansteckend­er Spielfreud­e bekanntes Repertoire zur veritablen Wiederentd­eckung.

Dabei gefielen insbesonde­re die geschmeidi­gen Interpreta­tionen der Streichers­infonien von Mendelssoh­n, die zwischen 1821 und 1823 entstanden – da war der Komponist gerade einmal zwischen zwölf und 14 Jahre alt. Unter dem stets punktgenau­en Dirigat von Ruben Gazarian erklangen da zwei bezaubernd schöne Werke in makelloser Umsetzung, die so gar nicht nach „Frühwerk“klangen, sondern vielmehr wie sehr reife Werke, in denen der typisch mendelssoh­nsche Klang voll ausgereift ist. Die 1. Streichers­infonie von 1821 mit ihrem energische­n Allegro, dem lyrischen Mittelteil, der sich als „Lied ohne Worte“vermittelt, und der markante Schlusssat­z – sie gelang mit Tempo, Dynamik und blitzsaube­r gespieltem Sinn fürs Detail.

minder spannend das Cellokonze­rt von Jean Baptiste Janson. Wie Mendelssoh­n begann auch er schon im Kindesalte­r zu komponiere­n. Das Konzert aus dem Jahr 1780 ist das erste von sechs Werken, die für die Pariser „Concerts spirituel“entstanden. Janson, selbst Cellist, war schon als Jugendlich­er zum ersten Mal bei einer der begehrten Veranstalt­ungen aufgetrete­n und machte sich einen Namen, als er für diesen Rahmen seine eigenen Konzerte schuf. Das beförderte ihn nicht nur zu einem der wichtigste­n Cellisten seiner Zeit – seine von markierter Dynamik und gewitzter Orchestrie­rung getragenen Werke fanden zahlreiche Freunde und Förderer.

Valentin Radutiu spielte den Solopart des reizvollen, knapp 20-minütigen Werkes mit großer Wärme und poetischem Schmelz. Da verschmolz­en Solostimme und Orchester mit fulminante­r Virtuositä­t. Das Heilbronne­r Orchester schlug maximales Kapital aus der originelle­n Orchestrie­rung, hier konnten die Holzbläser maximal glänzen. Sie sind nicht als Füllstimme gesetzt, sondern erhalten eine eigene Bedeutung im Konzert.

Den Konzertabe­nd rundete die Sinfonie Nr. 82 „Der Bär“von Joseph Haydn ab. Der hatte im Pariser Publikum zahlreiche Liebhaber und wurde für die „Concerts de la Loge gebeten, sechs Sinfonien zu schreiben, die sogenannte­n „Pariser Sinfonien“. Die erste trägt den Beinamen „L’Ours“, der Bär. Den Namen erhielt sich aus dem paukenschl­agartigen Einsatz des Basses im Finalsatz – das verstand man als die knurrenden Einwürfe eines tapsigen Tanzbären. Haydns Sinfonie war mit 30 Minuten und großer Besetzung, darunter vier Kontrabäss­en und je zwei Oboen, Klarinette­n und Fagotten, für daNicht malige Zeiten monumental gesetzt. Dennoch verkniff sich Haydn Experiment­e und lieferte eine solide Arbeit ohne Überraschu­ngen ab, voller tänzerisch­er Momente, markanter Paukeneins­ätze und Melodien.

Das Württember­gische Kammerorch­ester Heilbronn (WKO) behauptete auch an diesem Abend seinen Ruf als internatio­nal angesehene­r Klangkörpe­r. Mit Spielfreud­e, differenzi­erter Klangkultu­r und hervorrage­nder Auswahl seiner SoOlympiqu­e“ listen erwies sich das Heilbronne­r Orchester wieder einmal als Meister einer erstklassi­gen kammermusi­kalischen Klangkultu­r. O

Das zweite Ulmer Kon zert unter dem Motto „Wiener Schule“findet am Donnerstag, 14. Dezember, 19.30 Uhr im Kornhaus statt. Auf dem Programm stehen Werke von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Anton Webern. Violinsoli­st und Dirigent ist Alexander Janiczek. Zum ersten Mal trafen sich das Sirius Quartet aus New York und der Ulmer Trompeter Joo Kraus bei der Reihe „Herzstücke“im Café Animo. Ein Abend, der Musiker und Publikum so begeistert­e, dass der Jazzmusike­r und das experiment­ierfreudig­e Streichqua­rtett morgen, Freitag, 20 Uhr im Pfleghof erneut zusammen spielen. (az) O

Karten beim Bürgerbüro der Stadt, Telefon 07345/9622 0.

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 ?? Foto: Florian L. Arnold ?? Solist Valentin Radutiu (links) und das Orchester unter der Leitung von Ruben Gazarian (rechts) holten das Maximum aus Jean Baptiste Jansons Cellokonze­rt heraus. LANGENAU
Foto: Florian L. Arnold Solist Valentin Radutiu (links) und das Orchester unter der Leitung von Ruben Gazarian (rechts) holten das Maximum aus Jean Baptiste Jansons Cellokonze­rt heraus. LANGENAU

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