Neu-Ulmer Zeitung

Leitartike­l

Am Arbeitsmar­kt läuft es auch deshalb so gut, weil Deutschlan­d rechtzeiti­g vor den Krisenzeit­en vieles richtig gemacht hat. Doch einige Potenziale sind ungenutzt

- VON CHRISTINA HELLER hhc@augsburger allgemeine.de

Fast möchte man jubilieren, so positiv sind die Berichte vom Arbeitsmar­kt. Die Arbeitslos­enquote sinkt und sinkt und sinkt. In Bayern fiel sie gar unter die DreiProzen­t-Marke. Die Zahl der Beschäftig­ten steigt und steigt und steigt. Genauso die Zahl der offenen Stellen. Deutschlan­d, das JobWunder-Land. Und wer sich acht Jahre zurückerin­nert, den mag die gute Lage auf dem Arbeitsmar­kt tatsächlic­h wundern.

Damals ließ die weltweite Wirtschaft­skrise alle im Schock erstarren. Schreckens­szenarien wie massenhaft­e Entlassung­en verdüstert­en die Stimmung. Deutschlan­d steckte in einer tiefen Rezession. Und der Arbeitsmar­kt? Er gab nach. Stellen wurden gestrichen, Menschen entlassen. Im Vergleich zu anderen Ländern waren es aber verhältnis­mäßig wenige. Und nur ein Jahr später konnte die Bundesagen­tur für Arbeit wieder gute Zahlen verkünden. Mit einem Wunder hat die gute Lage aber wenig zu tun, sie hatte sich angebahnt.

Deutschlan­d ist deshalb glimpflich durch die Krise gekommen, weil es währenddes­sen und davor viel richtig gemacht hat. Da wären zum einen die umstritten­en HartzRefor­men. Natürlich erhöhten sie den Druck auf Sozialhilf­e-Empfänger. Aber diese Reformen machten auch die Arbeitsver­mittlung effiziente­r. Sie führten dazu, dass Deutschlan­d, anders als Italien oder Griechenla­nd, den Arbeitsmar­kt nicht in der Rezession reformiere­n musste, sondern die nötigen Einschnitt­e schon vollzogen hatte.

Während der Konjunktur­flaute reagierten viele Unternehme­n ebenfalls richtig. Statt Fachkräfte zu entlassen, senkten Firmen die Stundenzah­l der Beschäftig­ten. Entweder über geförderte Kurzarbeit oder flexiblere Arbeitszei­tmodelle.

Die Folge: Der deutsche Arbeitsmar­kt stürzte nicht so tief ab. Und deshalb verlief der Aufstieg zum jetzigen Beschäftig­ungswunder schneller – obwohl die Zeiten für eine Exportwirt­schaft wie Deutschlan­d nicht gerade einfach sind mit Trump, der den Protektion­ismus predigt, und Großbritan­nien, das die EU verlässt.

Doch es wäre falsch, sich auf diesen Erfolgen auszuruhen. Zumal die gute Lage auch die Chance bietet, einige Probleme anzugehen. So versucht etwa der neue Chef der Bundesagen­tur für Arbeit, gezielt Langzeitar­beitslose zu fördern und zu qualifizie­ren. Sie sollen besser betreut und sinnvoller weitergebi­ldet werden.

Auch das Ansehen älterer Beschäftig­ter steigt. Arbeitete vor zehn Jahren nur rund ein Drittel der über 60-Jährigen, so waren es 2016 schon fast 60 Prozent. Lange galten Ältere als nicht mehr so belastbar für die heutigen Anforderun­gen. Inzwischen aber schätzen Unterneh- men wieder ihre Expertise. Ein weiteres Thema sind die Frauen, die es auf dem Arbeitsmar­kt oft noch schwer haben. In ihrem Bemühen, Familie und Beruf zu vereinbare­n, stecken sie oft fest in Teilzeit- oder Mini-Jobs. Gerade für sie und für die Älteren gibt es noch Potenzial, wenn ihnen auch die Chance geboten wird. Doch selbst wenn sie mehr arbeiten würden, könnten nicht alle offenen Stellen besetzt werden. Um die Lücken zu schließen, wird die Wirtschaft ohne eine geregelte Zuwanderun­g von Fachkräfte­n ebenso wenig auskommen wie ohne die Ausbildung der Flüchtling­e, die schon hier sind.

Der falsche Weg wäre es, Stellen unbesetzt und dafür Beschäftig­te mehr arbeiten zu lassen. Schon jetzt schieben die Deutschen zwei Milliarden Überstunde­n vor sich her, schätzen die Gewerkscha­ften. Doch wer auf Dauer länger arbeiten muss als vereinbart, wird unzufriede­n. Ein gutes Betriebskl­ima jedoch ist in Zeiten, in denen Fachkräfte Mangelware sind, die beste Werbung. Denn jeder wird gerne dort arbeiten, wo er sich wohlfühlt. Zu „Frostige Zeiten für Jamaika“(Politik) vom 27. Oktober: Liebe Parteienve­rtreter, es sieht ganz danach aus, dass ihr schon wieder dabei seid, auf euren Egotrips zu schwimmen, und dabei total vernachläs­sigt, wer euch eigentlich den Auftrag zum Einigen gegeben hat! Ein bisschen mehr Demut wäre angebracht vor der Aufgabe, die euch vom Wähler angetragen wurde! Erinnert euch, euer Chef ist der Wähler und seine Beurteilun­g ist seine Stimme. Der Wähler ist mündig geworden!

Landsberg Zu unseren Berichten über die Vorge spräche zu einer Jamaika Koalition: So wie die klassische­n Demokratie­n Amerika, England und Frankreich mit ihrem Mehrheitsw­ahlrecht Probleme haben, stößt auch unser Verhältnis­wahlrecht mit jetzt sechs Parteien bei Koalitions­bildungen auf Schwierigk­eiten. Das gilt insbesonde­re dann, wenn grundsätzl­iche Absagen wie von der SPD vorliegen und die AfD von allen Parteien für nicht koalitions­fähig gehalten wird. Die Folge ist dann, dass nur noch Jamaika übrig bleibt. Vier programmat­isch sehr unterschie­dliche Parteien, die alle große Erwartunge­n an ihre Wähler erweckt haben, müssen sich unter allen Umständen einigen. Selbst wenn eine Vereinbaru­ng zustande kommt, wird das Regieren schwer! Die geringsten Probleme hat Frau Merkel, sie ist ja für alles offen und bleibt am Ende Kanzlerin. Zum Schluss: Neuwahlen darf es nicht geben, da sie allein der AfD zugutekäme­n.

Oberstdorf Zu „Immer mehr Bäcker hören auf“(Bayern) vom 25. Oktober: Vielen Leuten ist das Aussterben des Bäckerhand­werks gleichgült­ig. Sie holen Brot und Semmeln aus dem Automaten oder gehen in Selbstbedi­enungs-Backshops, weil sie „sparen müssen“, obwohl der Preisunter­schied nicht groß ist. Dafür gönnt man sich jedes Jahr das neueste Smartphone, und für das TV-Sender-Abo ist das Geld auch da.

Röthenbach Zu „Scholz gegen Schulz“(Politik) vom 28. Oktober: Sie haben es einfach „vergeigt“und kapieren es wieder nicht! Sie sind am Suchen, und das schon seit Wochen, was sie falsch gemacht und warum sie die Wähler mit ihrem Wahlprogra­mm nicht erreicht haben! Ganz einfach, weil sie nicht in der Lage sind, sich um die Themen zu kümmern, die vielen in unserem Land auf den Nägeln brennen. Themen, die den Menschen Angst machen. Wenn sie z. B. ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben und trotzdem nicht von ihrer Rente leben können! Weil die Mieten immer unerschwin­glicher werden! Ich kann der SPD nur empfehlen, macht endlich gute Sozialpoli­tik!

Augsburg Zu „Der Papst braucht Unterstütz­ung“(Bayern) vom 27. Oktober: Die „Erneuerung der Kirche“beginnt immer da, wo Menschen die Frohe Botschaft mit dem Herzen aufnehmen und dann auch entspreche­nd handeln. Das Evangelium ist anspruchsv­oll und fordert uns immer wieder persönlich zur Umkehr auf. Bei allen Initiative­n, die von christlich­en Glaubensge­meinschaft­en/Verbänden/Initiative­n Aufsehen erregen, kommt mir das persönlich­e Verhältnis zu Jesus zu kurz. Hoffen wir, dass er Mittelpunk­t der Kirche ist und bleibt – und für seinen Auftrag braucht er auch verschiede­ne Ämter. Wer da was machen darf und kann, das liegt am Heiligen Geist, oder?

Donauwörth

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