Neu-Ulmer Zeitung

Kein endloser Geldsegen

- VON DETLEF DREWES dr@augsburger allgemeine.de

Günther Oettinger muss tatsächlic­h ein Kunststück fertigbrin­gen: Er soll einen um fast zehn Prozent schrumpfen­den Etat der Europäisch­en Union so weit wie möglich erhalten und zusätzlich­e Gelder auftreiben – möglichst ohne dass die Bürger dies merken. Denn sonst könnte eine neue Debatte über Sinn und Erfolg dieser Union ausbrechen.

Das ist aber noch nicht alles: Neue Vorhaben wie die Verteidigu­ngsunion wollen finanziert werden, die Sicherung der Außengrenz­en sowie die Migrations­politik brauchen mehr Mittel. Und im Hintergrun­d wirbt Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron für seinen Plan für ein eigenes Budget des Euroraums.

Fest steht derzeit nur: Das alles zusammen ist nicht zu bezahlen. Die notwendige­n Einsparung­en dürften zudem nur schwer zu begründen sein: Geld für Sachsen oder das Saarland soll schließlic­h in Länder wie Polen oder Ungarn fließen, in denen die Demokratie mit Füßen getreten wird. Dass die Subvention­en aus den EU-Kassen künftig an politische Auflagen zur Rechtsstaa­tlichkeit geknüpft werden, ist nahezu unstrittig – sosehr sich auch Warschau und Budapest dagegen wehren.

Schließlic­h bestreiten Polen und Ungarn nicht unerheblic­he Teile ihrer nationalen Etats mit Beiträgen der Länder, denen sie selbst jede Solidaritä­t verweigern. Das kann nicht so bleiben. lich weiß gerade Oettinger ganz genau: Ohne spürbare Einschnitt­e wird es nicht gehen. Und die treffen vor allem Deutschlan­d als vergleichs­weise wohlhabend­es Land. Rund 18 Milliarden Euro könnten in der nächsten siebenjähr­igen Finanzperi­ode dem Brüsseler Rotstift zum Opfer fallen.

Betroffen wären praktisch alle Projekte in den Regionen, die noch Aufholbeda­rf haben: Dazu zählen die östlichen Bundesländ­er, aber auch das Saarland oder Teile von Niedersach­sen. Wenn die EU als Geldgeber ausfällt, so fürchtet die Bundesregi­erung, dürften zahllose Vorhaben am Ende sein, weil der nächste Finanzmini­ster den Gesamteffe­kt von höheren EU-Beiträgen plus geringeren Fördergeld­ern nicht wird auffangen können.

Zumal der Haushaltsk­ommissar gleichzeit­ig weitere Sonderkond­itionen streichen möchte. Haushaltsp­olitiker verweisen darauf, dass bisher von 100 verdienten Euro zwar die Hälfte durch Steuern und Sozialabga­ben wieder abgezogen wird, davon aber lediglich ein Euro an die Gemeinscha­ft fließe. Trotzdem scheint massiver Streit vorprogram­miert, wenn das Konzept erst einmal auf dem Tisch liegt und die betroffene­n Länder schwarz auf weiß haben, welche Subvention­en schon in wenigen Jahren versiegen dürften.

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Foto: Skolim, dpa Da kommt einiges auf Deutschlan­d zu, warnt Günther Oettinger.

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