Und der Rebellen Chef sitzt im Café
Die entmachtete katalanische Regierung muss sich vor Gericht verantworten. Doch ihr Anführer Carles Puigdemont kommt nicht. Er bleibt lieber in Belgien
Unter schweren Sicherheitsvorkehrungen begann gestern in Madrid die gerichtliche Anhörung der Mitglieder der abgesetzten katalanischen Separatisten. Von den insgesamt 14 Beschuldigten der früheren Regionalregierung erschienen allerdings nur neun vor dem Nationalen Gerichtshof Spaniens. Ex-Ministerpräsident Carles Puigdemont und vier seiner Minister hatten sich Anfang der Woche nach Belgien abgesetzt und kamen nicht zum Verhör. Die Staatsanwaltschaft beantragte deshalb gegen die fünf flüchtigen Politiker internationale Haftbefehle. Es galt als wahrscheinlich, dass Untersuchungsrichterin Carmen Lamela dieser Forderung nachkommen wird. Da auch bei jenen Separatisten, die gestern kamen, erhebliche Fluchtgefahr sieht, ordnete sie für alle Untersuchungshaft an.
Unter den Beschuldigten, die den Verlauf der Ermittlungen hinter Gitter abwarten müssen, befinden sich einige der bisher einflussreichsten katalanischen Politiker: VizeMinisterpräsident Oriol Junqueras, Ex-Innenminister Joaquim Forn und der frühere katalanische Außenminister Raül Romeva. In ihrem Ermittlungsbericht wirft Lamela den Separatisten vor, für eine Re- bellion gegen den spanischen Staat verantwortlich zu sein. Sie hätten versucht, gegen die spanische Verfassung und gegen einschlägige Gerichtsverbote die Unabhängigkeit der spanischen Region Katalonien zu erzwingen. Zu diesem Zweck sei am 1. Oktober ein illegales Referendum organisiert und am 27. Oktober eine verfassungsfeindliche Unabhängigkeitserklärung verabschiedet worden. „Das Vorgehen der Be- schuldigten war wohlüberlegt und perfekt geplant“, schreibt Lamela. „In den letzten zwei Jahren sind systematisch die Urteile des Verfassungsgerichtes unterlaufen worden.“Das Verfassungsgericht hatte das Referendum suspendiert und mit mehreren Verboten versucht, den Unabhängigkeitsprozess zu stoppen. Zudem, glaubt die Richterin, sei die Bevölkerung aufgestachelt worden, die illegalen Entschei- dungen der Separatistenregierung zu verteidigen und sich, zum Beispiel am Referendumstag, der Polizei entgegenzustellen. Rebellion kann mit bis zu 25 Jahren Gefängnis bestraft werden.
Während die katalanischen ExMinister am Vormittag vor Gericht antraten, saß ihr Chef Puigdemont in Brüssel im Kaffeehaus „Karsmakers“. Dort entdeckte ihn, nicht weit vom Europäischen Parlament entfernt, ein Reporter des spanischen Rundfunks. Der Journalist zückte sein Handy und schoss ein Foto, auf dem man Puigdemont mit einem Freund aus seiner katalanischen Heimatstadt Girona im vertrauten Gespräch am Tisch sieht.
In der Nacht zum Donnerstag hatte Puigdemont eine Erklärung veröffentlicht, in der er den Vorwurf erneuerte, dass gegen ihn und die anderen Ex-Regierungsmitglieder ein „politischer Prozess“geführt werde. Der Vorwurf der Rebellion habe „keine juristische Grundlage“, es gehe offenbar nur darum, „politische Ideen zu bestrafen“. Sein Anwalt Paul Bekaert, ein belgischer Fachmann für Asyl- und Auslieferungsrecht, kündigte bereits an, was er im Falle eines spanischen Auslieferungsgesuchs an Belgien tun werde: „Wir werden dagegen vor Gericht kämpfen.“
Der CIA hat ein umfangreiches Archiv mit Videomaterial und einem Tagebuch des 2011 getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden präsentiert. Der Besitz umfasse etwa 470000 Dokumente, teilte der US-Geheimdienst mit. „Die heutige Veröffentlichung der Briefe, Videos, Audiodateien und anderem Material ermöglicht den US-Bürgern, einen tieferen Einblick in die Arbeit und Pläne der Terrororganisation zu bekommen“, sagte CIA-Direktor Mike Pompeo.
Dem CIA zufolge ist das Material im Mai 2011 bei einer Kommandoaktion in Pakistan sichergestellt worden. Mitglieder einer Spezialeinheit überraschten den damals 54-Jährigen in einem Haus in der Stadt Abbottabad und töteten ihn. Bin Laden hatte das Terrornetzwerk Al-Kaida gegründet. Er gilt als Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York. Auch Einblicke in das Privatleben des Terroristen selbst sind durch das veröffentlichte Material möglich. Rückschlüsse auf seine Sehgewohnheiten lassen auch dessen Sammlung von Trickfilmen zu wie „Antz“, „Chicken Little“, „Cars“sowie die japanische Serie „Detec- tive Concan“auf Arabisch. Zur Sammlung des Terrorchefs gehörten auch Videoanleitungen zum Häkeln verschiedener Figuren wie einem Schmetterling. Auch eine Sammlung von Pornos fand sich.
„Diese Dokumente sind entscheidend für das Verständnis der Geschichte Al-Kaidas und liefern neue Erkenntnisse über die Geschichte des Islamischen Staates und dessen Vorgängerorganisationen“, sagt der Terrorismusexperte Thomas Joscelyn. Sein Kollege Bill Roggio ergänzt: „Das Material wird uns für Jahre beschäftigen.“Sicher scheint schon jetzt, dass Osama bin Laden auch in seinen letzten Lebensjahren noch als Anführer der Terrororganisation fungierte – und damit nicht wie bisher vermutet aus eigenem Willen die Verantwortung abgab. Für Joscelyn beweisen die Dokumente, dass eine Verbindung zwischen dem Iran, der Terrormiliz Islamischer Staat und der Al-KaidaFührung bestehe.