So wird der Video-Beweis kaputt gemacht
Die Verantwortlichen stellen sich dilettantisch an. Neuerungen lassen sich immer nur mit der größtmöglichen Transparenz einführen. Was die Schiedsrichter-Bosse aber machen, nährt den Verdacht geheimbündlerischer Tendenzen. Der Videobeweis sollte den Fußball ein Stück weit gerechter machen. Ein gleichsam honoriger wie auch schwieriger Ansatz. Von Beginn an war klar, dass es schwer sein würde, Traditionalisten von den Vorteilen zu überzeugen. Auch deshalb zogen Hellmut Krug und Co. den Rahmen sehr eng.
Krug ist hauptverantwortlich für die derzeitige Umsetzung. Er arbeitete mit den Unparteiischen ein Jahr lang am Einsatz des VideoAssistenten. Vor der Saison wurden Vereine und Journalisten informiert, wann eingegriffen wird. Lediglich in vier Fällen darf der in Köln sitzende Assistent intervenieren: bei Toren, Elfmetern, Roten Karten oder Spielerverwechslungen. Und dann auch nur bei klaren Fehlentscheidungen.
Der Akzeptanz war es nicht zuträglich, dass die Technik an den ersten Spieltagen ab und an streikte. Mal konnte der Unparteiische den Assistenten nicht hören, dann funktionierten die Abseitslinien nicht. Kinderkrankheiten.
Nun haben sich die Verantwortlichen einen großen Fehler erlaubt. Sie haben eine Veränderung am Video-Beweis vorgenommen, ohne die Fans darüber zu informieren. Anstatt nur noch bei klaren Fehlentscheidungen das Urteil zu revidieren, laufen die Schiedsrichter auch bei vielen vertretbaren Entscheidungen an die Außenlinie, um sich zu vergewissern. Das geschieht auf Anweisung der TopFunktionäre Lutz Michael Fröhlich und Hellmut Krug. Sie wiesen die Bundesligisten Ende Oktober in einem Brief darauf hin, dass die Assistenten die Referees nun schon alarmieren sollten, wenn „starke Zweifel an der Berechtigung der Schiedsrichterentscheidung“vorlägen. Das führte dazu, dass die Unparteiischen nun beinahe jede kritische Situation nochmals am Bildschirm betrachten. So aber verändert der Video-Beweis tatsächlich den Charakter des Spiels. Es zieht sich in die Länge. Die Zuschauer werden nicht darauf hingewiesen, welche Situation aus welchen Gründen überprüft wird. Die Schiedsrichter verlieren den Glauben in die eigenen Entscheidungen. Sie revidieren sie, obwohl sie richtig waren. So verlieren die Unparteiischen und der Video-Beweis Akzeptanz.
Der Ansatz, ausschließlich bei klaren Fehlentscheidungen einzugreifen, war der richtige. Auch dann wird die Neuerung aber nur angenommen, wenn den Zuschauern eindeutig mitgeteilt wird, weshalb eingegriffen wird. Im Verborgenen einen neuen Erlass zu verfassen, war die schlechtmöglichste Entscheidung.