Neu-Ulmer Zeitung

„Da hat mir als Atheist der liebe Gott geholfen“

Hans Meyer hatte gar nicht mehr mit einem Engagement in der Bundesliga gerechnet, gewann aber dann sogar mit dem 1. FC Nürnberg einen Titel. Heute wird er 75 Jahre alt

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So ganz kann er auch heute nicht vom Fußball lassen. Spiele von Borussia Mönchengla­dbach verfolgt Hans Meyer immer noch regelmäßig. Als Gladbacher Präsidiums­mitglied ist er häufiger auch unter der Woche im Borussia-Park anzutreffe­n. Seinen Lebenmitte­lpunkt hat der ehemalige Fußballtra­iner aber mittlerwei­le in Nürnberg, wo er auch einige Jahre beim „Club“erfolgreic­h gearbeitet hat. An diesem Freitag wird Meyer 75 Jahre alt, ein Leben geprägt vom Fußball.

Meyers erste große Fußball-Liebe war der FC Carl Zeiss Jena. Der Abwehrmann wurde in der DDR mit Jena zweimal Meister, und hier feierte er auch seinen größten Trainer-Erfolg: 1980/81 räumten die Thüringer im Europapoka­l der Pokalsiege­r unter anderem den AS Rom und Benfica Lissabon aus dem Weg. Im Finale gab es zwar ein 1:2 gegen Dinamo Tiflis, doch für Meyer ist der Siegeszug sein Meisterstü­ck. In der Gilde der Bundesliga­trainer präsentier­te sich der im Westen bis dahin nur Insidern bekannte Coach später als besonderer Typ.

Erst mit weit über 50 Jahren wechselte der langjährig­e DDROberlig­atrainer – nach drei Jahren beim FC Twente Enschede in den Niederland­en – in den westdeutsc­hen Profifußba­ll. „Nicht länger als zwei, drei Wochen habe ich damit gerechnet, dass ich in einem richtig guten Klub unterkomme“, räumte Meyer Anfang des Jahres bei einer Veranstalt­ung der Nürnberger Nachrichte­n ein. Für Trainer aus dem Osten konnten sich damals im Westen nur wenige erwärmen. „Vier-, fünfmal in meinem Leben habe ich richtig Glück gehabt, da hat mir als Atheist der liebe Gott geholfen.“

Eine Portion Glück führte ihn 1999 als Trainer nach Mönchengla­dbach. Über die Etappe Hertha BSC landete er 2005 beim 1. FC Nürnberg. Mit den Franken gewann Meyer 2007 den DFB-Pokal durch ein 3:2 nach Verlängeru­ng im Finale gegen den VfB Stuttgart und erlangte Kultstatus. „Meyer war der Papa, der einen zusammenge­faltet hat und das dann im Büro eine Stun- de erklärt hat“, bemerkte der frühere Club-Torwart Raphael Schäfer einmal in der Bild. Vor der Entlassung im Frühjahr 2008 bewahrte Meyer jedoch auch der Pokal-Triumph nicht.

„Im Fußball baut man dir schnell ein Denkmal, aber genauso schnell pinkelt man es an“, bemerkte der eigenwilli­ge Coach einmal, der sich und seiner Mannschaft damals den Klassenver­bleib noch zugetraut hätte. Mit seiner oft beißenden Ironie gilt Meyer als einer der Witzigsten seiner Branche. Kurz, knapp, treffend und trocken haben seine Kom-

mentare auch heute noch einen hohen Unterhaltu­ngswert. „Ich war hier nur zwölfte Wahl“, sagte er im September 1999 bei seiner Vorstellun­g in Gladbach. Gerne gehört auch: „Bis 1990 habe ich nicht für Geld, sondern für den Sozialismu­s gearbeitet.“

 ?? Foto: Gero Breloer, dpa ?? Hans Meyer sagt über sich, dass er einige Male in seiner Karriere viel Glück hatte. Bei sämtlichen seiner Stationen hatte er wegen seiner eigenwilli­gen Art aber auch viele Fans.
Foto: Gero Breloer, dpa Hans Meyer sagt über sich, dass er einige Male in seiner Karriere viel Glück hatte. Bei sämtlichen seiner Stationen hatte er wegen seiner eigenwilli­gen Art aber auch viele Fans.

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