Autobauer tricksen weiter beim Spritverbrauch
Angaben im Prospekt und wirklicher Verbrauch klaffen immer mehr auseinander
Seit dem VW-DieselSkandal weiß die Öffentlichkeit, dass der Schadstoffausstoß vieler Dieselfahrzeuge auf der Straße höher ist als auf den Prüfständen. Doch auch das alte Problem, dass der Spritverbrauch vieler Autos deutlich höher ausfällt, als im Prospekt dargestellt, ist nicht gelöst. Es scheint vielmehr größer zu sein als jemals zuvor. Die Kluft zwischen dem offiziellen und dem tatsächlichen Verbrauch ist so groß wie nie, berichtete am Montag die Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT). Der reale Kraftstoffverbrauch neuer Pkw liege heute im Schnitt ganze 42 Prozent höher als der von den Herstellern angegebene Testverbrauch. Noch vor zehn Jahren habe der Unterschied lediglich rund 15 Prozent betragen.
Das macht sich auch im Geldbeutel bemerkbar: Auf die Fahrer kommen nach Berechnung des ICCT Mehrausgaben für den Sprit von im Schnitt 400 Euro pro Jahr zu. Die Ergebnisse basieren auf internationalen Daten von rund 1,1 Millionen Fahrzeugen. Darunter sind OnlineEinträge privater Fahrzeugbesitzer, zum Beispiel auf der Plattform Spritmonitor.de, aber auch Straßentests unter realen Bedingungen, wie sie die Zeitschrift Autor, Motor und Sport ausführt. Wie aber lassen sich die Abweichungen erklären?
Der Spritverbrauch wird nicht auf der Straße, sondern auf einem Prüfstand unter einheitlichen Bedingungen gemessen. Dabei greifen die Hersteller anscheinend gerne in die Trickkiste oder reizen die Spielräume massiv aus. „Es sind viele kleine Tricks, die sich aufsummieren“, sagt Peter Mock, Geschäftsführer von ICCT in Europa, unserer Zeitung. Eine Methode sei ein hoher Reifendruck. „Der Reifen wird aufgepumpt, bis er fast platzt.“Weitere Tricks: Die Klimaanlage werde ausgestellt. Oder die Umgebungstemperatur werde hoch angesetzt. „Erlaubt sind bis zu 30 Grad. Je höher die Umgebungstemperatur, desto geringer der Verbrauch. Manche Hersteller wählen dann eben 28 oder 30 Grad“, sagt Mock.
Bisher wurden Autos nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) getestet. Seit September 2017 gilt für neue Fahrzeugtypen ein neuer Test (Kürzel: WLTP), der realistischere Werte bringen soll. Zum Beispiel wurde die Höchstgeschwindigkeit von 120 auf 131 Stundenkilometer angehoben. Es gebe „jedoch auch Schlupflöcher in der neuen Regulierung“, warnt Mock.
Der ICCT fordert deshalb für die Ermittlung des Spritverbrauchs Straßentests unter realen Fahrbedingungen. „Wichtig sind zudem Nachkontrollen durch unabhängige Stellen“, sagt Mock. Denn häufig werde auf den Prüfständen ein optimierter Prototyp getestet, von dem die späteren Serienfahrzeuge abweichen. Mock kritisiert, dass es bisher keine Folgen oder Strafen für die Hersteller nach sich zieht, wenn der angegebene und der tatsächliche Verbrauch stark auseinanderklaffen. Weshalb es Zeit für Ehrlichkeit ist, lesen Sie im Mehr zum VW-Skandal in der