Neu-Ulmer Zeitung

Jamaika kommt langsam voran

Union, Grüne und FDP sehen der Woche der Entscheidu­ng trotz vieler strittiger Themen immer zuversicht­licher entgegen. Sinkt der Soli am Ende nur schrittwei­se?

- VON MARTIN FERBER

Nach wochenlang­en Reibereien steuern die Union, die Grünen und die FDP deutlich kompromiss­bereiter in die entscheide­nden Tage ihrer Sondierung­en. Trotz aller Differenze­n beim Klimaschut­z, bei der Zuwanderun­g oder in der Steuerpoli­tik sind die Unterhändl­er der vier Parteien zuversicht­lich, die Vorgespräc­he über eine sogenannte Jamaika-Koalition in der kommenden Woche erfolgreic­h abzuschlie­ßen.

Am Freitagnac­hmittag trafen sich die Delegation­en erneut in großer Runde, um über den Verhandlun­gsstand in den zwölf Arbeitsgru­ppen zu beraten. Man habe „deutliche Fortschrit­te erarbeitet“, sagte der Geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion, Michael Grosse-Brömer. Es gebe zahlreiche Gemeinsamk­eiten, insofern sehe man der „Woche der Entscheidu­ng“zuversicht­lich entgegen. Auch FDP-Generalsek­retärin Nicola Beer sprach von einer „guten Grundlage“für die bevorstehe­nde dritte Verhandlun­gsrunde. Es zeichne sich ein „gemeinsame­r Rahmen“ab. CSU-Chef Horst Seehofer nach der Sitzung, er sei mit der Woche „sehr zufrieden“. Aber es stehe noch ein „Berg von Problemen“vor den Unterhändl­ern. CDU-Vize Armin Laschet hält trotz allem eine Regierungs­bildung bis Weihnachte­n für möglich.

Die größten Differenze­n bestehen unveränder­t bei den Themenkomp­lexen Migration/Flüchtling­e sowie Umweltschu­tz/Verkehr. Die Liberalen riefen CSU und Grüne bei der Zuwanderun­g zu Kompromiss­bereitscha­ft auf. „Ein kleiner Ruck bei CSU und Grünen – dann könnten wir ein großes Stück vorankom- men“, sagte Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Marco Buschmann. Im Gegenzug signalisie­rten die Liberalen erstmals ein Entgegenko­mmen bei der Steuer- und der Europapoli­tik. FDP-Chef Christian Lindner rückte von der bisherigen Forderung nach einer sofortigen Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s ab und plädierte für ein dreistufig­es Verfahren, um in einem ersten Schritt sofort kleine und mittlere Einkommen und erst später auch die Besserverd­ienenden zu entlasten. Zudem rückte er von der im Wahlprogra­mm der Partei erhobenen Fordesagte rung nach einem Ende des europäisch­en Rettungssc­hirms ESM ab.

Einig sind sich die potenziell­en Koalitionä­re, die Digitalisi­erung voranzubri­ngen und vor allem die ländlichen Räume rasch mit schnellem Internet zu versorgen. Offen ist jedoch, ob es dazu eines eigenen Ministeriu­ms bedarf oder ob sich „nur“ein Staatsmini­ster im Kanzleramt dem Thema widmet. Differenze­n gibt es auch bei der Frage, wie der Ausbau des schnellen Internets finanziert werden soll. Zwölf Milliarden Euro wollen die künftigen Koalitionä­re in Bildung, Forschung und Innovation­en investiere­n. Bis 2025 sollen für diesen Bereich mehr als zehn Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s aufgebrach­t werden. Grünen-Geschäftsf­ührer Michael Kellner verwies allerdings darauf, dass alle Beschlüsse der Arbeitsgru­ppen unter Finanzieru­ngsvorbeha­lt stünden. Eine Einigung gebe es erst, „wenn alles geeint ist“.

Mit dem schwierige­n Weg nach Jamaika beschäftig­t sich auch der

von Walter Roller. Einen Stimmungsb­ericht aus Berlin lesen Sie in der Der Freistaat Bayern darf sich bis Ende nächsten Jahres auf rund 600 Millionen Euro an Steuermehr­einnahmen freuen.

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